erste Version: 2/2020
letzte Bearbeitung: 2/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Kriminelle Adelige und tödliche Sklaven

F1643.

Ich ging zu Diro und fragte ihn, ob er glaubte, daß Schiffe kein Lebenshaltungsystem brauchen und fliegen, weil sie Angst vor ihren Offizieren haben

Vorgeschichte: F1642. Sim vom Licht: Es gibt nur einen schlimmeren Posten als Sicherheitschef des Sternenreichs - der des Königs

Sim vom Licht erzählt:
Nach meinem Gespräch mit Tharr ging ich zu Diro und fragte ihn, ob er früher auch der Ansicht gewesen sei, daß Schiffe kein Lebenshaltungsystem brauchen und nur deshalb fliegen, weil sie Angst vor ihren Offizieren haben.
Diro stutzte, warf mir einen Blick zu und lachte. Dann überlegte er mit einem immer noch amusierten Gesichtausdruck eine Sekunde und meinte:
"Der Spruch stammt von Tharr, nicht wahr?"
"Ja. Stimmt." antwortete ich.
"Es war natürlich nicht so wörtlich gemeint, aber so weit ist es tatsächlich nicht von der Wahrheit weg. Selbstverständlich ist mir in den Vorlesungen nicht entgangen, daß es ein Lebenshaltungssystem gibt und daß das gewartet werden muß. Aber nach der zugehörigen Klassenarbeit habe ich tatsächlich nicht mehr über das Lebenshaltungssystem nachgedacht, bis mir Tharr auf der Thorion die Aufgabe übertragen hat, es durchzuprüfen und zu melden, ob alles in Ordnung ist. Ich habe dafür ewig gebraucht, weil ich alles im Handbuch nachlesen mußte und der Techniker, der mich kontrollieren sollte, hat auch festgestellt, daß ich nicht alles, was getan werden muß, entdeckt habe. Ich habe mich damals gewundert, warum Tharr so sicher wußte, welche Kleinigkeiten im Ersatz-Lebenshaltungssystem nicht funktionieren. Mir wurde erst später klar, als ich längst unter Serit aus dem Tor gedient habe, daß er selbstverständlich auch einen der Techniker eine Kontrolle hat durchführen lassen und daß ich das nur tun sollte, weil er sichergehen wollte, daß jeder junge Offizier das beherrscht. Letztlich war ich damals noch keine Hilfe, sondern ich mußte erst lernen, eine Arbeit zuverlässig zu erledigen. Aber wie auch immer - bevor ich auf die Thorion kam, habe ich nur über eines wirklich nachgedacht - nämlich wer von den Menschen um mich herum für mich so gefährlich ist, daß ich etwas unternehmen muß, damit er mich nicht umbringt. Und in meinem privaten kleinen Universum gab es nur zwei Sorten Menschen: Die, die mich umbringen wollen und die, die ich schon genug eingeschüchtert habe, daß sie sich das nicht mehr wagen. Unter Tharr und Serit hatte ich eine gewisse Hoffnung, daß sie das Leute einschüchtern für mich übernehmen. Das habe ich natürlich ausgenutzt und allen, die ich für möglicherweise bedrohlich gehalten habe, erzählt, wie gefährlich mein Kapitän ist. Auf der zweiten Fahrt wußte Serit dann auch, wie er das ausnutzen kann, hat mir die zehn schlimmsten Neulinge zugeteilt und mir gesagt ich soll denen mal erklären, wie hier alles funktioniert. Wie die Erklärungen ausgesehen haben, können sie sich vorstellen."
Ich war amusiert, denn Turin hatte mir erzählt, was ihm Diro über Tharr erzählt hatte, noch bevor der Prinz im Palast angekommen war. Ich hatte Turin dann erklärt, daß als Tharr die Thorion übernommen hatte, zum ersten mal, seit das Schiff gebaut worden war, niemand an Bord ermordet worden ist. Offensichtlich sei es dazu nötig gewesen, Leute wie Diro erst einmal einzuschüchtern. Turin meinte, daß er sich aber auch Tharrs Nahkampfnoten angesehen hatte und da der nur ein ehemaliger Sklave mit Stipendium sei, wären Tharrs hervorragende Noten nicht so geschönt wie Turins eigene. Er hätte zwar eine zwei bekommen, aber er hätte seine Punktebewertungen mit denen seiner Komiltonen aus weniger erlauchten Verhältnissen verglichen und danach hätte er eigentlich nur eine drei verdient gehabt, nicht die zwei, die man ihm gegeben hatte.

Ich fragte Diro, ob er eigentlich gewußt hatte, daß einfache Leute für dieselben Leistungen schlechtere Noten bekommen als Adelige.
"Nein, das habe ich im Studium nicht gewußt. Das wurde mir erst in der Thorion von mehreren Seiten gesagt." antwortete er.
"Und vorher hattest du davon wirklich keine Ahnung?"
"Also hör mal, glaubst du ernsthaft, daß irgendjemand, der nicht dazu gezwungen ist und nicht selber ein krimineller Adeliger war, sich früher mit mir abgegeben hätte? Wer hätte mir das denn sagen sollen?" gab er zurück.
Das war natürlich ein Argument.
"Und warum hat sich Turin dann mit dir abgegeben?" fragte ich.
"Weil er völlig verängstigt war. Schließlich lebt inzwischen keiner von seinen Brüdern mehr und es liegt nicht daran, daß ich nicht versucht hätte, meinen ersten Freund unter den Prinzen zu schützen." gab Diro zurück und begann zu meinem Erstaunen zu weinen.
Ich war völlig verblüfft, denn ich hatte Diro für die Sorte Mensch gehalten, die niemals vor anderen weinen würde. Und er hatte natürlich genau das Thema getroffen, wo ich dann auch nur noch weinen konnte, schließlich hatte ich jeden der Prinzen gekannt, seit sie Kleinkinder waren. Da ich mit König Tiro befreundet war, seit wir Kinder waren, habe ich die Prinzen wirklich gut gekannt, nicht nur so flüchtig wie ich Tharr damals als Kind gekannt habe, der wahrscheinlich genauso eng mit mir verwandt war wie sie.

Kersti

Fortsetzung:
F1644. Turin vom hohen Licht: Sie sagten mir, daß ich heiraten und Kinder kriegen muß

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben