F2075.

Der Arzt war frustriert, als seine Recherchen ins Leere liefen, aber er konnte nichts daran machen, daß Jack laut den Stationsdatenbanken nie existiert hatte

Vorgeschichte: F2033. Jack: Am Himmel erschien ein Licht und ich dachte sofort: "Jetzt kommen sie, um mich zu holen!"

Jender LZB99-950-41 erzählt:
Jack, der neue Sklave war kein typischer Freigeborener. Er wirkte viel wacher als die meisten, sah sich zuerst neugierig um, bevor er Jan Dirkmann fixierte, den Sklaven, der neben der Behandlungsliege stand, um ihm die Fragen zu beantworten. Er wartete auch nicht bis dieser mit seinen Erklärungen begann, sondern fragte sofort, was man mit ihm vorhatte.

Die Erklärung hörte er sich mit einem ruhigen nachdenklichen Gesichtsausdruck an, hatte dazu aber keine weiteren Fragen, sondern versorgte sich mit den Informationen, die man für einen funktionierenden Fluchtplan braucht. "Wie öffnet man Türen?" "Wie orientiert man sich hier?" "Wie kommt man auf die Erde?" und nachdem diese Fragen geklärt waren, sagte er, er wüßte jetzt bescheid, er hätte keine weiteren Fragen. Jan Dirkmann, der ihm die Antworten geben sollte, hatte offensichtlich nicht begriffen, was der gute Mensch vorhatte, denn er ging einfach raus und kehrte zu seiner Arbeit zurück. Ich machte ihn auch nicht darauf aufmerksam, sonst hätte ich mich verraten.

Der Gefangene schnallte sich von der Behandlungsliege los, als hätte ihm zuvor jemand erklärt, wie man das macht. Er ging an die Schublade, in dem seine Sachen für ihn aufbewahrt worden waren und zog sich wieder an, wobei er ein mißmutiges Gesicht zog, als er bemerkte, daß seine Waffe fehlte, aber sehr erfreut war, daß die Brieftasche noch vorhanden war. Das bestätigte mir, daß er auf der Flucht war, denn hier oben würde ihm der Inhalt rein gar nichts bringen. Dann verließ er den Raum, offensichtlich um zunächst etwas Strecke zwischen den Behandlungsraum und seinen Aufenhaltsort zu legen. Er wirkte sehr ziehlstrebig und fokussiert, als hätte er bereits einen Plan für die nächsten zehn Jahre aufgestellt. Als er um einige Ecken gegangen war und etwa hundert Meter zwischen sich und seinen Ausgangspunkt gelegt hatte, hörte er Schritte und versteckte sich vor dem entgegenkommenden Techniker in einem der Seitenräume. Dort sah er den Computer fuhr ihn, wie er es sich hatte erklären lassen, hoch und Sandor, der ihn auch beobachtete, war so unklug, seine Anwesenheit zu verraten, indem er den Computer gleich auf englisch einstellte, obwohl der neue Sklave ja wußte, wie das geht, da er sich das hatte erklären lassen. Ehrlich gesagt, glaube ich, daß Jan durchaus gewußt hatte, warum er diese Fragen gestellt bekam, denn warum sonst hatte er sie so sorgfältig und ausführlich beantwortet, daß er alles bedenkt, woran Anfänger gewöhnlich scheitern, wenn sie das erste mal einen Computer benutzen?

Jack ging jedenfalls sehr professionell vor, als er sich auf dem Lageplan orientierte, den Flugplan aufrief, ihn durchlas und sich zu den Beiboothangars aufmachte, um sich als blinder Passagier in demjenigen Schiff zu verstecken, das den nächsten Flug in sein Heimatland machte. Er wurde dabei nicht entdeckt, wenn man mal davon absieht, daß Sandor vorsorglich die Tür der Passagierkabine schloß und stattdessen den Laderaum öffnete, damit Jack sich an einem Ort versteckt, wo er nicht sofort gefunden wird.

Der Arzt hatte zwei Patienten, die er vor ihm behandeln sollte und war sich zuerst nicht sicher, ob er sich im Raum geirrt hatte, als er sah, daß die Behandlungsliege leer war. Als er Semian fragte wohin der Sklave verschwunden sei, behauptete Semian über den Raumlautsprecher, da sei nie einer gewesen. Ich sah nach und stellte fest, daß er Jacks Daten bereits aus den Aufzeichnungen der Station gelöscht hatte. Ich fragte mich, ob er so etwas öfter tat, sagte aber nichts dazu, denn ich war froh, daß Semian diesen Part übernahm und hartnäckig behauptete, Jack hätte es nie gegeben. Ich bin doch wesentlich angreifbarer als er, wenn es um so etwas geht. Ich kümmerte mich daher um Jan Dirkmann und fragte ihn, ob er jemals etwas von einem Jack gehört hätte. Als er das bejahte erklärte ich ihm, daß er sich da täuschen müsse, der Arzt würde das zwar auch behaupten, aber laut den Stationsaufzeichnungen hätte dieser nie existiert. Plötzlich begann Jan zu grinsen, so daß ich wußte, er hatte verstanden und antwortete, wenn er sich das recht überlegte, könne er sich auch an keinen Jack erinnern. Ähnlich gingen wir auch mit allen anderen Sklaven vor, die Jack gesehen oder seine Daten angeschaut hatten, um sicherzugehen, daß sie nichts Falsches sagten. Jedenfalls war der Arzt ziemlich frustriert, als seine Recherchen dermaßen ins Leere liefen, aber er konnte nichts daran machen, daß Jack nie existiert hatte und immer wieder verschwand, wenn er ihn dort eintrug. Ich konnte halt viel schneller löschen, als er das neu eintragen konnte.

Kersti

Fortsetzung:
F2069. Sandor: Ich weiß nicht, wie er es geschafft hat, aber einer der Menschen, die für die Operation vorgesehen waren, hatte sich befreit

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben