Es gibt keine Familie, in der alles eitel Freude und Sonnenschein ist, denn wann immer Menschen eng zusammenleben gibt es auch Konflikte und Streit. Was ich an meiner Familie schätze, ist daß sich auch ein sehr kleines Kind durchsetzen kann, wenn es meint, im Recht zu sein und daß wir zum eigenständigen Denken erzogen wurden.
2. Selbstständiges Denken: ... und Kersti weiß alles besser
Wenn Eltern ihre Kinder zum selbstständigen Denken erziehen hat das eine Nebenwirkung. Als ich etwa sieben Jahre alt war, sagte meine Mutter über mich: "Papa weiß alles und Kersti weiß alles besser!" Und mit steigendem Alter wird es schlimmer, denn dann kann es passieren, daß die Kinder wirklich einiges besser wissen als die Eltern. Ich hatte also zu allem meine eigene Meinung.
Schon in der Grundschulzeit passierte etwas, das mich entsetzte: Die Grundschullehrerin, die ich nett fand, erklärte mir nicht, warum ich mich irrte, wenn ich ihren Ausführungen widersprach, sondern sie bildete sich ein, ich wolle sie ärgern. Ich konnte mir das gar nicht erklären. Ich wollte doch nur verstehen, warum sie anderer Ansicht war! Auch das wurde schlimmer. Ich habe mir später als Erwachsene die Gewohnheit zugelegt, immer in die Gegenposition zu gehen, wenn ich mit jemandem diskutierte, damit der andere seine Meinung möglichst gründlich begründet. Unabhängig davon passierte es mir oft selbst dann, wenn der andere eigentlich meiner Meinung war, daß ich die Gegenposition zu ihm besser begründen konnte als er seine eigene Meinung. Schon blöd wenn man ihm dann seine eigenen Argumente nennen muß, damit die Diskussion weitergeht. Nach dem Studium habe ich das nicht mehr so nötig, daß ich inzwischen andere Wege gefunden habe an anregende Diskussionen zu kommen.
O3:
Ist in der Schule das Denken verboten?,
OI3.
Meiner Mutter beschäftigte sich mit Gemeindepolitik und Umweltschutz - was ich nur vernünftig fand und tatkräftig unterstützte und außerdem natürlich alles las, was sie an Informationen dazu anschleppte - die Zeitschrift Natur, die Blätter des BUND - aber auch wissenschaftliche Studien zu allem, was mit den einschlägigen Themen zusammenhing. Und dann stellte ich fest, daß die Gemeinde durch und durch korrupt war und daß es mit dem Demokratieverständnis der Bundespolitiker nicht so weit her war. Ich war entsetzt: Ich dachte wir leben in einer Demokratie und es würde Meinungsfreiheit herrschen und über schriftliche und belegte Diskussionen würde letztlich geklärt wer recht hat. Und statt die Leute argumentieren, wie ich das zuhause als anständigen Umgang mit Meinungsverschiedenheiten gelernt habe, beschimpfen sie sich gegenseitig.
Ich war schon im zweiten Grundschuljahr eine kleine Leseratte, die immer ein Buch vor der Nase hatte. Nur hatte da die Grundschule eine Bremse eingebaut: Man durfte nur ein Buch pro Woche in der Schülerbücherei ausleihen, was ich gemein fand, denn das reichte nie! Auch das wird mit steigendem Alter schlimmer. In dem Ort in dem wir seit meinem dritten Schuljahr lebten, habe ich in der Gemeindebibliothek und der evangelischen Gemeindebibliothek jedes Buch durchgelesen, das mich interessierte. Danach brachte mich meine Mutter in die Bibliothek der nahegelegenen Kleinstadt und ließ mich da Bücher ausleihen. Später in der Gymnasialzeit habe bin ich dort den Jugendbücherbereich zu etwa 70% durchgegangen und habe in diesen 70% alles gelesen, was mich interessierte. Danach las ich dort die Fantasy. Auch in der Schülerbücherei des Gymnasiums habe ich jedes Buch gelesen, das mich interessierte. Als Erwachsene konnte ich einige Jahre in keine Buchhandlung gehen, ohne mir einen Berg Bücher zu kaufen - so etwwa 20 Bücher pro Einkauf. Und in jeder Stadt ging ich erst mal in die Buchhandlungen, die es dort gab. Kassel hat viele davon. Im Schnitt las ich etwa jeden zweiten Tag ein Buch. Nach dem Studium stieg ich auf die Unibibliothek und Artikel aus Wissenschaftlichen Fachzeitschriften aus dem Internet um.
VA152.2.1
Gesellschaftswissenschaftliches Kernstudium: Nur 3-5 Quellen? .... aber das geht doch nicht!
VA152.2.2
Alternative Standpunkte, die Unibibliothek und Wikipedia: Wissenschaft ist ganz anders!
Als ich die neunte Klasse im Gymnasium besuchte, hatten wir einen Geschichtslehrer der zuerst "Der Sieger schreibt die Geschichte" durchnahm - und dann das dritte Reich. Möglicherweise irre ich mich da, aber ich glaube, ich war die einzige in unserer Klasse, die ersteres auf letzteres anwandte. Und ich kam zu dem Schluß, daß das ein wichtiges Thema ist, das man sich genau anschauen muß, um zu erkennen, was die Verbrechen des dritten Reiches möglich machte. Ich begann also zu lesen und hörte mir die in der Schule oder öffentlich verbreiteten Ansichten zum Thema drittes Reich an und war bald irritiert.
Ich las Bücher von Menschen, die ein Konzentrationslager überlebt hatten und dabei gefoltert wurden, hungerten und enge Freunde oder Familienmitglieder verloren hatten und sie stellten das dritte Reich als weniger schlimm dar, als unser Lehrer in der Schule. Nach dem was mir meine Mutter über Psychologie vermittelt hatte, müßten so negative Erfahrungen im dritten Reich aber dazu führen, daß das Bild das ein Konzentrationslagerinsasse vom dritten Reich hat, negativer ist als die Realität. Es war nur ein gradueller Unterschied, aber irritierend.
In der Schule wurde uns vermittelt, daß die Jugendlichen alle in der Hitlerjugend waren und begeistert mitgemacht hätten und so indoktriniert worden seien, daß sie die Verbrechen des Dritten Reiches begeistert mitgemacht hätten. Ich war irritiert, denn so weit ich wußte, geschieht 90% der Erziehung unbewußt und so deutliche Veränderung in der inneren Einstellung sollten deshalb nicht möglich sein. Auch hier war das Bild, das Erfahrungsberichte aus dem Dritten Reich vermittelten weniger negativ, obwohl sie von Leuten wie beispielsweise der überlebenden Schwester der Geschwister Scholl stammten.
Ich fragte alle Menschen in meinem persönlichen Umfeld, die alt genug waren, um eigene Erinnerungen daran zu haben: "Wie war es denn wirklich im Dritten Reich?" Der Gesamteindruck war wie erwartet etwas positiver als der, den die Erfahrungsberichte von Konzentrationslagerinsassen vermittelten. Aber eines fand ich unfaßlich: Die eine Hälfte sagte: "Aber wir haben doch nichts gewußt!" - Die andere Hälfte versicherte "Aber wenn man es wissen wollte, konnte man es auch herausfinden." Ich schwor mir, sollte jemals eine Zeit kommen, in der ich in so einem System lebe, dann würde ich zu denen gehören die wissen!
Ich habe eine Form der Legasthenie, die ausschließlich das Schreiben beeinflußt: Wann immer ich eine neue Variante des Schreibens lernte, enthielt mein Geschriebenes mehr Fehler als Worte. Nach etwa vier Jahren, wenn das Schreiben automatisiert war, sank die Fehlerrate plötzlich auf ein altersentsprechend normales Niveau. Das geschah als ich schreiben lernte und war damals weitgehend harmlos: Ich bekam einfach keine Noten in Diktaten und nach der Grundschule konnte ich vernünftig schreiben. Es geschah in den Fremdsprachen und war dort ein einziger Krampf. Schließlich gab es zwei Fremdsprachen und in beiden kämpfte ich jahrelang mit einer fünf! Aus heutiger Sicht: Ich hätte Latein nehmen sollen, da muß man nur deutsch schreiben. Aber da war mir das einfach noch nicht klar. Es geschah, als ich mit dem Computer schreiben lernte und war dort egal - man kann all seine Fehler nachträglich korrigieren und die Geschichten werden auch mit Fehlern in das Fancine, für das ich sie schrieb, aufgenommen. Es trieb mich in der Ausbildung beim Schreiben mit Schablone fast zum Wahnsinn. Denn wenn ich etwas schrieb und es mir direkt danach anschaute schien alles richtig zu sein - und am nächsten Tag stellte ich fest daß in dem einen Satz, den ich mit der Schablone geschrieben hatte, ein ganzes Wort fehlte. Und auch als ich übte von Hand Normschrift zu schreiben, stieg die Fehlerrate wieder in astronomische Höhen.
Schulisch hatte das die Wirkung, daß meine Mutter ständig dahinter her war daß ich übte - und ich regelmäßig Nachhilfe hatte. Das führte dazu, daß ich ein völlig schiefes Bild davon bekam, was lernen ist: Da ich beim lesen zwar gefördert wurde aber nie dafür gelobt wurde, wie viel ich las, nahm ich an, lesen sei kein lernen sondern nur diese langweiligen Rechtschreibübungen und die dritte oder vierte Wiederholung eines Stoffes durch die Hausaufgaben wäre lernen - und die Hausaufgaben habe ich im Gymnasdium absichtlich nie gemacht, weil ich sie nicht brauchte.
Erst als Erwachsene lange nach dem Abitur und dem Abschluß meiner Lehre begriff ich, daß ich mein Leben lang freiwillig gelernt habe, indem ich wie ein Verhungernder Wissen in mich reingestopft habe, wo immer ich es finden konnte. Jede Art von Wissen, egal wie unwichtig, Hauptsache es war neu und logisch korrekt.
Ich schildere, wann immer möglich, selbst erlebte Beispiele. Das tue ich nicht, weil es keine anderen gäbe, mit denen man dasselbe belegen kann, sondern weil ich die Literatur mit neuen, zusätzlichen Beispielen bereichern will.
VA272.
Wenn meine Beispiele alle von mir handeln - heißt das etwa,
daß ich selbstbezogen bin?
Selbst erlebte Beispiele sind - da sie aus erster Hand sind - genauer beschrieben als Beispiele aus meiner Praxis, wo ich die Erklärungen meiner Patienten mißverstanden haben könnte und sie deshalb möglicherweise falsch wiedergeben könnte.
V175.
Kriterien zum Bau eines realistischen Weltbildes:
Realitätsnähe
Und diese sind genauer und richtiger als aus der Literatur übernommene Beispiele, da ich bei diesen die betroffene Person nicht einmal persönlich kenne und das Beispiel deshalb möglicherweise in einen falschen Kontext einordne.
Weitere Quellen waren:
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615,
https://www.kersti.de/,
Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal
im Voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von
Lesern immer bekomme.
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