erste Version: 9/2020
letzte Bearbeitung: 9/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Verhandlungen mit Glühwürmchen

F1820.

"Wenn du an meiner Stelle wärest, was würdest du denn dann machen?" fragte Tharr vom Licht

Vorgeschichte: F1742. Tharr vom Licht: Mir war eingefallen, wie ich bewirken konnte, daß pflichtvergessene Kapitäne sich nicht über XZB12-Kindermädchen beschweren können und die Offiziere des Löwenreiches mit Leibwächtern versehen sind, ohne ihnen das zu verraten
F1779. Dira von Leuenhorst: "Aber dann kam so ein Idiot mit einer Stachelstange an, hat den Tiger erschreckt und dann hat er gebissen."

Dira von Leuenhorst erzählt:
Bevor ich mein neues Schiff endgültig bekam, wurde ich zu Tharr vom Licht bestellt, der der Befehlshaber der Zuchtstation war, weil er ein Halbbruder des Königs war. Mich verärgerte, daß er mich begrüßte, als wäre ich etwas ganz besonderes während er meinen ausgesprochen kompetenden Stellvertreter wie Luft behandelte.
"Ich verstehe einfach nicht, warum Darion Tharr mag! Das ist doch ein richtig arroganter Mistkerl!" dachte ich mir noch.
Jedenfalls war ich plötzlich nicht mehr bereit, ihm dieses respektlose Verhalten durchgehen zu lassen und sagte auch etwas entsprechendes. Nur habe ich dabei ziemlich die Beherrschung verloren, so wie das einem Diplomaten wirklich nie passieren darf. Ich habe tatsächlich bestimmt zwei Stunden lang nur über diese furchtbare Kultur geschimpft und konnte überhaupt nicht wieder damit aufhören. Tharr sah - wie mir nachher bewußt wurde zuerst erstaunt aus, dann hörte er mir einfach nur wortlos und mit einem schicksalergebenen Gesicht zu, bis mir die Luft ausging. Er versuchte nicht, mich zu unterbrechen. Am Ende sagte er nur:
"Du hast recht."
Ich sah ihn verblüfft an, denn das war das letzte, womit ich gerechnet hatte. Darauf wußte ich auch keine Antwort. Bevor das Schweigen endlos lasten konnte, fragte er mich:
"Wenn du an meiner Stelle wärest, was würdest du denn dann machen?"
Darauf wußte ich keine Antwort. Denn um ehrlich zu sein, wir waren selber auf die Hilfe der gezüchteten Techniker angewiesen, hatten nicht nur von ihnen gelernt sondern auch Hilfen angenommen, die sie uns nicht hätten geben können, wenn man die Operationen nicht durchgeführt hätte und ich hatte mir öfter schon gedacht, daß das eigentlich so nicht richtig war.

Tharr sagte zu mir, daß ich ja sicherlich schon gemerkt hätte, daß man wenn man einen XZB12 an der Seite hat, ständig tut, was er sagt, weil er einfach so gute Ratschläge hat. Dazu käme bei ihm, daß er es sich politisch gar nicht leisten könnte, deutlich von dem abzuweichen, was die Zuchtmenschen von ihm wollen, weil sie damals, als wir zu den ersten Verhandlungen aufgekreuzt waren, schon einen Aufstand begonnen hatten, den sie nur deshalb mitten drin abgebrochen haben, weil er dieselben Reformen, die sie mittels dieses Aufstandes durchsetzen wollten, als Befehlhaber eingeführt hatte. Und das hätte daran gelegen, daß er einen von den XZB12s aufgestellten Plan umgesetzt hätte.
"Hast du wirklich solche Angst vor uns?" fragte Darion.
"Oh nein. Ich weiß, daß kein Grund zur Angst besteht. Schließlich sind wir uns sehr einig, wie wir die Welt gerne verändern wollen. Allerdings frage ich mich immer wieder, ob wir vielleicht nur deshalb weniger Gutes tun, als wir könnten, weil wir uns etwas noch Besseres nicht vorstellen können." antwortete Tharr.
"Das ist so. Ich habe immer wieder, wenn ich Jahre später über eine frühere Entscheidung nachdenke, gedacht, wenn ich damals schon das gewußt hätte, was ich heute weiß, dann hätte ich das ganz anders gemacht. Und dann wäre es allen viel besser gegangen." antwortete der XZB12 bei Tharr. Laut seinem Namensschildchen hieß er Thimar XZB12-20-50.
Der Techniker, der bei Tharr war - es war nicht Seman, der sonst immer bei Tharr war - stimmte dem zu.

"Wo ist Seman LZB7-200-30?" fragte ich und zu meinem Erstaunen brach Tharr dann einfach in Tränen aus. Ich fragte mich, was ich jetzt schon wieder falsch gemacht hatte. Thimar wollte mich wahrscheinlich nur beruhigen, aber als er erklärte, daß der liebe Techniker genauso krank war wie Sitar, mußte ich auch weinen und Darion erklärte Tharr, daß das wegen Sitar war.

Wir haben uns danach so unterhalten, wie wir vorher nie miteinander geredet hatten und Tharr erklärte mir, daß er sich oft wie ein Monster vorkam, weil er die Zuchtstation leitete und deshalb die letztendliche Verantwortung dafür hatte, daß diese grausamen Operationen durchgeführt werden.

Ich sandte mit seinem Einverständnis den Überwachungsfilm von unserem Gespräch an meine Mutter, obwohl mir das eigentlich sehr peinlich war, weil ich so die Beherrschung verloren hatte. Wir schrieben jeder ein paar Sätze, warum sie sich das ansehen sollte.

Tharr schrieb ausdrücklich dazu, daß er dankbar für jeden umsetzbaren Vorschlag wäre, der das Leben der Sklaven verbessern würde, schließlich sei er selber als Sklave aufgewachsen.

Ich war dann baß erstaunt, weil ich nicht damit gerechnet hatte, daß das für ihn so wichtig war. Ich fragte ihn danach und stellte im weiteren Gespräch fest, daß er nicht wie ein Prinz aufgewachsen war. Den Sklaven im Königspalast ging es zwar weitaus besser als es Sitar als Kind ergangen war, aber trotz seines Namens, der ihn als Halbbruder des jetzigen Königs ausgewiesen hatte, hatte er seinen Vater nicht gekannt, sondern war nur einer von sehr vielen Sklaven im Palast gewesen. Aus dieser untergeordneten Position hatte er sich hochgearbeitet, zunächst indem er sehr fleißig in der Schule gewesen war und deshalb ein Stipendium bekommen hatte. Danach hatte er als Offizier auf Kriegsschiffen gedient und hatte sich nach einer Strafversetzung auf die Thorion, die wegen einem ihm untergeschobenen Verbrechen entstanden war, hatte er sich letztlich durch gute Leistungen so hervorgetan, daß er zunächst in der Palastwache und dann hier die Leitung innehatte.

Wirklich bewußt kennengelernt hatte Tharr den jetzigen König erst, als er als Sicherheitschef des Palastes den Prinz, der jetzt König ist, und seinen Freund Diro in ihren zukünftigen Pflichten unterrichten sollte. Der Prinz sei sich Tharrs aber früher schon bewußt gewesen, da Tharr zehn Jahre älter gewesen sei und zwar aufgepaßt hätte, daß den Kleinen, die bei ihm mitspielen, niemand etwas tut, aber sich sonst wenig für sie interessiert hätte. Umgekehrt hätte der Prinz ihn aber viel bewußter wahrgenommen, weil er eben der Anführer der Spiele gewesen sei.

Kersti

Fortsetzung:
F1771. Dira von Leuenhorst: "Wenn man mich jetzt in einen Menschen zurückverwandelte, würde ich das nicht wollen, auch wenn ich immer noch einigem nachtrauere" meinte das Stationsgehirn
F1745. Tharr vom Licht: Es besteht also eine gewisse Chance, daß ich mir bald nicht mehr wie ein Monster vorkommen werde

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben