erste Version: 5/2020
letzte Bearbeitung: 6/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Verhandlungen mit Glühwürmchen

F1757.

Es hatten sich ziemlich viele gemeldet, die mit zu der Welt ohne Sklaverei fliegen wollten, aber es konnte natürlich nicht jeder mitfliegen

Vorgeschichte: F1707. Theorn Tiger: Wir hatten uns geeinigt, daß wir so nicht weitermachen konnten, da der König offensichlich ein klareres Signal brauchte, um zu begreifen, daß es Dinge gibt, die ein König nicht von seinen Verbündeten verlangen darf

Silas LZB27-33-15 erzählt:
Es hatten sich ziemlich viele gemeldet, die mit zu der Welt ohne Sklaverei fliegen wollten, aber es konnte natürlich nicht jeder mitfliegen. Daher war ich froh, daß ich ausgewählt wurde und freute mich noch mehr, daß die Menschen auf diesem Schiff so viel mit uns reden wollten. Aber ich glaube, sie haben einiges in den falschen Hals bekommen und es war kaum möglich, ihnen das richtig zu erklären. Beispielsweise hatten sie Vorstellungen von Gerechtigkeit, die ich durchaus richtig fand. Was sie aber nicht begriffen war, daß man sie nicht beliebig schnell einführen konnte. Seit uns klar geworden war, daß Tharr wirklich etwas ändern will, hatte ich mir Überwachungsfilme angesehen, in denen er vorkam, wie wir alle das gerne tun. Ich fragte mich, ob Tharr wußte, wie gründlich jeder Handgriff von ihm überwacht wurde, aber ich nehme an, daß ihm das schon klar war und daß er sich darum keine Sorgen machte, weil er wußte, daß wir ihn mögen.

Da ich ihn so viel überwacht habe, weiß ich ganz genau, daß er viel ungeduldiger wegen der Reformen ist als wir und daß ihm das alles gar nicht schnell genug geht. Wahrscheinlich lag es daran, daß er wo aufgewachsen ist, wo es schon lange etwas gerechter zugegangen ist, während wir die positiven Veränderungen, die er so schnell eingeführt hatte, immer noch nicht so ganz glauben konnten. Jedenfalls war er ganz bestimmt kein Bremser bei den Reformen und hatte da viel weniger Geduld als wir. Gleichzeitig muß man aber auch Geduld haben, denn wenn man zu schnell macht, kommen die Freigeborenen nicht mehr mit. Sie sind ja sowieso etwas dumm und haben deshalb immer Probleme, alles zu verstehen und wenn sich immer plötzlich alles ändert, bauen sie irgendwann nur noch Mist.

Bei denen, die sowieso nur Mist gebaut haben, kann uns das natürlich egal sein, die sperrt Tharr ein und dann hat man seine Ruhe. Aber es gab auch einige, die richtig gearbeitet haben und die darf man nicht völlig überfordern. Also muß man sich daran anpassen, mit was die so klarkommen. Die die richtig gearbeitet haben, waren ja prinzipiell froh, daß alle jetzt in Ruhe arbeiten können. Sie können nur nicht beliebig schnell dazulernen und das verstehen Diras Leute einfach nicht, selbst wenn man es ihnen erklärt.

Da wir im Schiff nicht viel zu tun hatten, brachten wir jedem, der etwas technisches dazulernen wollte, so viel bei, wie er lernen konnte und Dira war da wirklich fleißig. Sie hatte natürlich seit sie ein Kind war bei Sitar LZB2-37-10 gelernt und das verschaffte ihr eine andere Grundlage als den meisten ihrer erwachsenen Kollegen, aber sie war wirklich ein bißchen wie ein echter Techniker.

Außerdem mußten wir natürlich auch Torin LZB99-1102-2 unterrichten, den Tharr mitgeschickt hatte, weil er sich mit Dira von Leuenhorst, der Prinzessin, angefreundet hatte. Torin ging eigentlich noch aufs Gymnasium und war - so weit mir bekannt war - als Gehirnschiff vorgesehen. Ich weiß nicht wirklich, warum das so ist, aber gerade die besonders Begabten mit dieser neuen Mutation, die zu diesen großen Köpfen führt, finden die Idee, Gehirnschiff zu werden, toll und seit sie das auch mit unserer Zuchtlinie machen, arbeiten sie darauf hin, Gehirnschiffe zu werden, zumindest die meisten von ihnen.

Dira ist die Vorstellung wie den meisten Freigeborenen unheimlich, dabei hat sie sich ganz ungezwungen mit Gendis vom Tal unterhalten, als sie das Stationsgehirn angesprochen hat, deshalb denke ich schon, daß sie damit zurechtkommen wird, wenn Torin sie irgendwann als ihr Schiff begrüßt.

Ich muß sagen, mir ist die Idee auch etwas unheimlich, aber ich bin ja normal als Techniker operiert worden, kurz bevor sie mich hierher geschickt haben und so schmerzhaft diese Operationen waren, so froh bin ich die Implantate zu haben und endlich mein Gehirn voll ausnutzen zu können. Jedes mal, wenn ich mich in das Netz eines Schiffes, einer Station oder eines Planeten einstöpsele, habe ich gleich das Gefühl, die Welt wird größer und interessanter. Man kann viel mehr Bücher gleichzeitig lesen, sich mit diversen Personen nebenher unterhalten und sich über die Überwachungkameras umschauen. Na ja und wenn man bedenkt, wie giftig das Zeug ist, dann muß das normalen Menschen sehr komisch vorkommen.

Aber vielleicht haben ja die neuen Experimente Erfolg und denen die nach uns kommen, bleibt der Preis erspart, genau wie es mir viel besser ergangen ist, als denen die nur zehn Jahre früher zur Welt gekommen sind. Und die die jetzt kurz vom sterben sind, hatten die reinste Hölle als sie die Schule besucht haben. Ich frage mich, ob mich mein großer Bruder noch wiedererkennt, wenn er mich sieht.

Jedenfalls haben wir das Schiff mit den mitgenommenen Materialien deutlich modernisiert, irgendetwas mußten wir schließlich unterwegs tun.

Kersti

Fortsetzung:
F1758. Dira von Leuenhorst: Auf der Fahrt merkte ich, daß die Techniker alle ein bißchen komisch sind

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben