F1536.

Auf dem Rückweg fragte der Psychologe, wenn diese Mästerei der Menschenmästerei so ähnlich und alle zufrieden wären, warum ich dann Schweine schlachten für besser halten würde als Menschen schlachten

Vorgeschichte: F1535. Danien Wolf: Sie fanden auch meine Einstellung zu Aannann höchst mißtrauenserregend, nur weiß ich nicht, wie ein Psychologe, der behauptet, schon öfter mit Folteropfern geredet zu haben, zu so etwas kam

Danien Wolf erzählt:
Im Zuge dieser Diskussion kamen wir auf das Thema Schweinemast und mir wurde klar, daß ich nicht darüber nachgedacht habe, wie es eigentlich für die Schweine ist, in einem solchen Mastbetrieb aufzuwachsen. Der Psychologe Silas aus dem Tal behauptete, er sei Vegetarier, weil das die pure Tierquälerei wäre und zeigte mir wirklich gruselige Bilder, wie solche Betriebe wären. Ich glaubte das einfach nicht. Nicht daß ich die Bilder für gefälscht gehalten hätte oder die Tierschutzvereine für unnötig. Ich glaube nur, daß solche Bilder aus ausgesprochen schlecht geführten Betrieben stammten, die wirklich wegen ihrer schlechten Führung geschlossen gehören.

Wir gingen also einen Schweinemastbetrieb besuchen, wo uns der Besitzer persönlich herumführte. Dabei wurde mir bewußt, daß die Ähnlichkeit zu dieser Menschenmastanstalt, die ich besichtigt hatte, wirklich erstaunlich waren. Zunächst einmmal - wenn ich diese Schweine ansah, wirkten sie durchaus entspannt und zufrieden. Der Besitzer des Betriebs ging auch nicht unfreundlich mit ihnen um, sondern sprach die Tiere an, kratze die Schweine, die diese Liebkosung sichtlich genossen und auch eindeutig unseren Kontakt suchten, weil sie von uns auch gekratzt werden wollten. Die Ställe waren sauber und die Tiere wirkten gesund und nicht so, als würden sie mit irgendetwas Schlimmen rechnen. Andererseits, das erschien mir das alles wie Zufriedenheit, nicht wie Glück.

Wir besuchten auch eine Schlachterei, die in der Nähe des Mastbetriebes war. Auch das war kein Negativbeispiel aus den Broschüren der Tierschutzvereine. Im Gegenteil schien es mir so, daß die Schweine sich keine Sorgen zu machen schienen, bis man sie schon umgebracht hatte. Dem Besitzer des Mastbetriebes war es auch wichtig, daß seine Schweine gut behandelt wurden, sagte er. Wie schon bei dem Mastbetrieb war ich der Ansicht daß es die Negativbeispiele aus den Tierschutzseiten auch gibt, aber das ist eben nicht, wie so etwas gehört.

Auf dem Rückweg fragte mich der Psychologe, wenn diese Mästerei der Menschenmästerei so ähnlich und alle zufrieden wären, warum um alles in der Welt ich dann Schweine schlachten für besser halten würde als Menschen schlachten. Ich war zunächst sprachlos, dann dachte ich darüber nach und meinte, daß man diese Frage besser einem der Kriegssklaven stellt. Er war einverstanden.

Wir stiegen also aus dem Auto, suchten eine Wirtschaft auf, wo, wie uns gemeldet wurde, einige Kriegssklaven speisten. Silas aus dem Tal zeigte typische Psychologenarroganz, indem er sofort zu dem ersten, den er sah, hinlief und ihm sagte er solle mitkommen, er wolle ihm nur ein paar Fragen stellen. Der Junge, dessen Namensschild ihn als Gruppenführer Jan XZB12-230-7 auswies, sah auch sofort richtig ängstlich aus und gab einem Älteren am anderen Ende des Tisches einen unauffälligen Wink, waraufhin der sofort aufstand, zu uns herüberkam, sich drohend vor dem Psychologen aufbaute und sehr höflich fragte, ob dieser ihm mitteilen könnte, was er von seinem Untergebenen wünsche. Der Psychologe fand wieder die schlechtest möglichen Worte, indem er sich als der hochrangige Diplomat Silas aus dem Tal auswies, der er war und meinte er wolle doch nur ein paar Fragen stellen. Ich mischte mich ein und sagte:
"Entschuldigen sie", stellte mich zwischen den Idiot von Psychologen und den Vorgesetzten des jungen Gruppenführers, damit er keine Gelegenheit bekam, noch mehr Dummheiten von sich zu geben und erklärte:
"Ich bin Damien Wolf, von mir haben sie doch wahrscheinlich schon gehört."
Er nickte und wirkte sofort deutlich entspannter. Wahrscheinlich verfolgte jeder einzelne Zuchtmensch auf diesem Planeten die Verhandlungen über den Frieden mit den Echsen und drückte den dortigen Zuchtmenschen die Daumen daß das klappt. Ich fuhr fort:
"Es ist nichts was so ein unerfahrener Junge richtig oder falsch gemacht haben könnte. Der Typ ist Psychologe und militanter Tierschützer und will mir nicht glauben, daß es einen Unterschied zwischen Menschen schlachten und Schweine schlachten gibt."
Schon das Wort Psychologe reichte aus, um einen mißmutigen Zug in das Gesicht zu zaubern, auf die Geschichte mit dem Menschen und Schweine schlachten wußte er dagegen einen Rat.
"Zeig ihm einen Straferfilm." raunte er mir zu.
Darauf war ich nicht gekommen, aber das war wirklich eine gute Idee.
"Ich passe auf den Jungen auf und sorge dafür, daß er sicher wieder zum Schiff zurückkehrt, da können sie sich drauf verlassen." fuhr ich fort.
"Also gut. Ich übergebe ihn in ihre Verantwortung." antwortete er.

Ich lächelte dem jungen Mann zu und gab ihm einen Wink uns zu folgen. Der Vorgesetzte nickte ihm zu und lächelte ebenfalls. Ich sah deutlich, daß es erst der Wink des Vorgesetzten war, der bewirkte, daß der Junge sich entspannte und mitkam. Der Psychologe maulte, was ich mich da eingemischt hatte.
"Jan, was hast du gedacht, was der Psychologe von dir will?"
"In der Station haben sie immer irgendwelche gruseligen Experimente vor, wenn sie nicht klar sagen wollen, was ansteht." antwortete der Junge.
"Was für Experimente?" fragte der Psychologe und ich hätte ihn wegen seiner Ahnungslosigkeit am liebsten erwürgt.
"Ich werde das Palastgehirn bitten, einen passenden Lehrfilm rauszusuchen." antwortete ich und fragte den Jungen, ob er sich zutrauen würde, den Unterschied zwischen Menschen und Schweine schlachten zu erklären.
"Was sind Schweine?" fragte der Junge.
"Das erkläre ich dir später." antwortete ich zuerst, sah dann den Psychologen an und sagte: "So und jetzt sind wir bei dem zweiten Grund, warum man sich nicht den jüngsten Kriegssklaven aussucht, den man finden kann, wenn man die Unterschiede zwischen dem Leben eines Freigeborenen und eines Kriegssklaven erklärt bekommen will. Der erste Grund ist, daß man sonst sofort einen wütenden Vorgesetzten auf dem Plan hat, der befürchtet, der unerfahrene Junge könnte sich trotz seiner sorgfältigen Aufsicht mit irgendetwas in Probleme gebracht haben, von dem er gar nicht wissen konnte, daß man damit unter Freigeborenen aneckt. Der zweite Grund ist, daß ihm das Wissen über die Unterschiede zwischen Freigeborenen und Zuchtmenschen fehlt, das er bräuchte, um die richtigen Erklärungen zu finden."
Dann wandte ich mich wieder dem Jungen zu und fragte, ob er wüßte, was sein Vorgesetzter gedacht hat, als ihm der Psychologe seinen Ausweis gezeigt hat.
"Nein, aber er sah sehr entsetzt aus." antwortete Jan.
"Das stimmt doch gar nicht. Er hat mich die ganze Zeit nur drohend angestarrt." behauptete der Psychologe.
"Die Kriegssklaven gelten als sehr stoisch, das heißt aber nicht, daß sie einander nicht ansehen können, was sie denken", gab ich zurück, "Ich habe jedenfalls dasselbe gesehen wie Jan und ich weiß auch, warum er so entsetzt war. Wenn sie ihn selbst hätten mitnehmen wollen, hätte er sich gesagt, daß er weiß, daß er nichts Falsches getan hat und wie man sich verhalten muß, um unbeschadet wieder rauszukommen. Ein so junger Zuchtmensch wie Jan hat aber noch überhaupt keine Erfahrung mit der äußeren Gesellschaft und kann das gar nicht einschätzen können. Da rechnet man immer damit, daß er irgendetwas sagt, was dann völlig fehlinterpretiert wird."

Tatsächlich hatte ich schon einige Gespräche mit der Polizei führen müssen, um junge Zuchtmenschenoffiziere oder Techniker wieder an Bord zu bekommen, die irgendeinen in ihren Augen harmlosen Satz gesagt hatten, der ihnen fälschlicherweise als furchtbare Bosheit ausgelegt worden war. Verstanden hatte ich diese Deutungen meist nicht, denn der Satz hätte im meinen Augen zwar sehr merkwürdig gewirkt, aber es hatte schon Fantasie dazu gehört, da Bosheit reinzuinterpretieren.

Noch schlimmer fand ich aber, daß ich feststellen mußte, daß die Zuchtmenschen es gar nicht gewöhnt waren, daß Freigeborene sich für sie zumindest so weit einsetzen, daß sie solche Angelegenheiten mit der Polizei klären. Ich erfuhr, daß diese jungen Zuchtmenschen in solchen Fällen meist auch noch im Stich gelassen wurden.

Kersti

Fortsetzung:
F1537. Danien Wolf: Ich sah die glückliche Miene von Jan und mir kamen die Tränen, weil Koris so etwas nie wieder erleben würde

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben