erste Version: 10/2018
letzte Bearbeitung: 10/2018

Chronik des Aufstiegs: Weimarer Republik und Drittes Reich - Die Pforten der Hölle - Aufstieg aus der Hölle

F1156.

Erst als ich Jahre später mit einem meiner damaligen Betreuer darüber redete, begriff ich, daß mein Beißen eines der größten Probleme gewesen war, warum sie mich zuerst nicht rausgelassen hatten

Vorgeschichte: F1155. Karon: Da er nicht begriffen hatte, daß das beißen ein zentrales Problem war, das andere mit ihm hatten, entschieden wir daß jeder der gebissen wurde, sofort rausgehen und bis zehn zählen würde

Khiris erzählt:
Als ich zu den Schwarzen Rittern kam, was das, als wäre ich in eine andere Welt gekommen. Aber nicht nur das, auch die Art, wie ich meine Erinnerungen abspeicherte, änderte sich völlig.

Zunächst beschäftigten sich erwachsene Ritter mit mir, dann nach knapp einer Woche brachten sie ältere Kinder mit und ich freute mich, daß sie mit mir spielen wollten. Dann ließen sie mich raus in Schule und Kindergarten, sagten mir aber daß ich nirgendwo alleine hingehen sollte. Ich verstand das so, daß der Erwachsene unbedingt bei mir sein wollte und mich mochte.

Erst als ich Jahre später mit einem meiner damaligen Betreuer darüber redete, begriff ich, daß mein Beißen eines der größten Probleme gewesen war, warum sie mich zuerst nicht rausgelassen hatten. Zu dem Zeitpunkt wo sie mir das erfolgreich abgewöhnten, merkte ich nicht einmal, daß ich damit aufhörte. Ich tat halt einfach, was mir die meiste Aufmerksamkeit einbrachte und Beißen war keine erfolgreiche Strategie, also probierte ich etwas anderes aus, bis ich Erfolg hatte.

Auch, daß ich meine Höllenerfahrungen mit einer Art spiritueller Traumatherapie aufarbeitete, wurde mir nicht klar. Ich hatte eher das Gefühl mit diesen Erinnerungen zu spielen und wenn mich etwas erschreckte oder ängstigte, war immer ein Erwachsener da, der mir sagte daß das nur Erinnerungen sind, vor denen man sich nicht fürchten muß. Diese Therapie führte dazu, daß ich anfing, meine Mitmenschen nicht nur als Dinger, die meine Bedürfnisse befriedigen wahrzunehmen, sondern auch deren Bedürfnisse fühlen zu können.

Diese Formulierung trifft es nicht ganz, denn mir ja schon bewußt, daß sie Menschen sind wie ich. Ich habe nur ihre Bedürfnisse und Wünsche nicht als Bedürfnisse und Wünsche wahrgenommen, sondern eher auf sie reagiert, wie man bei Gegenständen einfach bedenkenlos ausprobiert, wie man sie benutzen kann, weil mir nicht bewußt war, daß man Menschen verletzen kann. Das hatte damit zu tun, daß ich meine eigene Verletzlichkeit tief verdrängt hatte. Plötzlich begriff ich, daß nicht nur ich etwas von ihnen wollte, sondern daß sie auch etwas von mir wollten und versuchte zu verstehen, was das war, damit ich ihnen einen besseren Handel anbieten konnte.

Die Ritter merkten das sofort. Während sie vorher, wann immer sie mir etwas beibringen wollten, argumentiert hatten, wenn du das haben willst, mußt du es dir selber bauen, fingen sie praktisch sofort, nachdem ich begriff, daß man mit anderen etwas aushandeln kann, an, mir alle möglichen Handelsgeschäfte anzubieten, damit ich lernte, was ich in der Schule lernen sollte oder Hilfsarbeiten erledigte.

Ich war natürlich schon vierzehn und es war Zeit, daß ich begann, meine ersten Beiträge zur Gemeinschaft zu leisten, nur war ich immer noch viel zu selbstbezogen, um das zu bemerken. Andererseits war ich aber auch gesund und durchaus intelligent, so daß ich genug Energie hatte, um gerne bei allem möglichen zu helfen, wenn sie sich nur geschickt genug beim motivieren anstellten.

Bis ich dann auf den Gedanken kam, daß es schön wäre, jemanden, der viel für mich getan hat, etwas zurückzugeben, dauerte es noch ein paar Jahre. Ich weiß noch, wie lange ich heimlich in der Werkstatt an dem Geschenk für Karon arbeitete und wie er zu strahlen begann und mich umarmte, als ich es ihm schenkte. Es war eines von den Dingen, die er nie weggab.

Als ich etwa achtzehn war, begriff ich, daß ich eine ganze Menge soziale Defizite hatte. Das war mir vorher nicht wirklich bewußt gewesen und auch zu dem Zeitpunkt war mir nur begrenzt klar, daß es sich um soziale Defizite handelte, es war eher so daß ich begann, diffus zu merken, daß ich etwas nicht konnte, was andere Menschen konnten. Ich war verunsichert, weil ich nicht wirklich einordnen konnte, was mit mir falsch war. Während ich vorher selbstbewußt gewesen war, weil ich in einigem, was in der Schule gelehrt wurde, sehr gute Abschlüsse hatte, die in meinem Grundschul- und Gymnasialzeugnis standen und weil ich bereits ein abgeschlossenes Studium hatte, wurde mir langsam klar, daß irgendetwas in meinem Umgang mit Menschen nicht stimmte, so daß sie immer wieder irritiert, ängstlich und ärgerlich auf mich reagierten.

Ich versuchte herauszufinden, was das war und fragte auch die anderen danach, aber wenn sie versuchten, mir zu erklären, was mir fehlte, verstand ich es einfach nicht. Nur Karon, der Schwarze Ritter, der mich aus dem Heim geholt und später adoptiert hatte, gab mir eine Erklärung, die ich verstand. Er sagte nämlich, daß meine Probleme daher kamen, daß dies mein erstes Leben als Mensch auf der Erde war. Daher würde ich sehr viele Dinge zum ersten mal lernen, die andere schon in sehr vielen Leben gelernt hatten und nur wiederholen mußten, um sie parat zu haben, weil es typische Menschendinge sind. Er erklärte mir an Dingen, die ich bereits gelernt hatte, daß ich sie viel später als üblich gelernt hatte und sagte mir, daß das in diesem Leben halt alles noch schwierig war, aber im nächsten Leben würde ich einigermaßen normal werden und problemlos ein normales Leben unter normalen Menschen leben können. Fürs erste würde er mir aber einfach ein paar Tricks beibringen damit ich weniger anecke, bis ich es gelernt habe.

Kersti

Fortsetzung:
F1157. Khiris: Sie wollte mir auch zuerst nicht glauben, daß ich ihr Sohn war und sagte sie hätte nur einen Sohn und der wäre ins Heim gekommen, weil er krank war