erste Version: 6/2018
letzte Bearbeitung: 6/2018

Chronik des Aufstiegs: Die Pforten der Hölle - Die Beschützer der Menschheit vor den Geistern der Verzweiflung

"Also betrachte es einfach als Übung darin, dich verständlich zu machen."

Vorgeschichte: F1050. Khar: "Warum sind eigentlich alle Dämonen bei dir so brav?"

Khar erzählt:
Zur Ausbildung gehörten täglich fünf Stunden Meditation und tägliche Gespräche mit dem Seelsorger, den wir uns gewählt hatten. Mein Seelsorger war Tharon. Ich wollte ihn natürlich besuchen, wenn er krank war. Direkt vor dem ersen Besuch am Krankenbett, hatte mich sein Stellvertreter Rios beiseite genommen und mir erklärt, daß er sich nicht anstrengen durfte, daher dürfte ich zwar mit ihm reden, so lange er Lust dazu hatte, aber wenn er mitten im Satz einschläft, sollte ich ihn schlafen lassen und dann zu Rios oder einem der anderen Ritter gehen um die Dinge zu klären. Tatsächlich hat Tharon die ersten Wochen immer geschlafen wenn ich zu ihm rein kam, so daß ich gar nicht mit ihm reden konnte. Ich habe auch mit Rios nicht geredet, weil ich keine Lust hatte mit anderen zu reden, aber Rios hatte darauf bestanden, täglich mit mir zu abend zu essen, damit ich mich nicht vor den Seelsorgergesprächen drücke, wie er sich ausdrückte.

Ich wollte aber gar nicht mit ihm reden, weil ich dachte, daß er mich sowieso nicht versteht. Das sagte ich ihm auch, als er wieder einmal darauf bestand, mit mir zu sprechen.
"Du hast wahrscheinlich recht, wenn du meinst, daß es mir viel schwerer fällt, dich zu verstehen als es Tharon fallen würde, denn ich habe sehr viel weniger feinstoffliche Wahrnehmung. Andererseits hast du dieses Problem mit fast jedem Menschen, mit dem du redest. Daher mußt du irgendwie lernen, dich mit Leuten zu verständigen, die dich so schwer oder noch wesentlich schwerer verstehen können als ich. Ich habe das schon einmal mit Tharon geübt, deshalb kann ich dir vielleicht besser helfen als so mancher andere. Also betrachte es einfach als Übung darin, dich verständlich zu machen."
Ich hörte mir das an und kam zu dem Schluß, daß er recht hatte. Ich sollte das wahrscheinlich wirklich üben. Andererseits:
"Aber wenn ich das versuche, sagen die Leute immer, daß ich dumm und verrückt bin, dabei sind sie einfach blind."
"Na das werde ich aber bestimmt nicht zu dir sagen. Ich weiß schon, daß ich weniger deutliche feinstoffliche Wahrnehmungen habe als du und deshalb manches nicht richtig verstehe, was du sagst." antwortete er.
"Aber wenn ich das versuche, bekomme ich einfach kein Wort heraus." sagte ich.
"Und wenn wir gemeinsam an den Dingen arbeiten, die du als Hausaufgaben aufschreiben sollst? Das ist doch genau das, worum es geht, feinstoffliche Wahrnehmungen, die wir bei weitem nicht so gut verstehen wie du und wo es für uns elementar wichtig ist zu verstehen. Was du da schreibst, brauchen wir und ich sitze ständig davor und komme einfach nicht darauf, was es bedeuten könne, wenn ich es lese. Du bist der einzige von uns, bei dem es während der Sitzungen keine Scherben und keine Unfälle gibt und wir wollen das auch lernen. Weißt du, Khar, du bist so anders als die meisten von uns, daß es sehr schwierig ist, dich zu verstehen. Du bist noch zu jung, um wirklich gelernt zu haben können, wie man jemandem etwas erklärt der so anders denkt. Aber wir brauchen dich als Lehrer, also bitten wir dich darum, uns zu unterrichten."

Ich konnte mir gar nicht vorstellen, daß diese freundlichen Dämonen, mit denen ich mich ständig unterhielt, so viele Probleme verursachen konnten. Darion hatte zum auf den Körper aufpassen doch extra die ausgesucht, die freundlich waren und keine ernsten Probleme hatten. Als ich das sagte, meinte Rios:
"Ach Khar. Mit ihnen haben wir doch dasselbe Problem wie mit dir. Wir verstehen sie einfach nicht richtig. Natürlich sind sie dann manchmal frustriert. Aber weil ich bei dir immerhin keine feinstofflichen Wahrnehmungen brauche, um alles zu verstehen, ist es noch wesentlich einfacher, dich nach den Erklärungen für die Probleme zu fragen als die Dämonen. Außerdem hast du wenigstens ein bißchen gelernt, was Menschen für Erklärungen brauchen, damit sie Dämonen verstehen."
Aus mir unverständlichen Gründen begann ich plötzlich zu weinen. Rios nahm mich in die Arme und meinte, daß er schon verstände, daß ich ein richtiges Problem hatte, wenn die beiden Menschen, die mich bisher als einzige einigermaßen verstanden hatten, plötzlich nicht mehr ansprechbar sind.

Ich habe also tatsächlich mir Rios daran gearbeitet, meine Texte so zu schreiben, daß die anderen sie leichter verstehen können. Er hat mir ganz viele Fragen gestellt, oft indem er mir drei Sachen erzählte, wie man das, was ich sage, falsch verstehen kann. Dann habe ich mich gefragt, warum er das nicht einfach mal richtig verstehen kann. Aber so einfach war das wohl nicht, denn beim nächste oder übernächsten Versuch hat er es immer noch falsch verstanden und bis ich dann endlich etwas gefunden habe, was er richtig versteht, dauert es eine Ewigkeit. Danach kamen einige der anderen erwachsenen schwarzen Ritter zu mir und sagten mir, daß sie jetzt endlich Sachen verstanden hatten, bei denen sie sich schon immer gefragt hatten, was ich damit meine. Und das was sie sagten, was sie verstanden hatten, war sogar richtig.

Fortsetzung:
F1078. Michaela: Ich fragte mich, wo mein fröhliches Kind mit den verrückten Ideen hingekommen war

Quelle