erste Version: 12/2015
letzte Bearbeitung: 12/2015

Chronik des Aufstiegs: Mittelalter und frühe Neuzeit: Der an die Kette gelegte Heilige

F661.

Eines Tages kam eine Frau, die offensichtlich zum gehobenen Bürgertum gehörte, mit ihrem Rosenkranz vorbei und fragte mich, wie ich dazu käme, mich als Heiliger aufzuspielen

Vorgeschichte: F660. Kersti: D

Der Heilige erzählt:
Eines Tages kam eine Frau, die offensichtlich zum gehobenen Bürgertum gehörte, mit ihrem Rosenkranz vorbei und fragte mich, wie ich dazu käme, mich als Heiliger aufzuspielen.
"Das tue ich doch gar nicht. Ich versuche den Leuten diesen Unsinn die ganze Zeit auszureden, damit sie mich nicht Tag und Nacht hier in der Kälte anketten." antwortete ich und zeigte daß ich mir in den kalten Frühlingsnächten tatsächlich leichte Erfrierungen zugezogen hatte.
Die Frau sah plötzlich sehr beschämt aus, ging weg und kam mit einem Stück Kuchen wieder. Allerdings hatte ich nicht sofort Zeit, den zu essen, denn eine junge Mutter hatte ihr mir krankes Baby in den Arm gegeben und wollte, daß ich mit ihr ein Vaterunser bete. Ich sagte ihr, sie müsse aber laut mitbeten, sonst würde es nicht funktionieren. Ich murmelte was Unverständliches mit und versuchte mir die Worte zu merken. Das Kind, das mir vorher fast tot erschienen war, begann tiefer zu atmen und öffnete die Augen. Es entdeckte meinen Bart und zog kräftig daran. Lächelnd befreite ich ihn von den kleinen Kinderhänden und gab der Frau ihr Kind zurück. Das Kind wollte nicht. Es brüllte und streckte seine Ärmchen nach mir aus, mit dem Ergebnis, daß ich es wieder in den Arm bekam. Ich glaube, das war so auch richtig, denn ich spürte daß immer noch ein starker Heilstrom durch mich floß. Diesmal zwang ich mich trotz meines knurrenden Magens zu warten, bis der Energiestrom abgeebbt war, ehe ich das Kind zurückgab, was glücklicherweise nicht noch einmal zu brüllen begann. Ich hatte nämlich einen Bärenhunger. Ich empfahl der Mutter die Kräuter, die meine Mutter mir immer gegeben hatte, wenn ich erkältet gewesen war, denn das Kind hatte eine simple Erkältung gehabt, die nur deshalb so schwer gewesen war, weil Mutter und Kind unterernährt waren. Die Bürgerfrau mit ihrem Rosenkranz brachte mir von da ab jeden Samstag ein Stück Kuchen. Ich fand, sie hätte besser daran getan, mir für dasselbe Geld ein ganzes Brot zu kaufen. Das hätte nämlich für die ganze Woche gereicht, aber ich brachte es nicht über Herz, ihr das zu sagen, sondern bedankte mich nur jedes mal für das Geschenk.

Der Küster der Kirche kam täglich vorbei und erklärte, daß es Frevel sei, daß ich mich als Heiliger aufspielen würde. Ich würde ja nicht einmal die Bibel kennen, deshalb könne ich gar kein Heiliger sein und was ich tue, müsse schwarze Magie sein. Gott hätte ganz sicher nur Leute die ihm sein ganzes Leben dienen wie er als Heilige ausgesucht. Ich gab zurück, daß ich gar nichts tue und auch nicht wüßte, was der liebe Gott sich dabei gedacht hatte, aber ich würde ganz bestimmt nicht auf den Gedanken kommen, Gott Vorschriften zu machen, durch wen er seine Wunder zu wirken hätte. Es schien als wäre er neidisch auf mich, was ich nicht verstand, denn er sah doch, daß ich auf dem Marktplatz angekettet war und rein gar nichts von diesen Wundern hatte.

Wer weiß, vielleicht waren die Wunder ja die Strafe für mein bisheriges gottloses Leben? So amusant de Gedanke war, glaubte ich das nicht ernsthaft, denn für so ungerecht, daß er mich dafür bestrafen wollte, daß ich keine Chancen im Leben gehabt hatte, hielt ich Gott dann doch nicht. Ich nahm im Stillen an, daß er eher etwas gegen den Hochmut der Leute hatte machen wollte und deshalb jemanden ausgesucht hatte, den sie verachteten.

