erste Version: 12/2019
letzte Bearbeitung: 12/2019

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Der Bruder des Prinzen

F1570.

Wir hörten alle, daß der König gekommen war, um hier zwei Kinder zu adoptieren

Vorgeschichte: F1669. Tharr vom Licht: Ich fragte Treron sehr vorsichtig, wie die Zuchtmenschen wohl darauf reagieren würden, wenn der neue König ein Kind von den Technikern oder Ärzten adoptieren wollte

Tanan LZB45-321-37 erzählt:
Wir hörten alle, daß der König gekommen war, um hier zwei Kinder zu adoptieren. Ich dachte mir aber, daß mich das zumindest nicht persönlich betraf, denn ich war kein Säugling mehr, den ein König hätte adoptieren und als sein eigenes Kind ausgeben können. Ich sollte mich täuschen, denn zwei Tage nachdem sie angekommen waren, wurde ich aus der Schule herausgerufen. Natürlich machte ich mir Sorgen, daß sie irgendwelche gruseligen Experimente vorhaben könnten, aber falls dem so war, konnte ich nichts dagegen tun, also ging ich.

Auch bei den gruseligen Experimenten hatte ich mich getäuscht. Das sah ich gleich, als ich den Raum betrat, den ich aufsuchen sollte. Eine Gruppe von erfahrenen Leuten, unter denen kein Freigeborener war, begrüßte mich in dem Raum in der Klinik, in dem ich mich hatte melden sollen. Meine Mutter war unter ihnen. Die ganze Zusammenstellung wunderte mich, denn wozu braucht man den alten Krieger Treron XZB12-5-13, meine Mutter, die älteste Ärztin unter den Zuchtmenschen, Sima LZB7-110-22 einen vegleichsweise alten Techniker, der aufgrund seiner Implantate bald sterben würde und Ima IZB50-55-33, die zu der Zuchtlinie gehörte, die als medizinisches Verbrauchsmaterial gezüchtet wurden? Ich war verwirrt.

Sie erklärten mir, daß der König entschieden hatte, meine beiden jüngsten Geschwister zu adoptieren. Das sei eine historische Chance, Einfluß auf die Politik zu bekommen und vielleicht auch Entscheidungen durchzubekommen, die vielen von uns helfen konnten, daß ihnen weniger Leid zugemutet wurde und sie ein paar Jahre länger zu leben haben würden. Sie hätten erreicht, daß der König gleichzeitig einen neuen Palasttechniker mitnimmt, da der bisherige bereits in der Phase war, wo er wegen der Implantate nicht immer arbeiten kann. Sie hätten sich überlegt, wie sie so gut wie irgend möglich sicherstellen können, daß dieser Techniker eine Beziehung zu meinen jüngeren Geschwistern aufbaut, daher hätten sie entschieden, daß ein älterer Bruder von den Kindern mitgehen sollte und daher hätte ich den Job. Sie würden ein wenig in den Daten herumeditieren und mir die Seriennummer eines älteren Technikers geben und ich würde mitgeschickt.

Mir gefiel das gar nicht. Es bedeutete, daß ich ein halbes Jahr früher operiert würde und das wiederum hieß, daß ich grob ein halbes Jahr früher sterben würde. Das war natürlich nur eine statistische Ableitung. Im Einzelfall hing das von zu vielen Faktoren ab, um genau zu sagen, wann es so weit ist, daß man an den Giften stirbt. Aber die Drähte vergiften uns und man sollte froh um jeden Monat sein, den sie später eingepflanzt werden. Andererseits war der Plan so wichtig, wie sie sagten und ich hatte kein Argument, um ihnen zu widersprechen, denn sie hatten völlig recht, daß jeder Techniker, den man mitschicken könnte, auf eigene Geschwister viel mehr achten würde, als auf die Kinder anderer Mütter. Es mußte schließlich einen Grund geben, warum ich durchaus wußte, wie mein kleiner Bruder Talis und das neue Baby meiner Mutter aussahen, obwohl ich den Kindergarten in dem ich meine ersten Jahre verbracht hatte, seit Jahren nicht hatte aufsuchen dürfen. Ich hatte mir halt nur die Überwachungsfilme vom Kindergarten meiner Mutter angesehen, nicht die von den anderen Kindergärten auf der Zuchtstation.

Ich stimmte dem Plan also zu und wurde sofort zur Operation geschickt, nachdem ich gesagt hatte, ich bräuchte nicht unbedingt jemand zum reden, ich würde damit schon klarkommen. Natürlich blieb mir gar nichts anderen übrig, als damit irgendwie klarzukommen, aber einfach war das nicht, denn letztlich sind die Operationen so, daß man nachher tagelang nichts anderes als Schmerzen wahrnimmt. Kaum war ich wieder einigermaßen beieinander, schickten sie mich, meine Sachen auf das Schiff des Königs bringen, bei dem es sich um ein umgebautes Kurierschiff handelte.

Ich fühlte mich auf dem Schiff nicht wohl, weil alles so fremdartig aussah. Glücklicherweise war es ein Gehirnschiff, so daß ich das Schiff um Rat fragen konnte, wie ich mich hier benehmen mußte, um nicht negativ aufzufallen. Es meinte, ich müßte mir keine großen Sorgen machen, der König würde immer zuerst alles freundlich erklären, wenn man einen Fehler macht und Strafen gäbe es erst, wenn man dann nicht hört. Er sagte mir auch, wo ich alles finden konnte. Also brachte ich meine drei Kleinigkeiten im Schiff unter und ging dann in den Kindergarten, den ich jetzt, da ich ja bei den Operationen kastriert worden war, besuchen durfte.

Kersti

Fortsetzung:
F1571. Tanan LZB45-321-37: Auf dem Weg zum Schiff fragte mich der König, ob das stimmen würde, daß wir völlig zufrieden wären, wenn wir die ganze Zeit in der Schublade bleiben würden

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben