F1510.

"Nein, das bedeutet, daß Reptos Barbaren sind." gab ich zurück und sofort war eine heiße Diskussion im Gange

Vorgeschichte: F1509. Danien Wolf: "Seltsam." antwortete ich und versuchte meine Gefühlslage zu beschreiben, natürlich ohne meinen mißlungenen Fluchtplan auch nur zu erwähnen

Danien Wolf erzählt:
Als ich am nächsten Morgen unter diesem Fütterungsapparat erwachte, wo ich ab jetzt die Nächte verbringen sollte, um sowohl beim Einschlafen als auch beim Aufwachen so viel von diesem Brei runterzuwürgen, wie ich nur konnte, war meine Stimmung auf dem Tiefpunkt angekommen. Ich hatte mir beim einschlafen gesagt, daß ich einen Rollstuhl hatte und eben den benutzen würde um zu fliehen, nur geglaubt hatte ich mir das nicht wirklich. Schließlich machte ein Rollstuhl die Angelegenheit definitiv deutlich komplizierter.

Meine Stimmung wurde nicht besser, als Aannann mit seinen Gästen ankam, bei denen es sich offensichtlich um Militärs handelte, wie ich an dem erkannte, was bei ihnen als Uniform durchging. Ich bereitete wie befohlen das Fleisch von Kelo zu, brachte es ins Wohnzimmer servierte und wünschte ihnen einen guten Appetit. Daraufhin stellte mir Aannann die Militärs mit Namen und Titel vor, nannte auch meinen Namen und meinen militärischen Rang und wo ich genau gedient hatte und erzählte, daß ich ihm gestern ein Schnitzel von meinem Bein serviert hatte, was ich bestätigte, als er mich dazu aufforderte.

Er meinte dann zu den Militärs, er hätte die Wette gewonnen. Ich fragte, was das für eine Wette war. Aannann erklärte mir, daß es bei dem Experiment, in desssen Rahmen ich verwendet wurde darum ging, ob auch Wildfänge lernen, ihre Berufung zu erkennen und einer Echse ihr eigenes Fleisch zu servieren. Mit den Militärs hatte er eine Wette laufen gehabt, daß das mit einem menschlichen Offizier nicht machbar sei. Ich sah ihn wortlos an, während mich eine neue Welle dieses Gruselgefühls überschwemmte.
Einer der Militärs fragte mich in meiner Muttersprache, ob das jetzt hieße, daß ich meinen ganzen Biß veloren hätte.
"Nein, das bedeutet, daß Reptos Barbaren sind." gab ich zurück, übersetzten das Gesagte dann für Kelo in die Sprache der Echsen und erklärte laut in der Echsensprache, wie babarisch es mir erschien, daß sie solche Wetten abschlossen. Sofort war eine heiße Diskussion im Gange, die mich frappierend an die Diskussionen mit den Glühwürmchen erinnerte, die ich miterlebt hatte.

Eigentlich waren sie natürlich keine Glühwürmchen sondern Menschen wie wir und sie hatten sich diesen Spitznamen eingefangen, weil ihr Herrscherhaus den hehren Titel "vom hohen Licht" führte. Da unsere Namen sich immer auf Totemtiere bezogen, erklärten wir sie zu Glühwürmchen. Wir hatten uns zum Ausgleich bei ihnen den Spitznamen "Ungeziefer" eingefangen, eben weil alle unsere Familiennahmen sich auf Tiere bezogen. Im Grunde waren die meisten von ihnen schon in Ordnung und da unsere beiden Reiche nach einem langen Krieg Frieden geschlossen hatten, mußten wir zusammenarbeiten und es ergaben sich regelmäßig heiße Diskussionen. Wir bezeichneten uns gegenseitig als Barbaren, diskutierten jede einzelne Schlacht, die wir gegeneinander geführt hatten, vorwärts und rückwärts durch. Des einen genialer Schlachtplan war des anderen Barbarei. Jeder hatte etwas anzuführen, was der andere getan hatte und das nun wirklich gar nicht ging, denn dieser Krieg war an einigen Stellen ziemlich entgleist, was mit Entgleisungen von der anderen Seite beantwortet worden war. Trotz der teilweise derben Scherze und Beschimpfungen, achteten beide Seiten darauf, nicht so weit zu gehen, daß das zu ernstem Streit hätte führen können.

Als ich mit diesen Repto-Militärs diskutierte, nahm das einen sehr ähnlichen Charakter an. Wir kannten uns natürlich, denn wir hatten schon öfter aufeinander geschossen. Jeder hatte Freunde und Kameraden bei diesem Krieg verloren, respektierte aber auch den Feind, mit dem er es zu tun hatte. Und wir fachsimpselten über jede einzelne Schlacht, wobei ich mir diverse Details merkte, falls mein nächster Fluchtplan wider erwarten zu einem Erfolg führen sollte. Ich hätte mir auch gegenüber einem gefangenen Feind nicht solche Brüche der Geheimhaltung erlaubt. Da ich hier der Gefangene war, achtete ich natürlich erst recht darauf, nichts Geheimes zu verraten. Nichts desto trotz ließ ich es mir nicht nehmen, ihnen gehörig die Meinung zu sagen und daß ich es mit einer Übermacht zu tun hatte, brachte mich erst richtig in Fahrt.

Am nächten Tag mußte ich mein eigenes Bein servieren, wünschte ihnen wie angewiesen einen guten Appetit. Danach setzten wir die Diskussion mit gleicher Heftigkeit fort. Ich setzte ihnen bei der Gelegenheit im Einzelnen auseinander, warum ich sie allesamt für Barbaren hielt. Schließlich führten sie mir den Grund live vor, indem sie mein Bein aufaßen. Außerdem erklärte ich ihnen, daß sie dabei waren, den Krieg zu verlieren und daß sie offensichtlich zu blöd wären, die elementarsten Punkte zu berücksichtigen, die für einen Friedensvertrag nötig wären. Wer würde schon mit jemandem Frieden schließen, der einen für ein Nahrungsmittel hält?

Das Tischgespräch schien ihnen aber gefallen zu haben, denn sie sagen mit, daß sie jederzeit gerne wieder mit mir diskutieren würden.

Als wir am nächsten Tag alleine am Tisch saßen, meinte Aannann, daß ich ja sehen würde, daß es auch bei mir funktionieren würde. Ich wäre viel entspannter und zufriedener als noch am Vortag. Ich warf ihm einen Blick zu, dachte mir, daß es daran lag, daß ich aufgegeben hatte und daß das nichts Gutes war. Außerdem war ich überzeugt, daß die gezüchteten Menschen auch deshalb entspannter und zufriedener wirkten, nachdem man ihnen ein Bein abgenommen hatte, weil sie genau wie ich dann endgültig die Hoffnung aufgegeben hatten. Andererseits - so ganz endgültig hatte ich noch nicht aufgegeben, nur war ich völlig ratlos wie ich es anfangen sollte und glaubte eigentlich, daß die Zeit nicht reichen würde, um einen funktionierenden Fluchtplan aufzustellen, bevor ich tot war. Nur war Fluchtpläne schmieden ein besserer Zeitvertreib als so manches andere und völlig ausschließen konnte ich einen Erfolg auch nicht.

Als die Gäste wieder weg waren, war noch ein wenig von Kelos Fleisch übrig, so daß ich mir keine Sorgen machen mußte, daß mir gleich wieder etwas abgeschnitten würde.

Kersti

Fortsetzung:
F1511. Danien Wolf: Die stellvertretende Regierungsvorsitzende Err sa Diama fragte mich, ob wirklich Menschen essen das wäre, weshalb die Menschen nicht auf ihre Friedensangebote eingehen

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben