erste Version: 7/2020
letzte Bearbeitung: 7/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Turin vom hohen Licht

F1801.

Ich bekam im Studentenwohnheim für Adelige grob eine Woche Frühstück, dann schmeckte etwas so komisch, daß ich es im Labor überprüfen ließ und erfuhr, daß es vergiftet war

Vorgeschichte: F1800. Turin vom hohen Licht: Mein Kindermädchen sagte, daß ich schuld war, daß meine Mutter, die Königin, tot war

Turin vom hohen Licht erzählt:
Als ich zehn war, verließ Tharr den Palast, um zu studieren. Er kam danach zwar immer wieder zu Besuch, aber er war natürlich nicht mehr Anführer unserer Kinderspiele und ich stellte fest, daß ich mich selbst durchsetzen mußte, wenn ich nicht ausgegrenzt oder gehauen werden wollte. Ich tat mich mit einigen etwa Gleichaltrigen zusammen und wir gründeten unser eigenes Spielreich.

Allerdings hatte ich auch zunehmend weniger Zeit zum spielen, weil die Schule mehr Zeit in Anspruch nahm und ich mich langsam ernsthafter auf das Studium vorbereiten mußte. Sim vom Licht, der Sicherheitschef meines Vaters und ein Onkel von mir, weil er ein illefgitimer Halbbruder meines Vaters war, war der Erwachsene an den ich mich um Rat oder Hilfe wandte wenn ich ein Problem hatte und er sagte immer, daß ich fleißig in der Schule sein mußte, weil man das Wissen braucht, um in der Politik nicht unterzugehen.

Ich stellte in dieser Zeit auch zunehmend fest, daß das Sternenreich draußen ein bedrückender Ort sein mußte, denn meine älteren Freunde gingen nach und nach zum Studium und ich erfuhr: An der Universität geht es noch, aber in der Armee gibt es lauter Kriminelle Adelige.

Und dann bekam ich es mit der Angst, denn in der Armee wird man ermordet. In den Todesnachrichten stand immer was von Unfall aber meine älteren Brüder sagten, daß das keine Unfälle sind sondern Morde und sie hatten Angst zurückzukehren, wenn sie wieder in den Krieg mußten.

Ich war siebzehn, als ich zur Universität geschickt wurde und im selben Jahr gingen einige meiner gleichaltrigen Freunde auch dorthin. Sie lebten in einem Wohnheim, das mein Vater für Studenten zur Verfügung stellte, die ihr Studium nicht selbst bezahlen konnten, sondern sich durch gute Leistungen in Staatlichen Schulen oder staatlichen Prüfungen ein Stipendium verdient hatten. Ich lebte in einem anderen Wohnheim, das viel luxuriöser ausgestattet war, beginnend damit, daß jeder Student eine ganze Wohnung für sich hatte und daß Sklaven die Räume putzten, Frühstück und Bücher ins Zimmer brachten.

Es dauerte nicht lange, bis ich entschied, daß Bedienstete meine Wohnung nur in meiner Gegenwart betreten dürfen. Das lag daran, daß ich irgendwann beinahe eine Ladung Pflastersteine auf den Kopf bekommen hätte, die über der Tür drapiert gewesen war. Ich bekam dort grob eine Woche Frühstück, dann schmeckte etwas so komisch, daß ich es im Labor überprüfen ließ und erfuhr, daß es vergiftet war. Ich hatte Glück gehabt, daß ich vorsichtig genug gewesen war, alles wieder auszuspucken und mir den Mund auszuspülen, sonst wäre ich noch am selben Tag tot gewesen. Danach fragte ich Simon vom Licht, einen meiner illegitimen Halbbrüder, ob das im Wohnheim auch so wäre und da war so etwas nie vorgekommen, während man im Wohnheim der Adeligen ständig so etwas hörte. Ich ging also ins Stipendiatswohnheim frühstücken, weil mir das sicherer erschien. Überhaupt sah ich zu, daß ich möglichst bei Simon und seinen Freunden war, weil ich dann nicht ganz alleine aufpassen mußte, damit mir niemand ein Messer in den Rücken sticht. Und außerdem waren die sowieso netter als die meisten Adeligen und sie verstanden auch, was an der Uni unterrichtet wurde, so daß es viel mehr brachte, mit ihnen zusammen die Hausarbeiten zu machen.

Ich war sehr froh, daß meine Studentenwohnung im Erdgeschoß lag und einen ummauerten Garten hatte, mit einem Ausgang direkt vor einer Tür des Stipendiatswohnheimes. Dann mußte ich mich nicht so lange an gefährlichen Orten aufhalten.

Einer der adeligen Studenten sprach mich an und fragte ob ich auch ein Stipendiant wäre, oder warum ich bei den Hungerleidern essen würde. Ehrlich gesagt ärgerte mich der Spruch, von einem Student, der offensichtlich noch nicht begriffen hatte, daß das Studieren dem lernen dient und nicht etwa dem Zweck, sich gegenseitig zu tyrannisieren. Ich drehte mich zu ihm um, sah ihn an und sagte:
"Das Gebäude, wo ich esse ist der Palast, den mein Vater für die intelligenten, fleißigen und kompetenten Studenten erbaut hat. Daher gehört er auch mir. Und das essen ist dort auch durchaus reichlich und gesund, was man über die andere Küche nicht unbedingt sagen kann, wie ich feststellen mußte. Das Ding da" - ich zeigte auf die Wohnheime der Adeligen - "ist das Haus für die kriminellen Adeligen, die Unfähigen und die Selbstgerechten, zu denen ich mich nicht rechnen will."
Simon und seine Freunde lachten und stimmten mir zu, daß die Gesellschaft in den Stipendiatswohnheimen die weitaus bessere wäre.

Es gab natürlich auch bescheidenere Wohnheime für Angehörige des niederen Adels und wohlhabende Bürgerliche und auch nicht jedes Mitglied des Hochadels war unfähig oder kriminell. Jedoch waren die Anständigen sowieso schon auf denselben Gedanken gekommen wie ich oder lebten sowieso in bescheideneren Unterkünften.

Meine Entscheidung, mich so viel wie möglich in den Stipendiatswohnheimen aufzuhalten, erwies sich als gut. Ich schloß dort diverse Freundschaften, die mir später im Leben weitergeholfen haben und so lange ich dort war, hat niemand versucht, mich zu ermorden. Außerdem warfen meine Freunde immer auch einen Blick auf meinen Sitz im Vorlesungssaal, ob ich irgendwelche Fallen übersehen habe. Ich war nicht der einzige Adelige, der seine Hausaufgaben lieber in den Arbeitsräumen der Stipendiaten machte, doch im Gegensatz zu mir mußten die anderen die Malzeiten bezahlen. Andererseits kann man ja auch nicht behaupten, daß mein Vater meine Malzeiten dort nicht bezahlt hätte. Das Heim erhielt eine beträchtliche Sondervergütung mit der Maßgabe, damit die elektronischen Anlagen des Heimes zu modernisieren, als ich meinem Vater schrieb, daß ich lieber dort esse und arbeite.

Nach Abschluß des Studiums wurde ich, wie alle, die ihren Abschluß erfolgreich gemacht hatten, als sehr untergeordneter Offizier auf eines der Kriegesschiffe unseres Reiches versetzt. Allerdings war ich überhaupt nicht damit einverstanden, wer alles seinen Abschluß bekommen hatte. Bei den Stipendiaten war alles so wie es sich gehört, beim niederen Adel auch. Beim Hochadel, also denen, dere Familie mindestens ein Kriegsschiff finanzierte, war das nicht der Fall - wenn sie im Studium nichts gelernt hatten, bekamen sie trotzdem eine ausreichende Note und wurden als Offiziere auf eines der Kriegsschiffe versetzt. Ich hatte mich bei Sim darüber beschwert, doch er hatte mir zurückgeschrieben, etwas anderes ließe sich politisch nicht durchsetzen, daher bekäme ich auch bessere Noten wie alle Mitglieder des Hochadels. Ich solle mir deshalb aber nicht einbilden, daß lernen unnötig wäre.

Daß es nicht unnötig war, war mir schon klar, deshalb hatte ich mich ja so darüber aufgeregt. Unfähige Idioten nehmen auf den Schiffen nur Platz weg. Die braucht da keiner.

Kersti

Fortsetzung:
F1802. Turin vom hohen Licht: Daraufhin erzählte Diro mir, was er von den Offizieren hielt, die er so kannte und das war ganz schön kraus

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben