erste Version: 10/2019
letzte Bearbeitung: 6/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Verhandlungen mit Glühwürmchen

F1770.

Für mich war der größte Neubau vorgesehen, den die Glühwürmchen gebaut haben

Vorgeschichte: F1452. Dira von Leuenhorst: "Es ist alles dermaßen ruhig und höflich zugegangen, da konnte man überhaupt nicht ernsthaft an Aufstand denken." meinte einer meiner Offiziere

Dira von Leuenhorst erzählt:
Ich wurde wieder befördert, wie ich von Darion erfuhr, sobald wir das System erreichten, in dem der König, Turin vom hohen Licht seinen Regierungssitz hatte. Er hatte, wie schon seit Beginn der Fahrt, jede Nachricht erhalten, lange bevor sie offitziell an mich geschickt wurde. Der König hatte die vollständigen Versetzungslisten bereits fertig auf seinem Privatcomputer und sein Sekretär sollte sie uns zuschicken, sobald wir da sind. Für den Sekretär hieß das irgendwann in den nächsten 24 Stunden. Der Palasttechniker hatte dafür gesorgt, daß die für dieses Schiff bestimmten Nachrichten für Zuchtmenschen an das Schiff gefunkt wurden, sobald wir nahe der Wachboje in den Normalraum eintraten. Insgesamt waren die Zuchtmenschen dadurch meist ungefähr 24 Stunden bevor die offizielle Post kam, informiert, samt dem umfangreichen Hintergrundmaterial was sie mir dazu immer vorlegten. Darion bestand darauf, die geplante Mannschaft mit mir durchzusprechen, beginnend mit den schlimmsten Problemfällen. Dabei gab es auch eine richtig gute Nachricht, denn unter den Offizieren gab es viele XZB12-Zuchtkrieger. Wenn die sich um meine Bodenkämpfer kümmern, kann man sich darauf verlassen, daß sie jeden lebend wieder mit hochbringen, wo das menschenmöglich ist.

Der König begründete meine Bevörderung damit, daß ich die einzige Freigeborene gewesen sei, die gesehen hätte, was die angemessenen Befehle seien und damit vielen Menschen das Leben gerettet hätte, obwohl die anderen ja ihr Bestes getan hätten, um mich zu sabotieren.

Für mich war der größte Neubau vorgesehen, den die Glühwürmchen gebaut haben. Ich mußte wirklich aufpassen daß mir dieses Wort nicht an unpassender Stelle rausrutscht. Wenn die Mannschaften sich ein wenig necken, indem sie solche Worte benutzen, mochte das ja noch angehen. Aber dem König gegenüber konnte ich das unmöglich bringen. Daneben hegte ich den Verdacht, daß sie mich bestimmt nicht wegen meiner Leistungen auf den Rang befördert hatten, den sie mir zugedacht hatten. Gut, da alle mich unbedingt fortbilden wollen, war ich besser ausgebildet als die meisten Offiziere in meinem Alter, aber ich war einfach zu jung für meinen Rang, da können sie erzählen was sie wollen. Darion XZB12-13-23 mein erster Offizier, der als ich ihn kennengelernt hatte, noch ein Sklave gewesen war, hatte auf dem vorhergehenden Schiff darauf bestanden, daß ich so viele Gefechtssimulationen mache, wie die Zeit erlaubt und da ich den Sinn eingesehen habe, habe ich das auch gemacht. Ich fragte mich nur, ob alle Übung der Welt so viel Unerfahrenheit ausgleichen konnte, wie ich sie mitbrachte. Wenn ich allerdings den immer freundlichen und höflichen Darion ansehe, komme ich mir nicht nur wie eine blutige Anfängerin vor, sondern darüber hinaus auch noch, als wäre ich völlig unfähig. Er benimmt sich dann auch, als wäre er mein Papa und ich sein Lieblingskindergartenkind. Und das war natürlich der Spitzname, den sich Tharr, der Leiter der Zuchtstation, bei seinen Zuchtmenschen eingefangen hatte: Trerons Lieblingskindergartenkind.

Dann wollte der König wieder persönlich mit mir sprechen und fragte mich, ob ich mir vorstellen könne, daß die überschüssigen Offiziere, die die Zuchtmenschen hätten, Offiziersposten auf meinem Schiff fachlich bewältigen könnten.
"Fachlich sehe ich da überhaupt kein Problem. Ich habe die Verletzten, die bei mir auf dem Schiff zu Gast waren, gegen meine eigenen jungen Offiziere antreten lassen und jeder von ihnen war sowohl in der Lage gegen eine vollständige Brückenbesatzung alleine erfolgreich anzutreten als auch jeden Posten auf der Brücke besser auszufüllen, als jeder von meinen Offizieren das konnte." antwortete ich.
"Wie lange brauchten sie, um das zu lernen?" fragte er.
"Sie haben das bereits beherrscht, als sie auf mein Schiff kamen und es waren in der Mehrheit Mannschaftsdienstgrade auf ihrem ersten Auftrag. Sie hatten das heimlich auf den Schiffssystemen geübt." antwortete ich.
"Das heißt dann gibt es da gar keine Probleme." stellte er erfreut fest.
"Zwischenmenschlich wird es haken." widersprach ich.
Der König sagte etwas unwirsches vom Typ, daß wenn er das Befehlen würde, dann hätten die Leute zu gehorchen.
Ich zählte ihm diverse Beispiele auf, an denen man klar erkennen konnte, daß es in seiner Armee nun wirklich an allen Ecken zwischenmenschlich so sehr hakte, daß fast gar nichts richtig funktionierte. Man sollte meinen, daß jede anständige Armee zumindest wenn sie Zeit und Ruhe hat, ihre Verletzten einsammelt. Das taten sie aber nicht nur bei den Zuchtmenschen nicht, sie ließen auch Freigeborene, die zu schwach waren, um noch um Hilfe zu rufen, auf dem Schlachtfeld liegen. Die einzigen die, wenn man sie ließ, so sorgfältig waren wie meine eigenen Leute, waren die Zuchtmenschen. Es gab Offiziere, die nicht wie befohlen zusammenarbeiteten, weil sie einander persönlich nicht ausstehen konnten. Ein kluger Offizier setzt natürlich nach Möglichkeit Leute gemeinsam ein, die einander verstehen, weil die Arbeitsergebnisse dann immer etwas besser sind, als wenn es zwischenmenschlich nicht so klappt. Aber wenn sich zwei Offiziere, wenn sie zusammenarbeiten müssen, gegenseitig auf Kosten der gesamten Armee in Probleme bringen, dann geht das zu weit und ich hatte mehrere solche Fälle beobachtet und konnte sie schildern.
Er fragte, ob ich mir denn nicht zutrauen würde, diese Probleme in den Griff zu bekommen.
"Doch das traue ich mir zu. Sie sollten sich nur nicht einbilden, daß das keine Probleme wären oder daß drei Befehle reichen würden, um sie zu lösen." gab ich zurück.

Dann nannte er mir den Namen meines Schiffes und ich war schockiert. Es war Torin LZB99-1102-2, der Junge mit dem auffallend großen Kopf. Ich wagte nicht, darüber mit dem König zu reden, der bestimmt wieder gar nicht verstehen würde, was ich daran schlimm finde.

Stattdessen fragte ich Darion, sobald wir wieder allein waren, was ich denn machen sollte.
"Ich verstehe, was dir Sorgen macht, denn ich fände es genau wie du furchtbar ein Gehirnschiff zu sein. Aber die Techniker sind da anders. Wenn du sie fragst ist das Klasse und das fliegen ein einziges Vergnügen."
"Das kann ich mir gar nicht vorstellen! Die Operationen sollen doch so furchtbar sein." antwortete ich.
"Sag ihm einfach normal guten Tag und frag ihn, wie es ist, ein Gehirnschiff zu sein. Das ist in keinem Fall ein Fehler und er wird dir dann schon erzählen, wie es ihm damit geht." antwortete Darion.
Der Gedanke erleichterte mich, denn er hatte recht. Wenn man so etwas fragt, dann kann der andere einem erzählen wie furchtbar alles ist oder wie klasse alles ist und die Frage war immer richtig. Ich war erleichtert und bedankte mich für den Rat. Darion ist wirklich so - er weiß immer einen Rat.

Kersti

Fortsetzung:
F1778. Dira von Leuenhorst: Darion fragte, wann Sitar operiert worden war und sagte dann, daß ich ihn als erstes besuchen sollte, denn Sitar würde im Sterben liegen

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben