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Das Fliegen selbst fühlt sich an, als würde man tauchen - man kann sich in jede Bichtung bewegen und die Bewegungsmelder melden jede Lageänderung und ob man sich um die eigene Achse dreht. Sie sind den drei wassergefüllten Bogengängen des menschlichen Gleichgewichtssystems im Innenohr nachempfunden und so mit dem Nervensystem verbunden, daß man es automatisch richtig einordnet.
Ich sehe nach meinem Piloten, was ich empfinde, als würde ich unter meinen Pullover schauen und da ein Kind ansehen, was ich am Körper trage. Ein lustiges Gefühl.
Ich frage, ob er sehen will, was außen abläuft
und lege, als er zustimmt, die Außenansichten
auf sämtliche Wände, Decke und Fußboden
der Pilotenkanzel, so daß er Rundumsicht hat.
Er verzieht das Gesicht als ob ihm schlecht
geworden wäre.
"Aber unter meinen Füßen will ich schon festen Boden
haben!" fordert er, woraufhin ich dort einen schwarzen Kreis male
und frage ob er gerne Verzierungen hätte.
Er lachte. Dann entspannte er sich wieder und
wir unterhielten uns während des Weiterflugs
über alles Mögliche.
Nach dem Wechsel in den Hyperraum waren wir alleine - aber die Umgebung wurde auch viel interessanter und vielgestaltiger und bot dadurch viel mehr Gesprächsstoff als ein Nachthimmel mit vielen Sternen.
Überhaupt fühlte ich mich beim Fliegen viel lebendiger.
Nachdem wir schon zwei Wochen unterwegs waren, fragte er nach, warum wir
denn immer noch im Hyperraum wären - seines Wissens dürfte man
nicht länger als anderthalb Wochen im Hyperraum fliegen.
"Ich habe den Berechnungsalgorythus verbessert. Deshalb können
wir problemlos drei Wochen am Stück fliegen." erklärte
ich.
"Aber was ist, wenn du einen Fehler gemacht hast?"
"Ich habe keinen Fehler gemacht. Der ursprüngliche Algorythmus
stammte auch von mir und die Änderungen sind wirklich nur minimal.
Da kann wirklich nichts schiefgehen." erklärte ich.
Leider konnte ich ihn davon nicht überzeugen. Die ganze restliche
Woche machte er sich Sorgen, daß ich mich verrechnet haben
könnte oder daß sich sonst ein Fehler eingeschlichen
haben könnte - und es beruhigte ihn nicht im Geringsten, als ich ihm
erklärte, was genau ich verändert hatte und warum die
Berechnung dadurch so viel genauer wurde, daß ich auch ein ganzes
Jahr durch den Hyperraum fliegen konnte, ohne mich zu verirren. Es
nützte nichts, daß ich ihm erklärte, daß ich
Computer und Sternenkarten hatte, die genau genug waren, um an jedem
Punkt der Milchstraße meine genaue Position zu bestimmen. Das
einzige, was seine Ängste beschwichtigte, war, daß ich ihn so
gut wie möglich ablenkte, indem ich ihm alles zeigte, was im
Hyperraum irgendwie schön oder interessant war. Ich bereuhte es
bald, daß ich ihm vorher nichts davon gesagt hatte, solche Angst
hatte er, im Hyperraum verschollen zu gehen.
Erst als wir im Zielsonnensystem wieder in den Normalraum eintraten und ich ihm zeigen konnte, daß die Berechnung wirklich so genau war, wie ich ihm vorher gesagt hatte, beruhigte er sich wieder.
Ich war sehr erleichtert, daß er trotz der Ängste die er deswegen ausgestanden hatte, sagte, daß er weiterhin mein Pilot sein wollte. Er erklärte sich sogar damit einverstanden, daß ich weiterhin so lange Strecken durch den Hyperraum fliegen durfte.
Quelle: Erinnerungen an eigene frühere Leben
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
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