erste Version: 7/2020
letzte Bearbeitung: 7/2020

Chronik des Aufstiegs: Die Pforten der Hölle - Die Beschützer der Menschheit vor den Geistern der Verzweiflung

F1653.

Nach gut anderthalb Jahren, in denen er auf mich nie wirklich menschlich gewirkt hatte und nie gesprochen hatte, fragte mich Ehon plötzlich nach Datum und Uhrzeit

Vorgeschichte: F1651. Ehon: Dann stellte ich fest, daß die Wache am Dämonenkäfig offensichtlich kein erfahrener Mann war

Kalar erzählt:
Nach gut anderthalb Jahren, in denen er auf mich nie wirklich menschlich gewirkt hatte und nie gesprochen hatte, fragte mich Ehon plötzlich nach Datum und Uhrzeit. Mich brachte diese Frage völlig aus der Fassung, weil ich es nicht mit all dem übereinbrachte, was ich bis jetzt im Dämonenkäfig so erlebt hatte.

Er warf mir einen Blick zu, zog sich erst einmal an und wiederholte dann die Frage. Jetzt war ich erst richtig ins rotieren gekommen, weil ich überhaupt nicht wußte, wie ich damit umgehen sollte, wenn Ehon plötzlich einfach normal war.

Ehon wirkte noch immer nicht beunruhigt oder verunsichert, sondern erklärte mir, daß er eine Gedächtnislücke hatte und nicht wußte, wie er hierhergekommen war. Ob ich ihm nicht jetzt sagen konnte, welches Datum und welche Urzeit wir hatten. Ich kam mir so dumm vor, weil ich die Frage nicht gleich einfach beantwortet hatte und sagte es ihm endlich.

Leider gelang es mir nicht, mich wieder zu fangen, weil er sich jetzt plötzlich wie ein erfahrener Lehrer verhielt, der mir ruhig, väterlich und sehr nachvollziehbar erklärte, wie man normalerweise mit solchen Situationen umgeht, nämlich daß er jemanden brauchte, der ihm erzählt, was in Zwischenzeit hier geschehen ist. Dann fragte er mich nach diversen Einzelheiten, aber ich war nur noch verwirrter und verunsicherter, weil ich ständig damit rechnete, daß plötzlich wieder eine Dämonensprache aus den tiefsten Tiefen der Hölle ertönt. Das war nämlich wirklich eine Dämonensprache gewesen und es war bei weitem nicht das einzige derartige Ereignis geblieben. Ich beantwortete zwar die ein oder andere Frage, wurde dabei aber immer konzeptloser und verwirrter.

Dann kamen Khar und Mirko mit dem Mittagessen und benahmen sich, als wäre Ehon gerade von einer Reise zurückgekehrt und sie redeten völlig unbefangen mit ihm. Ich war sehr erleichtert und hoffte, daß ich mich jetzt in Ruhe mit mir befassen konnte, um meiner Verwirrung Herr zu werden, aber diese Hoffnung wurde nicht erfüllt, denn ich war ja von den Leuten hier am Standort der erste, der ihn im besessenen Zustand gesehen hatte. Glücklicherweise war Khar der, der mir befahl, das zu erzählen und er war eine der Autoritäten gewesen die mir die ganze Zeit Anweisungen erteilt hatten, so daß mich das zumindest nicht noch mehr durcheinanderbrachte. Trotzdem brachte ich einige Ereignisse durcheinander und mußte mich selbst wieder korrigieren. Als sie mich endlich gehen ließen, kam ich mir wie der größte Idiot aller Zeiten vor.

Es gab natürlich weiterhin Wachen und Ehon erklärte mir bei der nächsten, da er den Dämonenkäfig nicht verlassen dürfe, hätte er ja Zeit mir Dinge zu erklären. Ob ich Fragen hätte.

Ich hatte auch in dieser Wache das Gefühl, mich durchgehend wie ein Idiot zu benehmen, auch wenn Ehon mir sagte, daß es völlig normal ist, daß man sich konfus benimmt, wenn einem so etwas Unerwartetes begegnet, besonders wenn es offensichtlich harmlos ist und man nicht im Kampfmodus ist.

In den folgenden Tagen wurde mir nach und nach bewußt, in was für einer Situation Ehon eigentlich gewesen war. Er hatte mir erklärt, daß die Art Exorzismus, die bei ihm verwendet worden war, zu schweren Verletzungen der Seele führt, die Seele in winzige Fetzen zerreißt und mir beschrieben, daß das mit üblen Schmerzen verbunden ist - eben als würde man zerrissen. Er hatte selbst nach anderthalb Jahren noch nicht alle Teile der Seele wiedergefunden und die, die er wiedergefunden hatte, waren verletzt. Außerdem war er in diversen Höllen gewesen, von denen er mir einige beschrieb und das war richtig gruselig, viel gruseliger als wenn ich so etwas in einem Buch lese, wo es von Leuten handelt, die ich nicht kenne. Ich dachte mir, wenn ich so etwas erlebt hätte, hätte ich für den Rest meines Lebens Alpträume und Angstzustände. Als er hier erwachte, merkte er, daß das nicht sein eigenes Bett war und da seine letzte irdische Erinnerung von einem Angriff mit einem Exorzismus handelte, hatte er damit gerechnet in Gefangenschaft geraten zu sein und gefoltert zu werden. Er hatte mir gesagt, daß es ihn durchaus beunruhigt hatte, daß er mich nicht kannte, weil ihm der Gedanke gekommen war, daß es ja sein könne, daß das Ordenshaus inzwischen vom Feind erobert wäre. Und in dieser Situation brachte er es fertig, mir ganz gelassen alles zu erklären und sich durch keine meiner konfusen Reaktionen aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen.

Also ehrlich, ich bewundere diesen Mann. Ich hätte das jedenfalls nicht gekonnt!

Kersti

Fortsetzung:
F1654. Khar: Offensichtlich waren mir aber Helfer geschickt worden, die sich auf der Erde, wie sie heute war, auskannten, denn den anderen war das nicht aufgefallen