FB26.

Herzschwäche

Schweigend untersuchte ich den zart gebauten Jungen. Er war zehn Jahre alt und vor einem Monat zur Ausbildung zur Garde gekommen. Ich sah beinahe auf den ersten Blick alle Zeichen von Herzschwäche: Blaue Lippen, Blässe, zarter Körperbau, Uhrglasfingernägel. Ich kannte diese Anzeichen ja alle vom Bruder des Königs. Trotzdem untersuchte ich weiter - um Zeit zum Überlegen zu haben.

Als der Junge zu den Kadetten gekommen war, war er ziemlich schnell so krank geworden, daß er eine Woche im Bett hatte verbringen müssen. Da er das öfter gehabt hatte, danach hatte er sich wieder erholt, nur um nach ein paar Tagen Training wieder sehr krank zu werden. Daraufhin hatte Kariv mich gebeten, mit ihm zu sprechen.

"Kannst du mich gesund machen, so daß ich ein richtiger Krieger werden kann, wie alle anderen auch?" fragte er hoffnungsvoll.
"Nein." antwortete ich.
Eine ausweichende Antwort hätte es nur noch schlimmer gemacht.
"Aber ich will Gardist sein!"
"Ja. Ich auch." antwortete ich.
"Das geht doch nicht. Du bist ein Krüppel..."
"Ja. Und ich habe dasselbe Problem wie du - wenn ich versuche das vollständige Training der Garde mitzumachen, bringt mich das früher oder später um. Du kannst dich umbringen, indem du es versuchst, aber du kannst kein Gardist werden." erklärte ich.
"Ich dachte du willst Arzt sein."
"Ja. Aber früher war ich hier der Gardehauptmann. Bis zu meiner zweiten Verletzung. Gardist sein ist ein gefährlicher Beruf, Jedi."
"Du heißt Korith - oder?"
"Ja."
"Wie der Korith aus den Liedern. Du bist dieser Korith, oder?"
"Ja. Genau. Du wirst dir eine andere Aufgabe im Leben suchen müssen, genau wie ich das mußte." antwortete ich.
"Aber wenn ich nicht Gardist werde, dann ist mein Vater bestimmt sehr böse auf mich..."
"Vielleicht. Ich werde mit ihm reden. Und ich hoffe, das reicht. Denn das wäre überhaupt nicht fair von ihm."

"Hast du dir schon einmal überlegt, was du sonst noch machen könntest?" fragte ich.
"Nein. Ich wollte doch Gardist werden."
"Könntest du dir vorstellen, daß es dir im Kloster gefällt?" fragte ich. Es lag daran, daß er mich so an den Bruder des Königs erinnerte.
"Im Kloster? Ich weiß nicht..."
"Wir könnten vielleicht einfach mal hinreiten und ein wenig mit dem Abt reden. Dann überlegst du dir ein paar Tage, was du willst und ich werde deine Entscheidung unterstützen, ganz gleich wie sie ausfällt und mit deinem Vater reden." erklärte ich.
"Aber ich will nicht Mönch werden."
"Das ist deine Entscheidung. Dennoch solltest du mal mit dem Abt reden. Er ist ein kluger und interessanter Mensch und seit Jahren einer meiner besten Freunde. Vielleicht weiß er einen besseren Rat als ich." sagte ich.

Der Junge hat sich nach drei Wochen entschieden, daß er ins Kloster will. Leider hatte er nur allzurecht mit seiner Befürchtung bezüglich seines Vaters, der nicht einmal bei seiner Mönchsweihe kam, weil er so wütend über das Versagen seines Sohnes war. Dennoch zeigte sich, daß es eine gute Entscheidung für den Jungen war und er war zufrieden mit seinem Leben. Mich hat er noch oft besucht, wenn er Probleme hatte und um Rat gebeten.

Kersti


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