erste Version: 1/2021
letzte Bearbeitung: 1/2021

Ägyptische Priesterleben: Ägyptische Priesterleben - Das Recht auf eigene Gefühle

F1982.

Wenn Ern mit ihnen redete, konnte man die Novizen beinahe bemitleiden

Vorgeschichte: F909. Kersti: Ich wollte vor allen Dingen Frieden im Tempel und zwar den inneren Frieden jedes einzelnen Menschen

Miran erzählt:
Ich merkte ziemlich schnell, daß ich, wenn ich mit ihm alleine war, jeden Gedanken, der mir kam, mit Ern besprechen konnte. Das wunderte mich auch nicht weiter, schließlich war er als Sklave aufgewachsen und verstand mich deshalb. Ich brauchte länger, um zu merken, daß ich das auch mit seinem Vorgesetzten durfte, wenn wir unter uns waren, denn der war ein Bruder des Pharaos und nach dem Tod seines Vorgängers der höchste Priester des Tempels.

Ich hätte nie gedacht, daß ich jemals über einen Adeligen denken könnte, daß ich ihn mag, aber diesen Priester lernte ich ziemlich schnell mögen. Auch wenn er einen Haufen seltsamer Ideen hatte. Er erwartete beispielsweise von mir, daß ich mit ihm aussschließlich telepathisch sprach. Andererseits erwartete Ern auch, daß ich mit fast ausschließlich telepathisch spreche und meine Stimme nur benutze, um Erns Worte bei der abendlichen Besprechung an die Novizen weiterzugeben oder Dinge laut zu sagen, die irgendeiner der Sklaven telepathisch nicht ausreichend genau verstanden hatte und die er wissen mußte, um es besser zu lernen. Wenn es nur um ein Nachtischschälchen ging, so hatte Ern mir gesagt, mußte Telepathie oder eine Geste reichen.

Ich muß ehrlich sagen, daß ich die meisten Novizen nicht besonders mochte, weil sie so arrogant und verächtlich mit den Sklaven umgingen. Aber wenn Ern mit ihnen redete, konnte man sie beinahe bemitleiden. Nicht daß er etwas wirklich Schlimmes mit ihnen anstellte, aber er ließ sie mit ihren arroganten Gehabe völlig auflaufen und sie wirkten plötzlich genauso verzweifelt, wie ich mich manchmal gefühlt hatte, bei den Lektionen, die Keon mir bei meiner Ausbildung im Hingabetempel erteilt hatte und ich brachte es einfach nicht fertig, ihnen gegenüber so hart zu sein, wie Ern es war.

Wenn sie sich beschwerten, fragte er manchmal mich, ob man von irgendwem hätte erwarten können, daß er sie Anweisung verstehen, bei den älteren die ich nicht begleiten sollte, sagte er öfter, er hätte sich doch das Wirrwar in ihrem Kopf angesehen, wenn sie wollten, daß man ihnen gibt, was sie wollen, müßten sie ihre Gedanken beherrschen lernen. Nur kann man so etwas nicht innerhalb weniger Tage oder Wochen lernen, daher mußte die Novizen oft mehrere Monate auf Nachtisch verzichten, weil sie es noch nicht geschafft hatten, ihre Gedanken ausreichend zu kontrollieren. Und ich muß sagen, sie gaben sich Mühe. Andererseits braucht man natürlich keinen Nachtisch, ich bekomme schließlich auch keinen.

Wenn sie behaupteten, daß eine solche Gedankenkontrolle unmöglich wäre, erklärte Ern ihnen, daß jeder Sklave in diesem Tempel das beherrscht und sie wollten doch wohl nicht behaupten, daß sie unbegabter wären, als eben diese Sklaven? Einerseits amusierte mich das, andererseits weiß ich natürlich, daß ich mehrere Jahre gebraucht habe, um die Kontrolle meiner Gedanken und Gefühle so gut zu lernen, wie ich sie beherrsche und daß es nicht einfach war.

Was mich allerdings wunderte, war, daß alle Novizen, obwohl einige schon länger als ein Jahr da waren, als Ern sie übernahm, ziemlich auf demselben Stand waren und warum fast alle zusammen mit dem Pharaosöhnchen in einen niederen Priesterrang versetzt wurden. Was war hier eigentlich vorher als Ausbildung durchgegangen? Die Sklaven, die sie bedient hatten, wurden früheren Novizen als persönliche Diener zugeordnet, da sie sich jetzt miteinander verständigen konnten. Nur zwei Sklaven wurden an eine andere Stelle des Tempels versetzt, ebenso viele, wie von den Novizen nicht bestanden hatten.

Kersti

Fortsetzung:
F1983. Kersti: Als ich Keon fragte, ob er mich haßt oder liebt, bekam ich ein Gefühl von Verwirrung zurück und er fragte sich, ob man nicht immer gemischte Gefühle hat

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben