F1508.

"Ein sehr seltsames. Ich kann gar nicht glauben, daß mein Bauch völlig leer ist." antwortete Kelo.

Vorgeschichte: F1507. Danien Wolf: Etwas später wurde mir klar, daß Zufriedenheit nicht dasselbe ist wie Glück

Danien Wolf erzählt:
Am Abend kam Aannann nach Hause, erklärte uns, daß er in den nächsten Tagen Gäste haben würde und daß Kelo deshalb heute beide Arme abgenommen bekäme und ausgenommen würde. Kelo sah einen Augenblick wirklich unglücklich aus, während Aannann seine Pläne für die nächsten Tage erläuterte. Als er aber am Ende gefragt wurde, ob er zufrieden wäre, Aannanns Gästen als Malzeit zu dienen, riß er sich sichtlich zusammen und beantwortete die Frage lächelnd mit:
"Selbstverständlich diene ich auch deinen Gästen gerne als Malzeit."
Er brachte es tatsächlich fertig, dabei auch noch zu klingen, als meinte er es ernst.

Ich war entsetzt und dachte mir, daß ich hier rauskommen mußte, bevor es zu spät war. Glücklicherweise gab es einen offensichtlichen Grund für mein Entsetzen, der den wirklichen Grund sehr gut verbarg. Schließlich gibt es keine bessere Methode, seine eigenen Fluchtpläne zu vereiteln, als zu verraten, daß man Fluchtpläne hat!

Ich erhielt den Befehl alles vorzubereiten, während Aannann mit Kelo unter die Dusche ging. Ich riß mich zumindest so weit zusammen, daß ich die befohlene Arbeit tat, während ich grübelte, wie ich es völlig sicherstellen konnte, daß es mir gelingen würde am nächsten Morgen, wenn er zur Arbeit geht, auch wirklich rauszukommen. Eigentlich hatte ich vorgesehen gehabt, die Chance nur dann zu nutzen wenn alles perfekt lief und sonst erst am nächsten Tag oder übernächsten Tag zu verschwinden. Das konnte ich mir jetzt aber nicht leisten, weil es sonst endgültig zu spät sein könnte.

Aannann kam mit Kelo zurück und legte ihn auf den Tisch. Kelo steckte den Arm ohne jedes Zeichen von Unbehagen in die Schlinge, die Aannann mit seinem High-Tech-Messer gemacht hatte und beantwortete die Frage, ob er bereit sei sofort mit Ja. Ich sah wie die Schlinge sich um die Schulter zusammenzog. Zunächst ließ Kelo das mit einem neutralen Gesichtsausdruck geschehen, aber als Aannann den Arm im Gelenk abbrach, verzog er das Gesicht, als hätte das jedenfalls wehgetan. Trotzdem steckte er sofort den nächsten Arm hin, beantwortete die Frage ob er bereit sei auch sofort mit "Ja." Dann sah ich zu, wie er ausgenommen wurde und wie Kelo auch das tapfer und ohne zu klagen hinnahm, obwohl es offensichtlich deutlich schmerzhafter war. Am Ende hob Aannann ihn hoch und zeigte ihm die Schüssel mit seinen Eingeweiden.
"Und was ist das für ein Gefühl?" fragte er.
"Ein sehr seltsames. Ich kann gar nicht glauben, daß mein Bauch völlig leer ist." antwortete Kelo.
"Soll ich es dir zeigen?"
"Ja."
Aannann ging mit Kelo vor den Spiegel und sog die Bauchwunde so auseinander, daß man es sehen konnte. Kelo sah sich die leere Bauchhöhle an und sagte:
"Seltsam. Ich hätte mir das viel schlimmer vorgestellt."
"Wie fühlt man sich denn als frisch ausgenommener Braten?" fragte Aannann.
"Ich hätte mir alles viel schlimmer vorgestellt. Ich hatte gedacht, daß es ein ganz furchtbares Gefühl ist, wenn einem ein Körperteil nach dem anderen abgeschnitten wird. Stattdessen war ich den größten Teil der Zeit zufrieden, hatte Spaß daran zu kochen und zu braten und habe mich gefreut wenn es dir geschmeckt hat. Jetzt weiß ich daß ich in den nächsten Tagen endgültig aufgegessen werde und es ist für mich völlig in Ordnung." sagte er und es klang wirklich sehr verwundert.
Ich sah ihn mit erneutem Gruselgefühl an.

Kersti

Fortsetzung:
F1509. Danien Wolf: "Seltsam." antwortete ich und versuchte meine Gefühlslage zu beschreiben, natürlich ohne meinen mißlungenen Fluchtplan auch nur zu erwähnen

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben