erste Version: 11/2019
letzte Bearbeitung: 11/2019

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Geliebte Malzeiten

F154.

Ich dachte mir, daß ich ihm erzählen mußte, daß ich verstehen kann, wie sehr einen solche Foltern kaputt machen können, damit er Vertrauen faßt und ehrlich zugibt, was seine Motive sind

Vorgeschichte: F1534. Danien Wolf: Er redete als wäre mit dieser Erfahrung die Welt untergegangen und ausgerechnet ich müßte ihn dafür bemitleiden

Sirach von Tyr erzählt:
Als ich hörte, daß da ein Offizier namens Danien Wolf war, der die vollen Echsenfoltern durch hatte und zudem noch gezwungen worden war, sein eigenes Bein persönlich den Echsen zu servieren und ihnen guten Appetit zu wünschen, war mein erster Gedanke, daß sie ihn ganz schön gebrochen haben mußten und daß er wahrscheinlich nur aus Angst alles tat, was sie von ihm wollten. Anders konnte ich mir nicht erklären, warum er danach auch noch positiv über die Echsen redete und versuchte ihnen irgendwobei zu helfen.

Ich dachte mir, daß ich ihm erzählen mußte, daß ich verstehen kann, wie sehr einen solche Foltern kaputt machen können, damit er Vertrauen faßt und ehrlich zugibt, was seine Motive sind. Daher begann ich das Gespräch, indem ich erzählte, wie es mir mit diesen Foltern ergangen war.

Ich muß sagen, ich kann da nichts dran finden, wo ich stolz auf mich hätte sein können. Ich wußte ziemlich schnell vor Schmerzen nicht mehr ein noch aus und hätte alles getan, nur um den Foltern zu entkommen. Ich habe alles getan, was mir einfiel, um dem zu entkommen. Gebracht hat es nichts, außer daß ich mich nachher geschämt habe, was ich für ein Feigling war. Als sie dann auch noch wollten, daß ich mich selber foltere, weil sie mir das befehlen, habe ich völlig am Rad gedreht, bis sie mich irgendwann so kaputt gemacht hatten, daß ich bereit war, alles zu tun, was sie sagen, nur damit das aufhört. Nachdem ich aufgegeben hatte, nahmen sie den Druck, den sie mit Foltern auf mich ausübten, etwas zurück, ließen mich aber das mich selber foltern noch lange genug üben, daß sie sich sicher waren, daß ich alles tun würde, was sie mir sagen, egal wie sehr ich mich selber damit quäle. Ich war schließlich völlig verängtigt und nicht mehr in der Lage, an Widerstand nur zu denken.

Danach kastrierten sie mich und brachten mich in eine Mästerei, wo sie mir befahlen, so viel zu essen, wie sie mir vorsetzten. Das war viel mehr, als ich in der vorgegebenen Zeit schaffen konnte, doch glücklicherweise sahen sie, daß ich mir Mühe gab und beschränkten sich darauf mir zu sagen, daß ich erst schlafen dürfe, wenn ich den Rest auch noch gegessen hätte. Ich gehorchte und brauchte fast die ganze Nacht, um das alles runterzuwürgen. Essen kann man trainieren und da ich Angst hatte, wieder bestraft zu werden, übte ich mich nach Kräften darin. Im Laufe der Zeit lernte ich ein Vielfaches von dem zu essen, was ich am Anfang nur mit Mühe und Überstunden hatte herunterwürgen können. Ich entpannte mich auch wieder etwas, weil niemand ausgesprochen unfreundlich zu mir war. Ich erhielt Ratschläge von Menschen wie Echsen, wie ich mich besser mästen kann und befolgte diese Ratschläge, während ich mir gleichzeitig große Mühe gab, nicht daran zu denken, daß ich am Ende geschlachtet würde. Das allerdings war gar nicht so einfach, denn es wurde offen darüber geredet und die gezüchteten Menschen schienen der Ansicht zu sein, daß sie damit zufrieden sind, weil sie doch dafür da wären. Ich glaubte ihnen das nicht, denn wenn ich gefragt wurde, ob ich zufrieden wäre, wagte ich nicht, etwas anderes als "JA!" dazu zu sagen und bemühte mich verzeifelt, das Weinen zu unterdrücken, das mir jedesmal hochkommen wollte, weil ich dachte, daß ich wieder bestraft würde, wenn ich etwas anderes sage. Wenn ich alleine mit den zum Schlachten gezüchteten Menschen redete, behaupteten sie auch, sie wären zufrieden, andererseits wußte jeder, daß es Überwachungskameras gab.

Dann wurde der Planet befreit und ich zur Behandlung in die Hauptstadt gebracht. Ich war lange der Ansicht, daß ich ein Feigling und Versager sei und wie man an meinem Verhalten erkennen könne, wäre ich nicht besser als ein Sklave. Daß der Offizier, der sich um die befreiten Gefangenen kümmerte, das anders sah und viel mehr freundliches Verständnis für mich hatte als ich selbst, verstand ich nicht. Er konnte mich nicht überzeugen, daß ich als Mensch irgendeinen Wert hatte. Dann irgendwann fiel mir auf, daß der Ingenieursoffizier unseres früheren Schiffes sich überhaupt nicht verändert hatte. Während es mir vor lauter Angst nicht, gelang mich richtig auf eine beliebige Arbeit zu konzentrieren, die mir früher leicht gefallen wäre, hatte er sich irgendwann beschwert, er würde sich langweilen und um irgendeine Arbeit gebeten. Inzwischen reparierte er alles, was es in der Klinik, wo ich behandelt wurde, an technischen Geräten gab und alle schienen vergessen zu haben, daß er als Patient hierhergebracht worden war. Ich fragte ihn, wie er das machte.
"Ich war mein Leben lang ein Sklave, den irgendwelche Freigeborenen aus einer Laune heraus nur so zum Spaß foltern konnten. Ich mußte lernen, mit so etwas umzugehen, ohne daran kaputt zu gehen, bevor ich gefangen wurde, also wußte ich wie ich damit umgehen mußte, als es so weit war." antwortete er.
Ich redete danach länger mit ihm über diese Themen und irgendwie half mir das. Er brachte es sogar fertig, mich so weit zum nachdenken zu bringen, daß mir klar wurde, daß ich keine wichtigen Informationen an die Echsen verraten habe. Tatsächlich hätte ich ihnen alles erzählt, wenn ich gewußt hätte, was sie hören wollten und habe ihnen deshalb viel Unsinn und Lügen erzählt. Die wichtigen Informationen, auf die sie es eigentlich abgesehen hatten, fielen mir in der Situation aber nicht ein, da ich für so etwas nicht konzentriert genug gewesen war. Leute bis zu den Grenzen ihrer körperlichen Belastbarkeit zu foltern, ist also offensichtlich nicht die beste Verhörmethode! Genau das ist der Grund, warum ich normalerweise versuche, das Vertrauen der Leute zu gewinnen, die ich befragen soll und ich glaube, daß ich so sinnvollere Dinge erfahre.

Kersti

Fortsetzung:
F1544. Sirach von Tyr: Danien Wolf wirkte seltsamerweise, als wäre er mit sich und der Welt zufrieden und das konnte einfach nicht sein

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben