erste Version: 11/2019
letzte Bearbeitung: 11/2019

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Das Leben des perfekten Kriegers

F1560.

Noch am selben Tag sandten wir unseren Bericht über die erfolgreiche Schlacht und den Vorschlag für einen Friedensvertrag ab

Vorgeschichte: F1734. Der Reiter des Drachenfürsten: Es war unangenehm gewesen, meinem Drachen jedes Geheimnis zu zeigen, aber er konnte jede düstere, peinliche Seite von mir akzeptieren und fand mich immer noch großartig

Geson XZB12-56-78 erzählt:
Noch am selben Tag sandten wir unseren Bericht über die erfolgreiche Schlacht und den Vorschlag für einen Friedensvertrag ab. Abfliegen konnten wir jedoch nicht, denn zu viele Schiffe waren dazu zu schwer beschädigt. Wir waren wochenlang mit Notreparaturen beschäftigt und bekamen trotzdem nur die Hälfte der Schiffe auf einen Stand, wo man mit ihnen zu einem anderen Stern hätte fliegen können. Ich dachte mir, daß die Lage im Krieg gerade ziemlich schnell zum Teufel ging, was die Freigeborenen irgendwie nicht zu bemerken schienen, wenn man mal von Dira absieht, die ja letztlich dafür gesorgt hatte, daß wir wenigstens diese Schlacht gewonnen hatten. Wenn unser Sternenreich nicht untergehen sollte, brauchten wir einen Frieden mit den Drachen.

Zu den Neuigkeiten, die die Freigeborenenschiffe mit zur Schlacht gebracht hatten, hatte ein Befehl gehört, daß die Kurse zur Freigeborenenanthropologie, die wir schon lange gefordert hatten, endlich genehmigt worden waren. Außerdem enthielten sie Befehle, daß ale Zuchtmenschen Landurlaub genehmigt bekamen, damit sie den Umgang mit Freigeborenen besser lernen sollten. Das Hintergrundmaterial was unsere eigenen Leute uns dazu mitgeschickt hatten, enthielt Berichte über Landurlaub und Besuche bei freigeborenen Familien, die Dira von Leuenhorst bei ihren eigenen untergebenen Zuchtmenschen angeordnet hatte.

Ich selber kannte Planeten bisher nur als Schlachtfelder, daher war ich nicht darauf vorbereitet, was in diesen Berichten stand. Mir war schon aufgefallen, daß die Luft am Boden ganz anders und viel schöner riecht und daß es dort unbekannnte Dinge gab, aber letztlich war ich bei den Schlachten immer so mit dem reinen Überleben beschäftigt gewesen, daß ich nie Gelegenheit gehabt hatte, mir irgendetwas richtig in Ruhe anzusehen. Ich fragte mich, was wohl aus mir geworden wäre, wenn ich frei geboren gewesen und als Freigeborener aufgewachsen wäre. Wahrscheinlich wäre ich ein völlig anderer Mensch geworden.

Über die Zeit, die ich auf Diras Schiff verbracht hatte, hatte ich noch lange immer wieder nachgedacht. Tatsächlich hatte eine der Schlachten, in die ich geschickt worden war, auf dem Planteten von Diras Leuten stattgefunden, und da ich sie bis dahin nur als jemand erlebt hatte, die auf mich schießen, hatte ich nicht darüber nachgedacht, daß sie ja auch Menschen waren. Die Entscheidung dieses Volk nicht zu versklaven sondern einen Bündnisvertrag mit ihnen zu schließen war vom Kronprinzen ausgegangen und alle freigeborenen Offiziere, die zu dem Zeitpunkt kennengelernt hatte, regten sich furchtbar darüber auf, wobei sie das mit einer völlig krausen Logik begründeten, indem sie unsere Techniker zwar grundsätzlich als Mindere Wesen ohne so etwas wie Würde oder Rechte betrachten, aber die technischen Leistungen, die unserer Techniker geschaffen haben, sich als persönlichen Verdienst des freigeborenen Adels auf die Fahnen schreiben. Und weil Diras Leute keine so guten Techniker haben - deren freigeborene Techniker sind tatsächlich um Klassen kompetenter als die freigeborenen Techniker unserer Leute - sind sie in den Augen unseres freigeborenen Adels nicht viel besser als Sklaven.

Komischerweise schienen sie der Ansicht zu sein, wir müßten ihnen da zustimmen. Ich habe ihnen nicht zugestimmt, weil das ja völliger Blödsinn war, denn wenn man nach Kompetenz beurteilt, ist unser Adel irgendwo ganz unten einzuordnen, die freigeborene Unterschicht und die Sklaven von besiegten Planeten kommen dazwischen, Diras Leute sind ziemlich kompetent und wir Zuchtmenschen stehen an der Spitze. Ich habe den meisten von ihnen aber auch nicht widersprochen, da mit ihnen sowieso nicht vernünftig zu reden ist. Die Ausnahmen von dieser Regel steigen nach einem Aufenthalt auf unserem Schiff normalerweise ziemlich schnell unter den Freigeborenen auf, weil sie so viel von uns lernen, wie wir ihnen beibringen können. Schließlich wollen wir, daß die Freigeborenen von Leuten beherrscht werden, die uns als Menschen betrachten.

Wir waren jedenfalls sehr froh über diesen Friedensvertrag, wo der Adel von Diras Leuten genauso viel zählte wie unser Adel. Wir hatten uns zwar vorher schon zig Gründe ausmalen können, warum so ein Friedensvertrag sehr gut für uns und unser Land ist, aber wir hätten nicht damit gerechnet, daß Diras Leute uns so viel bringen würden. Wer rechnet schon damit, daß sich Freigeborene ernsthaft für unsere Rechte einsetzen und dann auch noch Strategien erfinden, auf die wir zwar nicht gekommen wären, die aber funktionieren?

Jedenfalls hat Dira mit ihren Landurlaubsgeschichten erfolgreich dafür gesorgt, daß freigeborene Adelige plötzlich viel respektvoller mit ihren Zuchtmenschen-Offizierskollegen umgehen. Ich habe nur nicht verstanden, warum das funktioniert.

Weil aber bei den ersten Versuchen zu viel schief gegangen war, sollten wir diesmal langsamer vorgehen. Wir bekamen also Landurlaub aber zuerst Grüppchenweise unter der Führung von Leuten, die schon einmal unten gewesen waren. Nur ich hatte dazu keine Zeit.

Kersti

Fortsetzung:
F1562. Tiarrith: Wenn man so eng mit einem Wesen verbunden ist, wie wir mit den Drachen, tut man eine ganze Menge, damit es nicht leidet
F1477. Jender LZB99-950-41: Wir sollten zur Zuchtstation und da so viele Schiffe und Leute flott machen, wie irgend möglich

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben