F2460.

Dann beobachtete ich, wie mein Ziehbruder den jungen Mann einem Wesen übergab, das für mich aussah, als wäre es ein Dämon aus der Hölle

Vorgeschichte: F2459. Hans Hermanns Vater: Die Echse redete nur über interkulturelle Probleme und Anpassungsschwierigkeiten, dabei weiß ich jedenfalls nicht, wie man eine Zeitmaschine baut!

Theobald erzählt:
Seit Hans Hermann geboren war, hatte ich mich ein bißchen gefühlt, als wäre ich Onkel geworden.

Als Kind hatte ich mich immer ein bißchen gewundert, warum der Herr meiner Mutter mich lieber zu haben schien als meine Geschwister, während mein Vater sich weniger für mich zu interessieren schien. Weder war unser Herr jemals unfreundlich zu den anderen Kindern noch mein Vater mir gegenüber, aber ich konnte den Unterschied sehen und wunderte mich. Ich wunderte mich auch, warum nur ich den Privatunterricht der Kinder der herrschaftlichen Familie mitmachte, während meine Geschwister die Dorfschule besuchten und ich ihnen Nachhilfe geben sollte, wenn sie irgendetwas nicht richtig verstanden hatten. Als ich dann auch noch ein Studium bezahlt bekommen sollte, war ich ernsthaft verwundert und fragte den Herrn, warum das so war. Er ging dann mit mir zu meiner Mutter und erzählte mit ihrem Einverständnis, daß ich gar nicht der Sohn meines Vaters sei, sondern daß ein adeliger Gast des Herrn sie gezwungen hätte, mit ihm zu schlafen. Unser Herr war der Ansicht, daß er zwar nichts dagegen hätte tun können, weil er nichts davon gewußt hätte, daß er aber dennoch irgendwie dafür verantwortlich sei und daher dafür sorgen müßte, daß weder meiner Mutter noch dem unschuldigen Kind - so nannte er mich - daraus ein Schaden entsteht. Er hatte deshalb auch dafür gesorgt, daß ich offiziell als ehelicher Sohn meines Ziehvaters anerkannt wurde, obwohl der Herr für mich aufkam und meine Ausbildung finanzierte.

Als Kind und Jugendlicher hatte ich mich benommen und gedacht, wie das Kinder und Jugendliche nun einmal tun, wenn sie sich zuhause sicher und geliebt fühlen, mit all den typischen Streichen, Ungezogenheiten und den kindlichen Versuchen den Erwachsenen zu Weihnachen eine Freude zu machen, aber wie großzügig mein Herr da im Vergleich zu anderen Adeligen gewesen war, wurde mir erst später klar. So manche Bedienstete wurde wegen einem aus einer Vergewaltigung entstandenen Kind mit Schimpf und Schande aus dem Hause gejagt. Mein Herr war nicht einmal mein Vater, aber er hat für mich gesorgt, wie man das von einem Vater erwarten kann.

Da ich ein bißchen wie ein Bruder des heutigen Herrn aufgewachsen war, hatte ich eine enge Beziehung zu ihm und trat als Erwachsener in seinen Dienst. Wegen dieser fast geschwisterlichen Beziehung fühlte ich mich, als sein erster Sohn geboren wurde fast, als wäre ich Onkel geworden. Die Beziehung wurde noch enger, als mein Herr mich für die ersten Jahre auch zum Hauslehrer seines Sohnes bestimmte.

Ich habe geheiratet und eigene Kinder bekommen und das ist natürlich noch etwas ganz anderes, als wenn man sich um fremde Kinder kümmert, dennoch machte ich mir die Sorgen, die sich ein Onkel machen würde, wann immer Hans Hermann ein Problem hatte. Als Kind war das, als er zu seiner Tante geschickt wurde, weil seine Mutter gestorben war. Ich habe ihn beinahe öfter besucht als sein eigener Vater und war sehr froh, daß die Schwester meines Herrn sich wirklich liebevoll um den Jungen kümmerte und froh war, daß ich weiter für ihn da war, wann immer ich dafür Zeit fand.

Als er am Königshof Dienst tat, hatte ich eigentlich gedacht, daß keine Probleme zu erwarten seien und daß er der Familie mit Sicherheit alle Ehre machen würde, doch stattdessen gab es nur Probleme, die mir nicht richtig erklärt wurden, aber die ganz so klangen wie das Problem, was meine Mutter mit dem Adeligen gehabt hatte, der mich gezeugt hatte. Glücklicherweise war bei einem Mann nicht mit ungewollten Schwangerschaften zu rechnen, dachte ich noch, stellte aber fest, daß der König durchaus noch bösartiger sein konnte als mein leiblicher Vater, den ich - nach dem was man so über ihn hört glücklicherweise - nie näher kennengelernt hatte. Als ich hörte, der König hätte Hans Hermann hinrichten lassen, war ich entsetzt und zunächst erleichtert, als es hieß, er würde noch leben. Als ich dann sah, daß er nur noch ein Schatten seiner selbst war, fragte ich mich, ob das besser war.

Dann beobachtete ich, wie mein Ziehbruder den jungen Mann einem Wesen übergab, das für mich aussah, als wäre es ein Dämon aus der Hölle. Wie eine aufrecht gehende Echse und das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen, oder? Ich fürchtete, daß mein Ziehbruder sich auf einen Handel mit dem Teufel eingelassen hätte und daß beide deshalb in die Hölle kommen würden.

Erstaunlicherweise kehrte Hans Hermann zurück und sah aus, als wäre er nie verletzt worden, aber andererseits sagte er so komische Dinge, daß ich mich fragte, ob er wirklich in der Hölle gewesen war.

Kersti

Fortsetzung:
F2412. Hans Hermann von Katte: Wir hatten dann viel zu erzählen, weil wir zum ersten mal seit Jahren wirklich offen miteinander reden konnten

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben