Reinkarnationserinnerung - Katzenärzte

FG17.

Zeitung

Es war gerade Frühstückszeit und ich kochte meinem Menschen und dem neuen Herrn Tee. Als ich die vollen Tassen vor ihnen hinstellte fragte der Herr:
"Wie hast du es bloß geschafft, der Katze so etwas kompliziertes wie Teekochen beizubringen?"
"Gar nicht. Sie hat einmal zugeschaut, das nächste mal war er fertig, bevor ich aufgestanden bin, um mir welchen zu machen."
"Aber warum macht sie das dann, wenn es niemand von ihr verlangt?"
"Weil sie mir eine Freude machen will, nehme ich an. Sie tut es nur für Menschen, die sie mag. Für meine Mutter hat sie nie Tee gekocht." antwortete mein Mensch.
"Was hat sie denn gegen deine Mutter?"
"Ich weiß nicht - aber er kann sie zum Tod nicht ausstehen."
Ich krabbelte auf den Schoß meines Menschen, weil er traurig wurde, wie immer, wenn er an seine Mutter dachte.
"Ich habe für heute einen Mann von der örtlichen Zeitung eingeladen, der gebeten hat, dich über die Zeit in der Klinik zu interviewen zu dürfen." teilte der Herr meinem Menschen mit.
Ich hatte keine Ahnung, was eine Zeitung ist. Auch die überraschten und verwirrten Gedanken meines Menschen halfen mir nicht weiter.
"Würde sich denn überhaupt jemand dafür interessieren, wie es uns in der Klinik ergeht?" fragte mein Mensch.
Einerseits stellte er sich ein Stück Papier vor - andererseites redete er von Menschen, die sich für uns nicht interessieren. Ich war noch verwirrter. Die vier Jahre in der Klinik waren anders: Unsere Menschen achteten darauf, uns alles zu erklären und es gab dort genug Katzen, die ich nach allem hatte fragen können, was ich nicht verstand. Ich hatte nur gelernt, menschliche Sprache zu verstehen, weil ich immer die telepathische Übersetzung in den Köpfen der Menschen sehen konnte. Jetzt gab es so viel neues, das zu verstehen wichtig wäre und die einzige andere Katze hier war noch ungebildeter als ich, weil sie außer ihrer Kindheit im Wald nur im Käfig gewesen war. Also wollte ich sprechen können, um all die Fragen zu stellen, die ich hatte.

Ich bekam nur am Rande mit, wie unser neuer Herr meinen Menschen überzeugte, daß sich die Leute tatsächlich für unser Leben in der Klinik interessierten - und daß es ein guter Gedanke wäre, das auszunutzen, damit die Leute die Klinikleitung zwingen, besser mit Katzen und Heilern umzugehen. Im Verlaufe dieses Gesprächs begann meinem Menschen der Gedanke an ein Interview immer besser zu gefallen.

Der Mann von der Zeitung wirkte alt - aber nicht so alt wie mein Mensch, obwohl er viel älter war. Meinem neuen Herrn gegenüber fühlte er Neid, aber meinen Menschen mochte er auf Anhieb. Auch er sah in ihm einen freundlichen alten Mann. Die Einrichtung des Hauses schüchterte ihn ein, weil er dachte, daß sie fürchterlich viel Geld gekostet hatte. Ich konnte mir nichts Unwesentlicheres vorstellen. Ich beschloss, allen Anwesenden Tee zu bringen. Als ich wiederkam, waren sie gerade mit der Begrü- ßung fertig und der Zeitungsmensch sagte:
"Ich habe gehört, daß die Heiler in der Klinik nicht sehr alt werden. aber ihr scheint da ja eine Ausnahme zu sein."
"Für wie alt haltet ihr mich denn?"
"Siebzig."
"Dann scheine ich wohl in den letzten zehn Tagen zehn Jahre jünger geworden zu sein." schmunzelte mein Mensch.
Der Zeitungsmensch starrte ihn verwirrt an.
"Das war ein Scherz. Tatsächlich bin ich 18. Vor zehn Tagen hat mein jetziger Herr mich auf mindestens 80 geschätzt." erklärte mein Mensch.
Der Zeitungsmensch war so erschüttert, daß ihm keine weitere Frage einfiel.

Ich ging zu ihm rüber, kletterte auf seinen Schoß und schnurrte für ihn. Er streichelte mich eine Weile, bis er sich einigermaßen gefangen hatte.
"Mein Gott ist das ein liebes Tier." meinte er dann.
Ich schaute nachdenklich auf.
"Eine Katze ist kein Tier." korrigierte mein Mensch ihn.
"Ich wollte sie nicht beleidigen."
"Jetzt dürfte sie nur das "liebe" gehört und das Tier geflissentlich überhört haben. Aber wer im Umgang mit Katzen von der Prämisse ausgeht, daß sie Tiere seien, tut früher oder später etwas, was sie tötlich beleidigt. Und dann bekommt er Probleme mit ihnen. Katzen sollte man immer wie intelligente gutwillige Menschen behandeln. Ihnen die Erklärungen geben, die auch ein Mensch bräuchte. Dann werden sie die treuesten und verläßlichsten Kameraden, die man sich wünschen kann. Es geht Katzen in der Klinik noch schlechter als uns Menschen. Er war die vier Jahre, die ich dort gearbeitet habe, mein Partner. Ich muß sagen, er hat sich rücksichtsvoller, vernünftiger und klüger verhalten als ich."
Ich kletterte wieder auf den Schoß meines Menschen. Jedesmal, wenn er an die Klinik dachte, wurde er traurig.

"Was machen sie bloß mit euch, daß ihr so schnell so alt ausseht?"

"Sie saugen uns aus. Die Energiekanäle werden mittels Akupunktur so weit gestellt, daß sie Lebenenergie nicht mehr festhalten können und die Kranken saugen sie auf, weil sie krank sind und zur Heilung Energie(VA180. Definition Eso) brauchen. Gleichzeitig haben wir die Aufgabe, ihr Energiefeld von Verschmutzungen zu reinigen und diese auf den Katzen abzustreifen. Ein erheblicher Teil der Verschmutzungen bleibt dabei in meinen Energiekanälen hängen. Das führt zu beschleunigter Alterung, obwohl wir uns sehr gesund ernähren müssen." erklärte er.
Ich genoß sein geistesabwesendes Streicheln, während ich zuhörte. Er hatte das sehr gut beschrieben.

Ich beobachtete nachdenklich, wie der Zeitungsmensch unglaublich schnell mit seinen Fingern auf die Tasten eines Laptops drückte. Ich konnte lesen, obwohl ich mich nie wirklich dafür interessiert hatte. Jetzt kam mir der Gedanke, daß das die Lösung für mein Sprachproblem sein könnte. Interessiert setzte ich mich so auf den Schoß des Zeitungsmenschen, daß ich ihm beim Schreiben beobachten konnte. Wenn ich meine Krallen noch hätte, wäre es sicher leichter, aber das konnte ich auch lernen - und mein Mensch konnte ja lesen.

Als er kurz die Finger vom Gerät nahm, drückte ich die Returntaste und schrieb dann selbst:
"Mein Mensch weiß besser als Ärzte." unter die Mitschrift der Erklärung meines Menschen.
Leider dauerte es viel länger, als ich gedacht hätte, weil ich immer so lange nach den richtigen Buchstaben suchen mußte und manchmal war ich mir nicht sicher, wie es geschrieben wurde. Der Zeitungsmensch stutzte.
"Sie hat GESCHRIEBEN!" rief er überrascht.
Ich wunderte mich. Katzen taten so etwas meist nicht. Aber es gab keinen Grund, anzunehmen, daß wir das nicht können.
"Interessant. Ich wußte gar nicht, daß er das kann." antwortete mein Mensch und betrachtete interessiert den Satz, den ich geschrieben hatte "Hast du die Sprache absichtlich vereinfacht?"
"Ja. Nicht so lang." schrieb ich als Antwort.
"Warum hast du bis jetzt nicht geschrieben?"
"Schreiben langweilig. Gedanken lesen viel besser." antwortete ich.
"Warum hast du jetzt damit angefangen?"
"Zeitungsmensch kann nicht Gedanken lesen."
"Ich doch auch nicht."
"Du merkst nur nicht."
"Du meinst, ich lese deine Gedanken und merke es selbst nicht?"
"Ja. Du antwortest."
"Willst du auch so einen Laptop?"
"Ja."
"Gut. Ich werde dir einen besorgen."

Kersti


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FGI. Kersti: Inhalt: Katzenärzte
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