Der Pfarrer brauchte länger um vorbeizukommen. Zu meiner Verwunderung hatte er seine Bibel dabei. Er begann damit, daß er nicht glauben würde, daß ich ein Heiliger wäre. Dann wurden wir unterbrochen weil ein Mann mit einem völlig verkrümmten Rücken und so verbogenen Beinen, daß er sich mit seinen Krücken kaum voranschleppen konnte, sich dazwischendrängte und meinte, er wäre den ganzen weiten Weg von einem Dorf, das zwei Tagesreisen von hier entfernt war, gekommen, weil er gehört hatte daß ich Wunder vollbringen könnte wie Jesus. Ich fragte ihn, wie er das denn geschafft hätte, das müßte für ihn ja sehr schwierig gewesen sein.
"Das ist schon wahr aber ich dachte wenn ich nur den Saum deines Gewandes berühren kann, werde ich gesund und dann kann ich richtig arbeiten und davon leben." antwortete er.
"Ich fürchte, mit einem Gewand kann ich nicht dienen. Mir kommt das was ich anhabe eher wie Lumpen vor. Aber wenn du meinst, daß es dir hilft, gebe ich dir gerne die Hand."
Ich hielt ihm die Hand hin und er schlug ein. Ich merkte sofort, daß sehr viel Energie durch mich floß und umfaßte seine Hand mit meinen beiden, weil ich das Gefühl hatte, daß es dann ausgeglichener wurde. Er begann lautlos zu weinen, sah aber gleichzeitig sehr glücklich aus. Er streckte sich, und sah verzückt nach oben, wurde dadurch immer gerader.

Irgendwann ließ er mich schließlich los und erzählte beglückt, daß er Mutter Maria gesehen hätte, die ihn gesegnet hatte. Daß er jetzt gerade ging und die Krücken hatte fallen lassen, schien er dagegen gar nicht zu bemerken. Ich sah ihm lächelnd nach. Wie unwichtig der Körper wird, wenn man das Göttliche spürt, erstaunte mich immer wieder. Erst nach einer ganze Weile fiel mir der Pfarrer wieder ein. Ich sah zu ihm hinüber und stellte fest, daß er mich im fassungslosen Staunen musterte.
"So etwas ist doch schön, nicht wahr?" sagte ich zu ihm.
Er nickte und sagte, daß er gesehen hätte, wie Jesus neben mir stände und der hätte ihm gesagt, daß ich einer seiner liebsten Jünger sei. Ich fragte mich, wie es kam, daß die Leute all diese Bilder sehen. Aber als ich seine verzückte Miene sah, brachte ich es einfach nicht fertig, darauf eine sarkastische Antwort zu geben.

Der Pfarrer erklärte mir in einem höchst verlegenen Ton, daß er sich überlegt hätte, daß es etwas peinlich sei, wenn ich als Heiliger nicht einmal die Bibel kenne. Daher hätte er sich überlegt, daß es möglicherweise gut sei, wenn er mir täglich ein wenig aus der Bibel vorlesen würde. Ich sagte ihm, daß mich das freuen würde, aber eine noch größere Freude würde er mir machen, wenn er mir lesen und schreiben beibringen würde, damit ich die Bibel selber lesen kann.

Die Bibel fand ich jetzt nicht so interessant, weil sie für mich nur das Buch war, mit dem die Mächtigen jede ungerechte Entscheidung begründeten.

Während der Pfarrer mir jeden Tag eine Geschichte aus der Bibel vorlas und dann mit mir darüber redete, stellte ich fest, daß ich die Geschichten von Jesus mochte und ich hatte das Gefühl, genau zu wissen was Jesus sich dabei gedacht hatte, als hätte er mir selber immer genau erklärt, was er damit gemeint hatte. Ich wunderte mich über mich selber. Die Geschichten über den ungerechten Gott aus dem alten Testament sprachen mich dagegen gar nicht an. Ich glaubte auch nicht, daß das der liebende Vater war, von dem Jesus redete.

Was hatte ich mit Jesus zu tun - doch wohl gar nichts, oder? Und wie kam ich dazu, Wunder zu wirken? Ausgerechnet ich? Ich verstand es nicht.

Nach dem Vorlesen übte er mit mir lesen, damit ich die Geschichten irgendwann selber lesen können würde. Nach etwa einem viertel Jahr war er der Ansicht, daß ich gut genug las, daß er mich die Geschichte selbst lesen lassen konnte.

Kersti

Fortsetzung:
F662. Kersti: D

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben

EGI. Kersti: Erinnerungen aus diesem Leben, aus früheren Leben und aus feinstofflichen Welten
V231. Kersti: Frühere Leben von mir
FI22. Kersti: Inhalt: Der an die Kette gelegte Heilige

Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de
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