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erste Version zwischen: 16.5.01 und 29.08.01

VA6.

Was muß ein Hund lernen?

Ich habe schon einige Listen gelesen, was ein Hund alles lernen müsse und ich kann keiner dieser Listen zustimmen. Das liegt daran, daß jeweils eine Reihe von Befehlen aufgeführt werden, die ein Hund unbedingt beherrschen müsse, ohne zu berücksichtigen, um welchen Hund es sich nun eigentlich handelt und wo er lebt.

Beispielsweise hatten wir einen Dackel - und erklär mir mal einer, wozu er zwei getrennte Befehle für hinsetzen und hinlegen lernen muß? Da weiß ich wirklich keinen Grund, bei seinen kurzen Dackelbeinen.

Tatsächlich läßt sich das, was ein Hund wirklich lernen muß in einem Satz zusammenfassen:
Ein Hund muß lernen mit seiner Umwelt und auch mit den Menschen angemessen umzugehen, die keine Ahnung von Hunden haben.

Das gefährlichste im Umgang mit Hunden ist Angst. Dabei ist es völlig egal, ob nun der Mensch oder der Hund Angst hat. Deshalb sollte man einerseits dem Hund möglichst ermöglichen, sich von jedem der das will streicheln zu lassen, solange er noch sehr jung ist, so daß er lernt, fremde Menschen als ungefährlich zu betrachten. Außerdem sollte man ihn geduldig und freundlich mit all den typisch freundlichen menschlichen Verhaltensweisen vertraut machen, die ein Hund instinktiv als gefährlich einordnen würde.

Andererseits muß ein Hund aber auch lernen, im Umgang mit fremden Menschen nicht die für Hund typischen Verhaltensweisen zu zeigen, die er zwar für freundlich hält, Menschen aber instinktiv als Angriff einordnen. Ein typisches Beispiel hierfür ist das Anspringen, das von der gefühlsmäßigen Bedeutung für den Hund eine stürmische Umarmung ist. Die meisten Menschen, die angesprungen werden glaubten jedoch, der Hund wolle sie beißen.

Das zweite, was ein Hund lernen muß, ist Gehorsam. Es geht nicht darum, daß man nur in Befehlen mit ihm reden darf - ein Hund muß seine Wünsche äußern dürfen, man muß ihm Fragen stellen, miteinander schmusen, sonst fehlt ihm etwas. Er muß aber wissen, was bei seinem Herrn ein Befehl ist, dem man sofort gehorchen muß, denn es gibt in der menschlichen Gesellschaft einige Situationen, die ein Hund nicht durchschauen kann und wo der Mensch die Führung übernehmen muß, damit nichts schiefgeht. Deshalb muß klar sein, daß jeder Mensch in der Familie einen höheren Rang hat als der Hund.

Drittens sollte ein Hund möglichst viel Sprache lernen. Das ist der wichtigste Grund, warum man mit einem Hund Befehle einübt, denn der Hund lernt dabei, daß jedes Wort eine eigene Bedeutung hat. Deshalb muß ich auch der häufig geäußerten Ansicht widersprechen, die ganze Familie müsse dieselben Befehle benutzen, wenn sie etwas von dem Hund will. Das Gegenteil ist der Fall: Nach Möglichkeit sollte der Hund jedes gängige Wort für jeden Befehl kennen. Also beispielsweise "Hierher!", "Fuß!", "Komm!", "Bei Fuß!" und Pfeifen wenn er kommen soll. Unser Hund hat es problemlos gelernt und nebenher noch diverse Worte, die ihm niemand beibringen wollte. Also ist das beileibe keine Überforderung.

Das letzte zum Thema, was hier noch erwähnt werden muß ist: Der Mensch der sich einen Hund anschafft ist moralisch verpflichtet die Körpersprache der Hunde zu lernen. Es ist ein Unding, daß in den meisten Fällen der Hund mehr über die Körpersprachen seiner Besitzer lernt, als diese über seine Körpersprache. Wir Menschen sind um einiges intelligenter als Hunde, es gibt Bücher in denen man das nachlesen kann und im Grunde reicht einfaches Beobachten aus, um einen Hund verstehen zu lernen.

Kersti

Quellen

Meine Hundeartikel beruhen recht weitgehend auf meinen eigenen Beobachtungen an den vielen Hunden die ich bei Nachbarn und Bekannten zum Spazierengehen ausgeliehen habe. Außerdem habe ich Jahrelang einen Dackel namends Widu besessen. Da Dackel sich, so lange sie sicher sind, daß der Andere sie unter keinen Umständen ernsthaft schädigen wird, durch Drohgungen kaum beeindrucken lassen, größere gerne angreifen und es offensichtlich als eine Frage der Ehre sehen, daß ein Dackel nie völlig gehorsam ist, mögen meine Ratschläge manchmal etwas rauher sein, als das für einen von Natur aus gehorsameren und unterwürfigeren Hund paßt.
VA5. Kersti: Gefährliche Aufklärung
VA6. Kersti: Was muß ein Hund lernen?
VA7. Kersti: Das Gefährlichste im Umgang mit Hunden ist Angst
VA8. Kersti: Was tun, wenn ein Hund angreift?
VA9. Kersti: Das Wichtigste bei der Hundeerziehung ist das Lob
VA10. Kersti: Mein Hund ist der einzige, der mich versteht
VA11. Kersti: Wieviel Sprache versteht ein Hund?
VA12. Kersti: Was ist ein gut erzogener Hund?
VA18. Kersti: Der Unterschied zwischen gleich und gleich
VA32. Kersti: Hunde und kleine Kinder
VA65. Kersti: Lob, Tadel und - darf man einen Hund schlagen?
VA90. Kersti: Über Briefträger und Hunde
VA143. Kersti: Hundeerziehung
VA144. Kersti: Hundehumor
VA149. Kersti: Was denkt ein Hund, wenn man ihn anbellt?
VA158. Kersti: Was mache ich, wenn der Hund mehrfach einen Freund des Haushaltes oder mein jüngstes Kind beißt?
VA167. Kersti: Wie bringe ich meinem Hund Gelassenheit kleinen Kläffern gegenüber bei?
VA195. Kersti: Konkrete Erziehungstricks bei Hunden
VA196. Kersti: Was mache ich wenn mein Hund beißt?
VA208. Kersti: Hunde haben keine Hände
VA209. Kersti: Verwechseln Hunde die menschliche Familie mit einem Wolfsrudel?
VA219. Kersti: Ernsthafte Beißereien zwischen Hunden
VA252. Kersti: Warum ich meine Hundeartikel gerade so schreibe
VA287. Kersti: Ein Hund gehorcht nicht, weil wir das wollen, sondern aus seinen eigenen Gründen
VB83. Kersti: Wenn Fremde meinen Hund streicheln wollen, dann freut er sich zuerst, aber schnappt nach kurzer Zeit zu
O4. Kersti: A7 Unterschiedliches Ausmaß des sozialen Lernens bei Hunden und Wölfen
O5.34 2.2.1.2 Angeborenes Inzestabu: Geparden, Wölfe, Menschen
O5.40 2. Gründe, warum eingewanderte Arten wieder aussterben
2.1 Relativer Platzbedarf von Wölfen


Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, Internetseite: https://www.kersti.de/, E-Mail an Kersti_@gmx.de