F2417.

Das war doch absurd, denn es hieß, daß ich begnadigt würde, sobald der König stirbt

Vorgeschichte: F2416. Kersti: D

Autor: Hans Hermann von Katte erzählt:
Ich weiß nicht, warum sie irgendwann aufhörten, mich zu foltern. Es kam mir zumindest nicht plausibel vor, anzunehmen, ich wüßte nicht viel mehr, als ich gesagt hatte. Gut, daß ich alles über Treppengeländer, das Wetter und das Aussehen einzelner Eichenblätter erzählt haben könnte, was ich je gewußt hatte, konnten sie schon annehmen, aber ganz bestimmt nicht, daß ich ihnen erzählt hätte, was ich so geplant habe, um den König aus dem Weg zu räumen. Ich hatte ihnen schließlich rein gar nichts Neues zu dem Thema gesagt und das hatte doch selbst ihnen auffallen müssen.

Aber sie ließen mich bestimmt eine Woche weitgehend allein in meinem Zimmer und es wurde mir nur täglich ein Eimer Wasser reingestellt und der Nachttopf ausgewechselt. Zu Essen gab es nichts, aber das kannte ich ja schon von früheren Gelegenheiten und ich wußte, daß man daran so schnell nicht stirbt. Immerhin hörten diese nervigen Zitteranfälle auf und ich fühlte mich langsam wieder etwas stabiler.

Ich fragte mich, ob sie glaubten, daß mir das Angst machen würde. Falls ja, hatten sie sich geirrt.

Ich betete ziemlich viel in der Zeit und das stabilisierte mich wieder. Allerdings stellte ich fest, daß nicht nur mein Vater darüber meckern konnte, wenn ich nicht genug bete. Mein Schutzengel konnte das auch. Er sagte mir, daß ich doch wüßte, daß das in so schwierigen Situationen besonders wichtig ist, weil man sonst Gefahr läuft, auf den erdnahen Ebenen verloren zu gehen.
"Erst mal können vor Lachen!" gab ich bissig zurück.
"Na immerhin hast du die Witze noch gehört!" antwortete er und dann mußte ich lachen. Ich dachte an die ganzen absurden Bilder, die immer dazu geführt hatten, daß ich mich während der Foltern in einen regelrechten Lachanfall reingesteigert hatte. Mein Schutzengel ist schon kraß. Er erzählt mir, wenn ich gefoltert werde, Witze, damit ich was zu lachen habe. Und ich mußte sagen, der Trick hatte mir wirklich geholfen.

Dann plötzlich wurde ich abgeholt und es hieß, es sei eine Gerichtsverhandlung. Und diese Gerichtsverhandlung war absurd, denn ich stellte fest, daß mir nicht etwa Hochverrat vorgeworfen wurde, sondern daß ich dem Prinzen angeblich bei der Flucht nach Frankreich hätte helfen wollen und daß ich irgendwelche unbedeutenden Details an ausländische Diplomaten verraten hätte. Ich konnte also ehrlichen Herzens sagen, daß ich darüber aber nun wirklich nichts gewußt hatte. Das allerdings wurde mit Aussagen von diversen unterschiedlichen Zeugen widerlegt, die sich aber durchweg auf "Was könnten wir tun, wenn unser Komplott herauskommt!"-Überlegungen bezogen. Da ich mich nicht verteidigen konnte, indem ich zugab, daß ich einen Putschversuch geplant hatte, hieß das, daß der Richter die Pläne als erwiesene Mitwisserschaft behandelte und mir dafür Lebenslänglich gab.

Ich schüttelte innerlich den Kopf, als sie mich in die Zelle zurückführten. Das war doch absurd, denn es hieß, daß ich begnadigt würde, sobald der König stirbt. Ich fragte mich, was sie sich dabei gedacht hatten.

Während ich weiter darüber nachdachte, begriff ich daß sie die wirklichen Ereignisse verschleiern wollten, um Leute, die was ähnliches versuchen wollten, nicht auch noch zu ermutigen, denn unserem Plan hätte ja nicht viel zu einem Erfolg gefehlt.

Ich fragte mich, was aus dem anderen Plan werden würde, den sie mir gleich mit in die Schuhe schieben wollten.

Kersti

Fortsetzung:
F2420. Der Offizier: Der junge Katte bewahrte Haltung

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben