F1640.

Im Grunde war es bemerkenswert, daß sowohl Tharr als auch Serit bereit waren, Diro eine Chance zu geben. Niemand hätte sich gewundert, wenn er die Fahrt auf der Thorion nicht überlebt hätte

Vorgeschichte: F1639. Diro von Karst: Ich redete mehrfach mit Turin darüber, daß ich mich fragte, ob Tharr sich so verändert hat oder ob ich ihn nur anders wahrnehme, weil ich mich verändert habe

Sim vom Licht erzählt:
Serit aus dem Tor hatte ich schon einige Male gesprochen. Einerseits lag das daran, daß er oft zum Palast kam, weil wir ihn praktisch nach jeder Fahrt, die er seit der Thorion gemacht hatte, belobigen konnten, weil sein Schiff die beste Mannschaft hatte, die wir hatten. Die Zeit hatte noch nicht gereicht, um ihn auf den Posten zu befördern, wo wir eigentlich solche Offiziere brauchen. Andererseits hatte ich von ihm auch wissen wollen, was Tharr eigentlich mit seinen Leuten anstellt, daß sie nachher so viel besser sind. Man muß sich nach Tharrs Bewertungen richten, damit das klappt, aber wenn man das tut hat man nachher eine Schiffabesatzung die ihre Arbeit ausgesprochen gut macht und neue Untergebene sehr gut ausbildet. Jede solide Mannschaft, die wir haben, wurde von Tharr ausgebildet.

Diesmal wollte ich aber auch ein paar Erklärungen zu Tharr selbst haben. Ich denke, daß ich manches einfach deshalb nicht verstanden habe, weil er einerseits immer noch nicht sehr offen zu mir ist, da er durchaus begriffen hat, daß der König mir mehr vertraut als ihm und daß ich ihn beaufsichtigen soll. Andererseits glaube ich, daß ein Problem ist, daß er schlicht intelligenter ist als ich. Zumindest legt er mir immer wieder derart komplexe Pläne dar, daß ich mich frage, wie ein Mensch sich so etwas ausdenken kann, wenn ich schon ein Problem habe, es zu verstehen.

Ich erzählte Serit also, daß Tharr meines Wissens die Sorte Kind gewesen ist, die sich jede Mutter und jeder Vater wünscht. Gut in der Schule, beliebt bei seinen Mitschülern, nie unfreundlich zu Kleineren und Schwächeren, nie Probleme mit Autoritäten. Bei meinem ersten Gespräch mit Tharr, nachdem wir ihn hierher versetzt hatten, hätte mich deshalb sehr gewundert, wie rebellisch er auf mich gewirkt hätte. Ich erzählte ihm auch von meiner emotionalen Reaktion darauf, daß mir das nämlich gefallen hätte, nur hätte ich ja Gründe gehabt, diplomatischer vorzugehen. Ich würde deshalb gerne verstehen, was ihn eigentlich so verändert hatte.

Serit warf Diro daraufhin einen Blick zu, der eine mörderische Wut ausdrückte und sagte, daß mir wahrscheinlich nicht klar wäre, wie lange er Tharr schon kennen würde. Sie wären zusammen auf der Universität gewesen und er hätte ihn damals immer gerne zusammen die Hausaufgaben gemacht. Auf seiner ersten Fahrt hätte der Kapitän Tharr auf die Brücke geholt, weil er irgendjemand brauchte, der seine Arbeit auch tatsächlich beherrscht und tut - im Gegensatz zu diversen anderen Menschen, die weder das eine noch das andere für nötig zu halten schienen. Genau diese Menschen würden dann dazu neigen, Mordanschläge auf fleißige und kompetente Offiziere auszuführen, die diese nur durch Zufall rechtzeitig entdeckt hätten und damit sich, ihre Arbeitsmannschaft und das Schiff vor schlimmen Schäden bewahren. Statt daß solche kompetenten und pflichtbewußten Offiziere dann belobigt würden, würde man sie zur Strafe auf die Thorion versetzen.

Diro war also tatsächlich für den Mordanschlag auf Tharr verantwortlich gewesen. Aber nicht nur das. Tharr hatte das nachgewiesen gehabt und statt des Täters hatten sie Tharr bestraft. Im Grunde war es bemerkenswert, daß sowohl Tharr als auch Serit bereit waren, Diro eine Chance zu geben. Niemand hätte sich gewundert, wenn er die Fahrt auf der Thorion nicht überlebt hätte.

Ich mußte irgendwie erreichen, daß er Verständnis für unsere Probleme hat, daher erzählte ich von der Zeit, als mein König Tiro vom hohen Licht jung und idealistisch gewesen war und warum er irgendwann sich selbst aufgegeben hatte. Es war ja noch schlimmer. Wir hatten damals versucht diesen Sumpf an Korruption in den Griff zu kriegen, den unser Sternenreich darstellte, mit dem einzigen Ergebnis, daß jetzt alles noch schlimmer ist. Ich sagte, daß mir deshalb was Tharr fertiggebracht hatte wie ein Wunder erschien, denn uns war nichts dergleichen gelungen.
"Letztlich haben wir Tharr hierhergeholt, damit er für uns noch viel mehr Wunder vollbringt und das ist ihm gegenüber nicht fair. Unglücklicherweise habe ich den Eindruck, daß er damit auch noch unglücklich ist und das gefällt mir nicht. Also wenn sie irgendetwas haben, womit man ihn ein bißchen gücklicher machen könnte, möchte ich das wissen."
"Wenn sie ihn glücklicher machen wollen, müssen sie die gezüchteten Krieger glücklicher machen. Nach den Erfahrungen, die er so im Leben gemacht hat, scheint Tharr sie für die einzig guten Menschen auf der Welt zu halten." antwortete Serit.
"Das habe ich ja noch nie gehört!" sagte ich und ergänzte dann, daß es ich schon auf den Gedanken gekommen war, daß Tharrs Geheimnis irgendetwas mit ihnen zu tun haben müßte, daß das aber so wenig mit dem vereinbar war, was man sonst so über sie hört, daß mich das völlig verwirrt hätte und ich daher für jede Auflösung des Rätsels dankbar wäre.
"Die XZB12s sind völlig anders, als das was man so über sie hört. Tharr hat, so weit ich das verstanden habe, seinen Plan zuerst mit den XZB12s besprochen und von ihnen viele Verbesserungsvorschläge bekommen. Dann hat er die Offiziere zusammengerufen, die die Sklaven für anständige Menschen halten und uns erklärt, daß wir im Umgang mit den XZB12s einen Fehler nicht machen dürfen. Wenn man mit ihnen umgeht, bekommt man keinen Fuß auf den Boden, falls man den Strafer benutzt. So lange man sich aber höflich und anständig gegenüber ihnen verhält, sind sie sehr angenehme Untergebene. Ich hatte natürlich so meine Zweifel, weil das so gar nicht zu ihrem Ruf paßt, aber es hat sich im Laufe der Reise bestätigt, sowohl bei denen, die sich an den Rat gehalten haben, als auch bei den anderen. Die anderen waren natürlich die dritte Gruppe mit denen Tharr gesprochen hat, die Kriminellen unter seinen Untergebenen. Da ich mit Tharr befreundet war, hat er mich den Kriegern als sein Freund vorgestellt und das hat mir noch eine andere Perspektive auf die Krieger verschafft. Mit ihm haben sie nämlich recht offen geredet und Strategien diskutiert. Ich war platt wie oft Tharr, den ich immer als jemanden kannte, der alles versteht und alles durchschaut, sie nach vereinfachten Erklärungen fragen mußte, weil er das viel zu komplexe Original mal wieder nicht verstanden hatte. Ihm gegenüber waren sie so höflich, daß ich zuerst dachte, sie würden ihn für einen besonders respektierten Anführer halten, aber mit der Zeit bekam ich den Eindruck, daß sie ihn eher für ihren Lieblingsschoßhund halten oder so. Heißgeliebt aber man muß ihm auch die einfachsten Dinge zehn mal erkären, bis er sie endlich versteht."

Ich fragte ihn, ob er dann meinte, daß sie eine Gefahr für das Reich darstellen würden.
"Nein. Wobei das muß man differenzierter darstellen. Ich glaube nämlich schon, daß sie gerade dabei sind, die Macht im Reich an sich zu reißen. Sie werden es nur genau so machen, wie sie die Macht innerhalb der Thorion an sich gerissen haben. Bis heute bezweifelt niemand, daß Tharr seine Leute dort immer perfekt im Griff hatte. Ich bin aber überzeugt, wenn er etwas getan hätte, was ihnen nicht gefällt, hätte sich das ziemlich schnell geändert. Wer den Strafer benutzt, bekommt keinen Fuß mehr auf den Boden. Wer auf dem Schiff jemanden ermordet, ist des Todes. Wer nur harmlose Dummheitem macht wird lediglich belächelt und belehrt. Sie haben schon so viele Füße in der Tür, daß wir nichts dagegen tun können, daß sie die Macht an sich reißen. Wir haben nämlich die Wahl zwischen ihnen und den adeligen Kriminellen. Sie sind meines Wissens die einzigen, die die Kriminellen in den Griff kriegen könnten und wenn wir das zulassen, müssen wir ihnen den Einfluß zugestehen, den sie sich durch ihre Leistung verdient haben, denn wir werden sie gar nicht daran hindern können." erklärte er.
Das war allerdings eine Betrachtungsweise!

Kersti

Fortsetzung:
F1641. Tharr vom Licht: "Ich kann aber gar nicht glauben, daß die XZB12s mit ihrer Rolle als Kanonenfutter in unseren Kriegen wirklich zufrieden sind." sagte Sim

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben