F1497.

"Du willst wissen, ob ich finde, daß mit der Operation mein Leben vorbei war? Nein, eher im Gegenteil. Ich finde mein Leben hat mit der Operation erst richtig begonnen!"

Vorgeschichte: F1496. Kersti: D

Diro von Karst erzählt:
"Ich habe die Formalitäten inzwischen alle erledigt und das Schiff ist beladen. Wir könnten eigentlich losfliegen." meinte Sira.
"Willst du denn losfliegen?" fragte ich.
"Ja. Fliegen ist das was am Schiff sein richtig Spaß macht. Das ist ein bißchen wie tauchen. Man kann sich in alle drei Raumrichtungen bewegen." erklärte sie.
"Dann frage ich mal nach, ob sie eine sinnvolle Aufgabe für uns haben." antwortete ich.
"Hab ich schon. Und das hier würde ich gerne machen, weil das Schürfschiff da mein Bruder ist und ich ihn besuchen will." antwortete sie.
Ich sagte ihr, daß sie machen sollte, was ihr am Besten gefiel, schließlich wurde ich für die Arbeit hier nicht gebraucht. Sie hatten alles schon besser geplant, als ich es würde planen können.

Ich fragte, ob wir uns denn nebenher unterhalten könnten.
"Natürlich. Wir unterhalten uns immer neben der Arbeit." antwortete sie.
Ich fragte Sira, ob sie wirklich das Operationsbesteck nachgezählt hatte und geprüft hatte ob die Operation fertig ist.
"Ja. Das mit der Operation war im Grunde nicht so wichtig, aber hast du eine Ahnung was das für Probleme gibt wenn jemand einen Tupfer oder so im Bauch vergißt? Wenn man es selber nachprüfen kann, prüft man das nach!" antwortete sie.
"Oh ich glaube, das will ich auch nicht herausfinden." antwortete ich.
Ich fragte sie, ob sie auch das Gefühl hätte, daß mit der Operation ihr Leben zuende ist.
"Nein. Ich glaube, ich werde meinen Spaß haben." antwortete sie.
Ich fragte sie, ob sie die Operationen denn nicht schlimm fand.
"Die Operationen sind hart. Aber ... schau mal, wir sind für so etwas gezüchtet. Wer keinen Spaß am Fliegen hat, ist schon vor Generationen aus der Zucht aussortiert worden, weil er zu schlechte Flugleistungen bringt. Wer sich nicht ohne zu zögern auch zur zweiten Operation hinlegt, nachdem er die erste überstanden hat, ist auch schon vor Generationen aus der Zucht aussortiert worden. Bei den Freigeborenen haben normalerweise zwei von fünf die Operation gar nicht überlebt und ich glaube daß das diejenigen sind, die von so etwas wahnsinnig werden. Die meisten von den Überlebenden waren sehr unglücklich weil sie nicht damit zurechtgekommen sind, daß sie keinen menschlichen Körper haben. Wir waren natürlich meist keine richtigen Gehirnschiffe, aber wir mußten schon immer tagelang durch den Weltraum fliegen ohne die Schublade zu verlassen, also gibt es nur diejenigen, die sich bei so etwas zumindest so wohl fühlen, daß sie auch noch nach zwanzig Jahren solcher Arbeit psychisch gesund sind. Wir werden auch alle aufgeschnitten und der Darmausgang wird zur Seite gelegt, daher müssen wir damit klarkommen, wenn der Körper nicht mehr so aussieht, wie er das natürlicherweise tut. Alle Gehirnschiffe von unserer Zuchtlinie haben die Operation überlebt und haben Spaß am Schiff sein. Alle von der Kriegerzuchtlinie XZB12 sind daran gestorben und waren schon nach der ersten Operation totunglücklich darüber, weil sich der Bauch so leer anfühlt, während ich das eher komisch erleichternd finde, obwohl das doch nun wirklich keinen Sinn gibt, wenn man bedenkt, daß man die inneren Organe zum Leben braucht. Jetzt wollen sie Krieger züchten die mit Gehirnschiffoperationen klarkommen, aber ich finde sie sollten es zuerst mit den Operationen versuchen, die sie normalerweise bei uns machen, denn ich glaube, damit können die Krieger notfalls noch fertigwerden, mit der Gehirnschiffoperation aber nicht und man sieht trotzdem wer von ihnen ein gutes Zuchtergebnis ist. Außerdem sollte man aufhören Freigeborene zu operieren, wenn sie damit so unglücklich sind." erklärte sie.
Ich notierte mir die Ratschläge, weil ich der Ansicht war, daß sie wahrscheinlich recht hatte. Da die Kinder aber erst in einigen Jahren weit genug wären, um das zu testen, hatte es keine Eile mit der Entscheidung.

Dann bat ich das Schiff Teros LZB99-973-12 auch noch zu fragen, wie er es findet, ein Gehirnschiff zu sein. Kurz darauf meldete sich Teros über den Schifflautsprecher und erklärte mir:
"Du willst wissen, ob ich finde, daß mit der Operation mein Leben vorbei war? Nein, eher im Gegenteil. Ich finde mein Leben hat mit der Operation erst richtig begonnen, denn es ist doch etwas ganz anderes, zu den Sternen fliegen zu können. Wir können dir ein Dossier zusammenstellen das das Thema umfassend behandelt, wenn es dich interessiert." schlug er vor.
Ich erkärte, daß ich ihre Ideen haben wollte, wie man das mit en Gehirnschiffen so weiterentwickeln konnte, daß dadurch die Angelegeneheit besser und nicht schlechter wird. Wir könnten nicht auf die Schiffe verzichten, aber es wäre mir schon sehr wichtig, daß das nicht in so eine Quälerei ausartet.

Kersti

Fortsetzung:

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben