F1737.

Wir hatten von ganz oben die Anweisung bekommen, daß wir ein Auge auf die XZB12-Kriegssklaven haben sollten, denn der Befehlshaber würde es nicht gut aufnehmen, wenn einem XZB12 etwas passiert

Vorgeschichte: F1736. Treron XZB12-5-13: Ich verstand nicht, warum er das sagte, denn ein XZB12 ist nie Ehrengast

Der Leiter der Polizeidienststelle erzählt:
Wir hatten von ganz oben die Anweisung bekommen, daß wir ein Auge auf die XZB12-Kriegssklaven haben sollten, denn der Befehlshaber der Armee war ein XZB12 und es hieß, er würde das nicht gut aufnehmen, wenn irgendeinem anderen XZB12 etwas passiert.

Wenn sie etwas Verbotenes oder Seltsames tun, sollten wir sie höflich ansprechen und ihnen erklären, was falsch ist und wenn einer von ihnen alleine herumläuft, aufpassen, daß sie sich nicht in Schwierigkeiten bringen. Sie wären es nicht gewöhnt, sich frei in der Gesellschaft zu bewegen und naiv und vertrauensseelig wie kleine Kinder. Wir sollten sie höflich ansprechen und nicht den Eindruck vermitteln, wir wollten unsere Waffen verwenden, weil sie, falls sie sich bedroht fühlen, kurzen Prozeß machen. Es lagen einige Dokumentarfilme bei, sowohl welche die zeigten, daß XZB12s normalerweise mitkommen, wenn man sie freundlich dazu auffordert, als auch welche, die zeigten, daß niemand ihnen kämpferisch gewachsen ist. Diese Filme waren gruselig, denn wenn man sie ansah, verstand man nicht, warum in den Trockenübungen gegen eine zwanzigfache Übermacht immer alle zwanzig XZB12s heile am Ziel ankamen während die Trainingsgegner das nicht schafften - nicht daß ihnen etwas passiert wäre, aber die waren am alle irgendwo angekettet oder eingesperrt. Und dann gab es noch Filme, die zeigten, was Kriminellen passiert war, die versucht hatten, XZB12s zu töten, die meisten hatten es überlebt, das aber nur, weil der jeweilige XZB12 sie einfach nicht ernst genommen hatte.

Als gemeldet wurde, daß in unserem Polizeirevier offensichtlich eine regelrechte Invasion freilaufender XZB12s im Gange war, erhielten wir deshalb die Anweisung, sie in unsere Kantine zu komplimentieren und die als Eisdiele auszugeben, um sie beschäftigt zu halten, bis wir die Vorgesetzten verständigt hatten. Es handelte sich schließlich um so viele XZB12s wie wir Beamte in unserer Polizeidienststelle hatten.

Irgendwie hatten mich die Filme aber nicht darauf vorbereitet, wie es dann wirklich wurde. Ich ritt auf meinem Dienstpferd in die Gegend, wo die ganzen XZB12s auf den Bäumen gesichtet worden waren und wurde dort direkt von einem von ihnen angesprochen, weil ich auf einem Pferd saß. Pferde kannte er nämlich nur von Bildern und wollte sie genauer kennenlernen. Ich meldete daher, daß ich einen hatte und sagte, ich wüßte einen Platz wo es noch mehr Pferde gibt, was ihn schnell dazu bewegte, mitzukommen. Weil er sich offensichtlich mehr damit befassen wollte, zeigte ich ihm wie man ein Pferd striegelt, ließ ihn bei dem Tier kurz allein und sprach das weitere Vorgehen ab - und stellte ein wirklich merkwürdiges Phänomen fest. Wer zu Pferde war oder einen Hund dabei hatte, war von einem XZB12 angesprochen worden, alle anderen waren offensichtlich unattraktiv. Wir hatten die Privatleute, die angesprochen worden waren, gebeten mitzukommen, wenn sie dazu Zeit hatten.

Dann fingen die XZB12s eine politische Diskussion mit uns an, bei der sie lauter Standpunkte vertraten, auf die ein normaler Mensch nie gekommen wäre. Wer fragt schon, warum die Polizei keine Kriege verhindert, wenn unsere Aufgabe ist, zu verhindern, daß Morde geschehen. Da gäbe es doch ganz viele Morde.

Während sie einerseits so naive Ansichten vertraten kramten sie andererseits ein enzyklopädisches Wissen aus ihrem Gedächtnis, das mich fassungslos zurückließ. Jedenfalls brachten sie mich dazu so ungefähr jede Sichtweise in Frage zu stellen, die ich äußerte.

Nach einer Weile kam dann Steffen herein, der herausfinden sollte, wer eigentlich die Vorgesetzten waren, die diese XZB12s verloren hatten, rief mich raus und erklärte mir, daß er nichts herausfinden könnte. Ich überlegte, was ich jetzt machen sollte, ging wieder hinein und fragte den XZB12 an den sich alle wandten, wenn etwas unklar war, wer eigentlich sein Vorgesetzer war.
"Mein Vorgesetzter? Da gibt es hier in diesem Sternensystem nur einen und das ist der König." antwortete der XZB12 und lehnte sich grinsend zurück.
Ich fragte mich, was er damit sagen wollte, glücklicherweise fuhr er fort, ehe meine Sprachlosigkeit peinlich wurde.
"Wenn sie allerdings einen Freigeborenen suchen, der ihnen die Situation erklären kann, dann sollten sie sich eher an Dira von Leuenhorst wenden und sie fragen, was wir hier machen."
"Tatsächlich ist es eine kleine Feldstudie, denn ich hatte eine kleine Diskussion mit Treron XZB12-5-13, der wie sie sicher wissen, der Oberbefehlshaber der hiesigen Armee ist. Sie wissen wahrscheinlich nicht, daß auf das Schiff, das die Kriegssklaven hauptsächlich zu den Schlachten transportiert hat, immer diejenigen Offiziere strafversetzt worden waren, die es sich mit ihren Vorgesetzten so richtig verdorben haben. Das waren einerseits adelige Kriminelle und andererseits Leute, die ihren Vorgesetzten unbequem geworden sind, weil sie zu kompetent sind. Wie sich vorstellen können, bekommt man ein ziemlich schiefes Bild von der Gesellschaft, wenn man sein Leben lang nicht aus einem solchen Umfeld rauskommt und ich dachte mir, es wäre an der Zeit dieses Bild von der Menschheit zu korrigieren. Dummerweise habe ich nicht bedacht, daß Dira, wenn sie auf dem gesamten Planeten Ausflüge für unerfahrene Kriesgssklaven organisiert, auch sicherstellt, daß denen, die eventuell unterwegs verloren gehen, nichts passiert, indem sie dafür sorgt, daß die Polizei die richtigen Anweisungen bekommt, um sie ohne Zwischenfälle wieder einzusammeln. Und in die scheinen wir ja gerade reingeraten zu sein."
Ich war zuerst furchtbar erschrocken, daß ich es offensichtlich mit beinahe dem höchsten Befehlshaber zu tun bekommen hatte, den die Feinde, die uns erobert hatten, hatten, dann erst fiel mir auf, daß sie gar nicht wütend waren. Sie wirkten nur milde belustigt.
"Sie müssen sich keine Sorgen machen, daß wir ihnen böse sein könnten. Wir haben uns als einfache Kriegssklaven verkleidet, um nicht als Prominente aufzufallen, daher haben sie uns logischerweise vorgeführt, wie sie unsere jüngeren Brüder zu behandeln gedenken und das gefällt uns weitgehend. Die meisten jungen Leute, die ihre Gruppe verloren haben, wären wahrscheinlich froh, wenn sie jemand anspricht und ihre Vorgesetzten verständigt. Sie sollten das aber nicht geheimhalten sondern die jungen Leute einfach fragen, ob sie ihre Gruppe verloren haben, denn normalerweise versuchen wir nicht wegzulaufen und wenn doch, hätten sie genau mich verständigen wollen, warum sie das getan haben, weil wir unsere jungen Leute auch gegen Übergriffe von Vorgesetzten schützen. Wenn ihnen dann jemand sagt, daß er kein Problem hat, dann gibt es kein Problem." erklärte er.
"Versucht denn nie jemand zu desertieren?"
"Nein. Zumindest bin ich nie auf den Gedanken gekommen." antwortete er und fragte, ob er recht mit der Annahme hätte, daß die Zivilisten, die hier anwesend wären sowieso aus Neugier da wären und daß bei der Polizei ebenfalls Bedarf bestünde, mehr darüber zu erfahren, wie XZB12s aufwachsen, in dem Fall hätte er nämlich gerne einen Internetanschluß, um entsprechendes Lehrmaterial übers Netz abrufen zu können und einen Bildschirm, mit dem er die Bilder so anzeigen kann, daß alle sie sehen können.

Kersti

Fortsetzung:
F1738. Der Leiter der Polizeidienststelle: Ich fragte mich, wie Menschen, die wie Schlachttiere in Ställen gehalten und denen Bildung vorenthalten wurde, lernen konnten, eine so weitsichtige Politik zu machen

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben