F2412.

Wir hatten dann viel zu erzählen, weil wir zum ersten mal seit Jahren wirklich offen miteinander reden konnten

Vorgeschichte: F2460. Theobald erzählt: Dann beobachtete ich, wie mein Ziehbruder den jungen Mann einem Wesen übergab, das für mich aussah, als wäre es ein Dämon aus der Hölle

Autor: Hans Hermann von Katte erzählt:
In den Briefen hatte ich viel geschrieben, doch bei weitem nicht alles, was ich wußte, denn es gab immer noch Inhalte die heikel waren. Außerdem hatte mein Vater ja nur die ersten beiden Briefe bekommen, die anderen würden über Jahrzehnte hinweg nachkommen, bis es letztlich keine Parallelwelt mehr gibt, in der er noch lebt.

Wir hatten dann viel zu erzählen, weil wir zum ersten mal seit Jahren wirklich offen miteinander reden konnten. Manche Dinge kann ich halt nicht erzählen, wenn Gefahr besteht, daß ungebetene Zuhörer anwesend sind. Andere Dinge kann man auch in Briefen nicht mitteilen, da beispielsweise der König durchaus auf den Gedanken verfallen könnte, eine Hausdurchsuchung zu machen.

Wie bisher jedes mal wenn ich so tiefgreifende Gespräche mit meinem Vater geführt hatte, stellte ich fest, daß ich dadurch zu zu völlig neuen Erkenntnissen kam. Diesmal war ich erstaunt, warum mir noch nicht aufgefallen ist, daß das Verhalten des Königs reine Willkür war, obwohl ich seit inzwischen einigen Jahren erfolglos versucht hatte von seinen Reaktionen auf meine Handlungen auf seine Motivationen zurückzuschließen. Und wenn der Plan gar nicht von meinem Verhalten abhing, mußte diese bösartige Willkür Absicht sein. Ich hatte mich hilflos gefühlt, aber mir war nicht bewußt gewesen, daß er dieses Hilf- und Machtlosigkeitsgefühl absichtlich erzeugt hatte. Das wiederum konnte nur heißen, daß er von mir völlige Unterwerfung wollte und die würde er von mir nicht bekommen. Ich konnte sie ihm nicht einmal vorspielen, denn er verlangte von mir jetzt schon Dinge, in denen ich ihm auf keinen Fall nachgeben würde. Daher machte es auch keinen Sinn ihm in irgendeinem der vielen unwesentlichen Punkte nachzugeben, in denen er mich unter Druck setzte.

Die zweite Erkenntnis läßt sich in einem Satz zusammenfassen, den mein Vater immer wieder wiederholte:
"Du mußt viel vorsichtiger damit sein, was du sagst und tust, sonst verbrennen sie sich noch als Hexer."
Leider war das nicht so einfach wie es klang, denn zum vorsichtig sein fehlte mir das Gefühl dafür, was wie aufgefaßt werden könnte. Das hatte ich irgendwo in den vielen Jahrzehnten, die ich in der Zukunft verbracht hatte, verloren und mußte es neu lernen oder mir wieder vergegenwärtigen. Zumindest war ich bei den Sachen, wo er etwas sagte, überhaupt nicht darauf gekommen, daß sich jemand dabei etwas Seltsames denken könnte.

Nach dem ersten Gespräch nach meiner Rückkehr hatte mein Vater entschieden, daß nur er selbst und ein langjähriger Diener mit mir sprechen dürfe, bis ich mich wieder eingewöhnt hätte. Zuerst begriff ich nicht, warum er das sagte, als mich der Diener jedoch unter vier Augen fragte, ob ich so komisch geworden wäre, weil ich in der Hölle gewesen sei, fragte ich ihn, wie er denn darauf kommt.
"Ich habe da so ein Monster gesehen..."
Eigentlich hatte er die Echse nicht sehen sollen und ich war erst mal sprachlos und suchte nach geeigneten Worten. Dann überlegte ich, daß vielleicht der Vergleich mit Tieren weiterhilft und erklärte zuerst, es wäre wie der Unterschied zwischen Mäusen und Eindechsen, nein eigentlich sind Hühner ein besseres Beispiel, denn Hühner kümmern sich liebevoll um ihre Küken, legen aber Eier wie die Echsenmenschen.
"Sie legen Eier?" fragte er erstaunt.
"Ja sie legen Eier und sie kümmern sich ziemlich lange um ihre Kinder." fuhr ich fort und erzählte:
"Einmal hat mich ein noch ziemlich kleines Kind gefragt, ob ich eine Frau hätte und ob sie denn schon Eier gelegt hätte. Ich habe ihm dann erklärt, daß wir Menschen keine Eier legen, sondern daß die Kinder im Bauch der Mutter heranwachsen. 'Ja kann die Mutter das Kind denn richtig liebhaben, wenn sie vorher kein Ei ausgebrütet hat?' fragte mich das Kind."
Der Mann lachte und fragte mich, wie ich das erklärt habe, weil er sich nun wirklich noch nie Gedanken gemacht hätte, wie eine Mutter ihr Kind lieben lernt, schließlich sei es selbstverständlich, daß eine Mutter ihr Kind liebt.
"Bei den Echsen auch. Aber wenn alles so ein bißchen anders funktioniert aber eigentlich da, wo es wesentlich ist, doch wieder dasselbe ist, dann macht man sich ständig über Sachen Gedanken, über die man sonst nie nachdenkt, weil sie viel zu selbstverständich sind. Offensichtlich weiß Gott unterschiedliche Möglichkeiten wie er das Leben für seine Kinder gut einrichten kann." antwortete ich.

Kersti

Fortsetzung:
F2461. Theobald erzählt: Ich muß mich komisch benommen haben, denn Hans Hermann fragte mich, was los sei und bohrte, bis ich ihm sagte, daß ich dieses Echsenwesen gesehen hatte

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben