F2462.

Was daran, daß ich die Kinder zu Streichen anstachelte, machte mich zu einem guten Leibwächter für Kinder?

Vorgeschichte: F2463. Alexander Hermann von Wartensleben: Ob der junge Katte noch in der Pubertät war, konnte ich nicht sagen, aber er war in der Diplomatie geschickt und sehr unkonventionell

Autor: Hans Hermann von Katte erzählt:
Die erste Dienstanweisung nach meiner Rückkehr war, daß ich Prinz Friedrich und die Kinder von Staatsgästen auf einem Ausflug bewachen und dabei drei andere Wachen befehligen sollte. Warum ich dafür eingeteilt war, war mir unklar und ich fragte mich, wie ich zu der Ehre kam. Lag es daran, daß ich dem Prinzen so regelmäßig die Waffe aus der Hand schlug, wenn ich mit ihm kämpfen trainierte, daran, daß der König sich schon am Tag meiner Rückkehr eine neue Ohrfeige eingefangen hatte, daran daß ich meine Bekanntschaft mit der Echse damit begonnen hatte, daß ich ihre Papiere kontrolliert hatte oder woran sonst? Ich fragte mich ehrlich, was an den Dingen, mit denen ich mich bisher so hervorgetan hatte, mich ausgerechnet zu einem politisch so heiklen Posten befähigte. Zumindest normale Eltern reagieren ziemlich ärgerlich, wenn man ihren Kindern etwas zuleide tut, so weit mir bekannt ist und ich konnte mir wirklich nicht erklären, wie man von dem allen darauf kommen konnte, mich für einen guten Wächter für Kinder zu halten.

Ich war für die Bewachung der Kinder verantwortlich und Prinz Friedrich freute sich darüber. Ich fragte, wo es denn hingehen sollte und war froh, daß sie sich ein eher ländliches Ziel ausgesucht hatten, bei dem man sich keine Sorgen machen mußte, daß wir zu wenige Wachen sein könnten. Wahrscheinlich hatte der Prinz den Ausflug so angemeldet, daß das von vorneherein klar gewesen war, aber ich erfuhr es erst beim Aufbruch und war erleichtert.

Es war natürlich ein bißchen problematisch, daß wir einerseits den Kindern insofern gehorchen sollten, daß sie durchaus entscheiden durften, wo es hingeht und auch ihre Meinung unterwegs ändern durften, aber wenn ihnen was passiert, bekommt die Wache Ärger. Ehrlich gesagt war ich zwar bereit, mich höflich zu verhalten und vernünftige Befehle zu befolgen, aber wenn die Kinder etwas Unvernünftiges taten oder ungezogen waren, erklärte ich ihnen noch, warum das nicht so geht, aber habe es ihnen schlicht verboten und den Befehl durchgesetzt. Ich verbot ihnen durch einen Fluß zu schwimmen, den meine Familie in demselben Alter für zu gefährlich für ein Kind erachtet hätte, verbot ihnen, mit Steinen nach Bettlern zu werfen und machte Vorschläge, die sicherlich Erwachsene Kindern normalerweise nicht machen, weil sie albern und lustig sind, die aber niemandem schaden und niemanden ernsthaft beleidigen oder erniedrigen.

Jedenfalls wurde ich danach zu einem der königlichen Elternteile zitiert und von diesen gefragt, warum die Kinder nicht über diesen Ausflug reden wollten. Ich war erschrocken über diese Frage. Das war ja wirklich ein aufmerksamer Vater, wie es Friedrichs Vater nie gewesen wäre! Ich überlegte überlegte, wie ich mich da am klügsten rausrede.
"Ich habe ihnen eine Lektion über Streiche erteilt." antwortete ich.
"Welche Art Lektion?" fragte der Vater.
"Nun, es ist ja so, daß Kinder denken, daß ihre Eltern bestimmt immer so ernsthaft waren und nie einen Streich gespielt haben. Wenn man erwachsen wird, weiß man, daß man nicht nur selbst als Kind Streiche gespielt hat, sondern daß man als Erwachsener heimlich immer noch über diese Streiche lacht, auch wenn man das nicht so einfach zugeben kann, weil man die Kinder ja auch noch erziehen muß. Ich bin da in einer etwas anderen Situation, da ich offiziell ja nicht als Erzieher mitgegangen bin, daher brauchte ich Streiche nicht zu verbieten, konnte aber erklären, warum manche Streiche ein moralisches Problem sind und welche es nicht sind. Ich habe ihnen daher, als sie etwas tun wollten, wo sich jemand hätte ernsthaft hätte verletzen können, eine durchaus sehr lustige aber ungefährliche Alternative vorgeschlagen, die auch das Opfer des Streichs noch lustig finden konnte." erklärte ich.
Nachdem er mir versprochen hatte, das nicht den königlichen Kindern weiterzuerzählen, erzählte ich ihm auch noch den Streich, über den er herzlich lachte.

Mein Vorgesetzter wollte auch mit mir darüber reden und erhielt letztlich dieselbe Erklärung. Er stellte mir aber auch zu jedem einzelnen Schritt in dem kleinen Ausflug Fragen. Nach dieser Episode wurde ich, wann immer Staatsgäste da waren, dazu eingeteilt, mich um die Kinder zu kümmern. Der königliche Vater hatte, wie mein Vorgesetzter mir erzählte, ausdrücklich darum gebeten.

Ehrlich gesagt, verstand ich das auch nicht. Was daran, daß ich die Kinder zu Streichen anstachelte, machte mich zu einem guten Leibwächter für Kinder? Ich war davon ausgegangen, daß sie es ohne ernste Strafe durchgehen lassen würden, weil ich weiß, wie man sich rausredet, aber nicht, daß sie mich dann auch noch ausdrücklich als Leibwächter anfordern.

Kersti

Fortsetzung:
F2464. Hans Hermann von Katte: S

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben