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letzte vollständige Überarbeitung: 11/2014
letzte Bearbeitung: 12/2023

VA11.

Wieviel Sprache versteht ein Hund?

Inhalt

VA11.1 Kersti: Versteht ein Hund Worte?
VA11.1 Kersti: Widu kommst du mit?
VA11.2 Kersti: Verstehen Hunde Grammatik?
VA11.2 Kersti: Widu such Ostereier!
VA11.2 Kersti: Ein echter Baum gehört markiert!
VA11.3 Kersti: Denken Hunde sprachlich?
VA11.4 Kersti: Unterschiede im Sprachverständnis unterschiedlicher Hunde
VA11.5 Kersti: Wieviel Sprache versteht ein Hund?
VA11.5 Kersti: Das hieße, daß der Hund nicht die Worte verstehen würde sondern nur Tonfall, Gestik und Mimik
VA11.6 Kersti: Unterschiede im Sprachverständnis unterschiedlicher Hunde
VA11.6 Kersti: Der Hund der kein Wort versteht
VA11.6 Kersti: Bald ist uns nichts mehr eingefallen, wie wir das noch nennen können, damit der Hund nicht merkt, daß wir über Spaziergänge reden
VA11.7 Kersti: Das Kluger-Hans-Phänomen beim Hund und was dabei besonders verwirrend ist
VA11.8 Kersti: Wieviel Sprache versteht ein Hund?
VA11. Kersti: Quellen

 
Inhalt

1. Versteht ein Hund Worte?

In meiner kindheit wurde es als wissenschaftlich erwiesen betrachtet, daß Hunde menschliche Sprache nicht verstehen. Das hat mich nie überzeugt. Mir war immer klar, daß Hunde durchaus die Worte verstehen, die wir sagen. Das war ein genereller Eindruck, es gab aber auch eine Situation im Alltag, wo das sehr offensichtlich war.
Beispielgeschichte, Kersti:

Widu kommst du mit?

Wenn ich mit dem Hund rausgehen will, gibt es drei mögliche Fragen, die ich ihm stellen könnte:
"Widu, kommst du mit, einkaufen?"
"Widu kommst du mit, spazierengehen?"
"Widu kommst du mit, fahrradfahren?"

Ob er mit will ist in Abhängigkeit von Außentemperatur, den bisherigen Beschäftigungen am Tag und dem Wetter sehr unterschiedlich. Spazierengehen will er immer. Fahrradfahren nur, wenn es nicht zu warm ist. Einkaufen ist nicht ganz so beliebt, weil man dann so lange vorm Geschäft warten muß, aber wenn es sehr langweilig ist, ist das auch ein guter Gedanke, nur darf es weder zu warm - eingekauft wird mit dem Fahrrad - noch zu kalt - dann wird das Warten unangenehm - sein.

In allen Fällen gehen wir mit der Leine zur Tür und stellen ihm nur die Frage. Auch die Kleidung ist dieselbe. Der Tonfall hängt von der eigenen Stimmung ab. Der Hund kommt immer erwartungsvoll mit zur Tür und hört sich die Frage an. Bei den ersten drei Worten reagiert er noch nicht. Erst wenn er das letzte Wort der Frage gehört hat, ist es als hätte man einen Schalter umgelegt und er gibt seine Antwort.

Dabei ist er sehr deutlich, wahrscheinlich weil er gemerkt hat, daß Menschen weniger deutliche Antworten nicht verstehen. Wenn er nicht mit will, zieht er den Schwanz ein, läuft in die Küche und verkriecht sich in seiner Kiste. Wenn er mitwill, beginnt er zu bellen wie ein irrer und hüpft vor der Tür wie ein Flummi auf und ab. Bei Regen überlegt der Hund es sich oft erst anders, wenn er rausguckt und das Wetter sieht.

Dieser plötzliche Stimmungsumschwung genau beim letzten Wort ist nur erklärlich, wenn der Hund die Worte wirklich versteht.

Auch vom Umfang des Wortschatzes meines Hundes hatte ich eine ziemlich genaue Vorstellung: Ich habe es durchgezählt. Als er zwei, drei Jahren alt war, hatte Widu einen Wortschatz von etwa hundert Worten - hierbei habe ich allerdings gleichbedeutende Befehle wie "Hierher!" "Komm!", "Komm her", "Kommst du wohl!", "Wiedu?" verbunden mit einer entsprechenden Geste, sobald er zu mir hinschaut und das dreifache Schnalzen, das ich hierbei gelegentlich verwendete, nur als ein einziges Wort gezählt, nicht als fünf. Tatsächlich hatte er eher einen drei mal so großen Wortschatz, da ich ihm gezielt beigebracht habe, welche verschiedenen Worte dieselbe Funktion haben. Ich wollte damit erreichen, daß mein Hund spontane Äußerungen von Menschen, die nicht wirklich Ahnung von Hunden haben, möglichst richtig einordnet. Ältere Hunde verstehen oft noch erheblich mehr.

Mein persönlicher Eindruck zu diesem Thema, wird auch durch die einschlägige Forschung bestätigt. Mehrere Border Collies wurden getestet, indem sie ein Spielzeug aus einem anderen Raum holen sollten, so daß der Besitzer des Hundes nicht wissen konnte, wo es liegt. Rico wies nach, daß er für 200 Spielzeuge die Bezeichnung gelernt hatte, indem er sie auf Befehl aus einem anderen Raum holte2. S.391ff, 9.. Chaser beherrschte die Namen von 1022 Spielzeugen7.; 11.. Der Yorkshire Terrier Bailey konnte 117 Begriffe unterscheiden10..

 
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2. Verstehen Hunde Grammatik?

Bildquelle: 16.

Widu als acht oder neun Wochen alter Hund im Sommer 1987. Mir kam er von seiner Entwicklung her vor wie ein Kleinkind.

Wiedu war acht Wochen alt, als wir ihn bekamen. Er hat eine Woche gebraucht um alle wesentlichen Befehle wie Sitz, bei Fuß, komm zu lernen. Einen extra Befehl fürs hinlegen hielt ich im Anbetracht der geringen Größe des Hundes für unnötig. Ich habe ihm aber beigebracht, daß "warte" bedeutet, daß ich weggehe und er warten soll bis ich wiederkomme. Sobald mir sicher war, daß mein damals neun Wochen alter Dackel die wesentlichen Befehle sicher beherrscht, begann ich sie in normale Sätze einzustreuen, betonte die Befehle aber sehr viel stärker als unwichtige Worte wie der, die, das oder und. Ziemlich schnell lernte der Dackel dabei, Befehle auch dann richtig zu interpretieren, wenn sie in vollständige Sätze eingestreut sind. Wenn ich also sagte:
"Widu komm her, mach Sitz und hör gut zu!" dann kam der Dackel her, machte sitz und hörte gut zu. Daß er das so brav tat, lag allerdings unter anderem daran, daß er wußte, daß es wenn ich so etwas sagte, etwas neues zu lernen gab und das liebte der Dackel.

Im Allgemeinen habe ich danach in ganzen Sätzen mit ihm gesprochen und er hat - wie im obigen Beispiel - darauf in einer Weise reagiert, die zeigte, daß er die für ihn wesentlichen Aussagen und Fragen verstanden hat und wußte wie man sie so beantwortet, daß ein Mensch versteht was er von Menschen will.

Die Grenzen seines Sprachverständnisses zeigten sich, wenn ich ihm etwas Neues beibringen wollte und versucht habe es ihm sprachlich zu erklären.

Beispielgeschichte, Kersti:

Widu such Ostereier!

Es war Ostern, meine Mutter hatte die Eier mal wieder so versteckt, daß ich nicht alle gefunden habe und mir kam eine Idee. Ich rief:
"Widu komm her, mach Sitz und hör gut zu!"
Widu kam eifrig hergelaufen, setze sich hin und versuchte offensichtlich nach Kräften wie der bravste Hund der Welt zu wirken.
"Widu such Ostereier!" sagte ich und zeigte bei dem letzten Wort auf die Schokoladenostereier.
Der Dackel versuchte noch braver zu wirken und schien zu grübeln was das wohl heißen könnte. Seinen Namen kannte er natürlich, daher wußte er daß es eine an ihn gerichtete Anweisung war. Such hieß für ihn, daß er eine Person suchen sollte. Und danach hatte ich auf die Ostereier gezeigt, was hieß, daß das unbekannte Wort wohl diese Dinger bezeichnete.

Während ich den Befehl mehrfach in Abständen wiederholte, saß der Dackel etwa zehn Minuten einfach nur grübelnd vor dem Korb mit den Eiern. Dann plötzlich gingen Kopf und Schwanz hoch, er lief schwanzwedelnd den Gartenweg entlang und schnupperte an einer Stelle auffällig lange. Ich sah nach und hatte das erste fehlende Osterei. Nachdem der Hund einmal den Weg runter und wieder hoch gelaufen war, hatte er mir alle fehlenden Ostereier gezeigt. Der Dackel war offensichtlich der Ansicht daß das ein langweiliger Befehl war, denn er hat nur für mich Ostereier gesucht. Meinen Geschwistern hat er diesen Gefallen nicht getan.

Dieses auffällig lange Grübeln habe ich immer beobachtet, wenn ich dem Hund etwas Neues auf sprachlichen Wege zu erklären versucht habe. Man hatte den Eindruck, daß er die verstandenen Worte nimmt und sich fragt: "Wenn man diese drei Worte in einen Sack packt, was könnte das heißen?" und sobald ihm eine sinnvoll erscheinende Idee kommt ausprobiert, ob ich ihm bestätige, daß das die Lösung des Rätsels ist.

Nun kann man diesem Hund so langsames Denken in Situationen, wo es nicht auf Grammatik ankommt, nicht unbedingt vorwerfen.

Beispielgeschichte, Kersti:

Ein echter Baum gehört markiert!

Es war das erste Weihnachten meines Dackels Widu. Zusammen mit ihm betrat ich das Wohnzimmer. Der Hund sah den Baum, sah kurz ihn erstaunt an. Innerhalb eines Sekundenbruchteils änderte sich seine Körperhaltung so, daß mir sofort klar war, er hatte eine Idee. Der Hund lief zum Baum, hob sein Beinchen und pinkelte an den Stamm. Daß wir ihn nachher ausschimpfen, schien ihn nicht zu überraschen aber er wirkte immer noch sehr zufrieden mit sich selbst.

VA144. Kersti: Hundehumor

Wir Menschen kommen mit der Erwartung, daß wir eine Sprache eine Grammatik, mit der sich komplexe Zusammenhänge ausdrücken lassen, in einem bestimmten Alter zu erlernen haben werden zur Welt und wenn die angebotene Sprache diesen Erwartungen nicht entspricht, passen Kleinkinder die Sprache diesen Erwartungen automatisch an3.; 4. S.257ff; 5. S.203ff. Diese Begabung, die Menschen befähigt, die komplexeren Zusammenhänge der Sprache zu verstehen, fehlt offensichtlich allen diesbezüglich untersuchten Tieren.4. S.281ff; 5. S.202f

Umgekehrt ist es aber auch nicht so, daß Hunde überhaupt keine sprachlichen Zusammenhänge verstehen können. Chaser, der Hund der für über tausend Spielzeuge mit einem individuellen Namen kannte, konnte auch generalisieren. All diese Spielzeuge waren für ihn toys (englisch für Spielzeuge), alle Bälle waren für ihn Bälle alle Frisbeescheiben Frisbeescheiben und er holte wenn man ihm befahl einen Ball zu holen irgendeinen seiner Bälle. Neben den Namen der Spielzeuge hat er auch mehrere unterschiedliche Befehle gelernt, die er auf jedes Spielzeug anwenden konnte, nämlich fetch (in Maul nehmen), nose (mit der Nase anstossen), paw (mit der Pfote berühren), sowie "to (Spielzeug 1) take (Spielzeug 2)" - Zu Spielzeug 1 bring Spielzeug 2, die für das Englische untypische Reihenfolge der Worte wählte Chasers Besitzer, weil es einfach war, dem Hund den Befehl so beizubringen.7.; 11.

Bildquelle: 12.

Chaser, der Border Collie der über tausend Worte gelernt hatte, wurde hier von der Tochter des Forschers, Autor: Pilley Bianchi, die sich als Haushaltsmitglied natürlich an der Ausbildung des Hundes beteiligt hat, im Schnee fotographiert. Sie hat später auch an den Filmaufnahmen und der weiteren Forschung mit Chaser mitgearbeitet.

 
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3. Denken Hunde sprachlich?

Wenn ich mit Tieren umgehe, unterhalte ich mich oft telepathisch mit ihnen. Diese telepathischen Unterhaltungen erscheinen mir subjektiv wie Gespräche, die aus vollständigen Sätzen bestehen. Man könnte sich also denken: "Denkt ein Hund sprachlich oder ist das alles nur Einbildung?"

Tatsächlich trifft keines von beidem zu. Wenn ich mich mit Tieren telepathisch austausche, bekomme ich Informationen, die mir durchaus beim Umgang mit dem Tier weiterhelfen und sein Verhalten verständlicher machen, wie eine Unterhaltung mit einem Menschen weiterhilft, wenn man wissen will, welches eigene Verhalten zielführender wäre als bisher. Die Originalkommunikation ist jedoch nichtsprachlich und da viele Menschen sich auch im Feinstofflichen nicht mit Tieren unterhalten können, scheint es auch da so etwas Ähnliches wie unterschiedliche Sprachen zu geben, vergleichbar damit, daß körpersprachliche Kommunikation nichtsprachlich ist und die Körpersprache der Hunde eine andere Sprache als die der Menschen ist. Die deutsche Übersetzung der telepathischen Kommunikation stammt dagegen nicht von meinem Hund sondern von mir. 1.

 
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4. Funktioniert das Sprachverständnis des Hundes genauso wie beim Menschen?

Interessanterweise wurde nachgewiesen, daß der Hund auch näherungsweise dieselben Bereiche wie der Mensch zum Sprachverständnis benutzt. Das ist vermutlich darauf zurückzuführen, daß die Bereiche des Gehirns, die bei allen Säugetieren der innerartlichen Kommunikation und der Auswertung von Geräuschen dienen in dieser Gegend liegen, so daß es naheliegend ist, diese Funktionien weiter zum Sprachverständis auszudifferenzieren. 13., 14.

Bildquelle: 15.1

Die Hunde die an der Studie teilgenommen haben in einer Gruppenaufnahme. Ich weiß ja nicht, ob jemand gesagt hat "Bitte schön lächeln!" aber es scheint, daß sie alle ihr bestes Hundelächeln aufgesetzt haben. Nur der vordere Hund wirkt etwas ängstlich.

Bildquelle: 15.2

Ein Hund während des Trainings für die Magnetresonanzaufnahmen. In Bild A soll er sich an die Kopfhörer gewöhnen, in Bild B wird ihm beigebracht, daß er bewegungslos im Skanner liegen soll, während die Aufnahme gemacht wird. Während dem Hund sicher nichts wehtut, wirkt der Gesichtsausdruck unglücklich, als würde der Hund nicht wirklich verstehen, wozu das gut sein soll und es nur tun, weil Herrchen das will - und man weiß ja das Menschen manchmal komisch sind. Ich glaube, daß die Hunde vor allem das Stilliegen an sich als Strafe empfinden und deshalb so gucken.

 
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5. Interaktion zwischen Sprachverständnis und Situationsverständnis

Beispielgeschichte, Kersti:

Meine Mutter las mir aus einem Buch über Hundeerziehung vor, nach der es mal eine Untersuchung gab, in der man einem Hund statt des gewohnten Befehls einfach im selben Tonfall und mit derselben Gestik andere Befehle gegeben hat. Darauf hat dann der Hund getan, was Tonfall und Gesten nahelegten, statt zu tun, was das Wort bedeutete. Sie behauptete das, was auch im Buch stand, nämlich das das hieße, daß der Hund nicht die Worte verstehen würde sondern nur Tonfall, Gestik und Mimik.

Ich sah das schon einmal generell nicht ein.

Während kein Zweifel besteht, daß der Hund sein Gesamtverständnis der Situation, Gestik und Mimik wichtiger genommen hat als das Wort, muß ich der Schlußfolgerung, er würde keine Sprache verstehen, widersprechen. Ich mache es genauso, wie diese Hunde: Wenn jemand etwas sagt, was er in Anbetracht der Situation nicht gemeint haben kann, frage ich entweder zurück oder, wenn das nicht geht, da der andere schon wieder weg ist, tue ich das, was in Anbetracht der Situation nur gemeint gewesen sein kann. An der Arbeit bezeichnet man das als mitdenken. Und wenn ein Hund so etwas tut, solls plötzlich Dummheit sein???

Daß Hunde ihr Verständnis der Gesamtsituation wichtiger nehmen, als das Wort mit denen ihnen etwas mitgeteilt wird, zeigt sich auch in anderen Situationen.
VA169.2.5.3 Kersti: Die Katze hatte nicht nur "Nein!" gesagt, sie meinte auch "Nein!"

Darüberhinaus spielen auch Instinkte bei diesem Gesamtverständnis der Situation eine Rolle. Jedes Lebewesen hat etwas, was man als instinktives Grundprogramm bezeichnen könnte.

 
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6. Unterschiede im Sprachverständnis unterschiedlicher Hunde

Hunde verstehen beileibe nicht immer gleich viel. Wie viel Sprache sie lernen, hängt einerseits von der Erziehung der Hunde ab, andererseits aber auch von ihrer Intelligenz.

Bei komplexeren Ausbildungen wie der Polizeihundeaufbildung und der Blindenführhundeausbildung lernen Hund mehr als 50 Befehle.2. S.391ff

Beispielgeschichte, Kersti:

Der Hund der kein Wort versteht

Richtig schockiert hat mich ein Hund den ich mehrfach einige Wochen in Pflege hatte. Er war nicht das, was die meisten Leute einen schlecht erzogenen Hund genannt hätten, denn er hatte keine wirklich problematischen Angewohnheiten. Er war aber, was ich einen richtig schlecht erzogenen Hund nenne, denn er hat buchstäblich kein Wort verstanden. Er war nicht taub, denn ihn rufen und eine Geste machen, die andeutet, was man will, führte innerhalb der wenigen Wochen dazu, daß der Hund diese Anweisungen befolgte, oder nach seiner Körpersprache zu urteilen offensichtlich absichtlich mißachtete. Worte waren und blieben für ihm aber Geräusche, die keine spezifische Bedeutung hatten, ähnlich wie Bellen. Er regierte also auf "Sitz!" genauso wie auf "Komm!" oder "Nein!" - nämlich mit hergucken und gar nichts tun, es sei denn ich machte auf andere Weise deutlich was ich wollte.

Im Umgang mit anderen Hunden wirkte er unsicher, aber nicht so behindert wie im Umgang mit Menschen und der Teil regelte sich auch schnell, als er merkte, daß ich sehr selbstsicher mit fremden Hunden umgehe und im Notfall entschieden eingreife.

Im Umgang mit allen Hunden, mit denen ich es je zu tun gehabt hatte, war es möglich gewesen, sich mit ein paar Blicken und Worten zu verständigen, was beiden Spaß macht und das dann zu tun. Es dauerte für mich als zehnjährige fünf Sekunden einem erwachsenen Hund zu erklären, innerhalb welchen Raumes er sich frei bewegen durfte und es war kein Problem diese Maßgabe je nach äußeren Umständen während eines Spaziergangens drei mal zu ändern. Es dauerte drei Spaziergänge mit einem unbekannten aus der Nachbarschaft ausgeliehenen Hund, daß er mir aufs Wort gehorchte, wenn ich Befehle gab und daß er wußte, daß ich umgekehrt seine Wünsche berücksichtigen würde, wenn nichts dagegen sprach.

Dieser Hund war nicht in der Lage so differenziert auf meine Signale zu reagieren, daß diese grundlegenden Dinge je funktionierten. Daß ich ihn weiterhin von der Leine ließ, lag nur daran, daß er eben alt war und nie schnell genug lief, daß ich ihn nicht einholen konnte, wenn er meinte, grundlegende Regeln verletzen zu müssen.

Wölfe, die wilden Ahnen der Hunde jagen als Rudel und müssen sich daher über ihre Körpersprache sehr differenziert absprechen, um sich so zu koordinieren, daß sie damit Erfolg haben, sich die Beute gegenseitig zuzutreiben oder ein Tier das zu stark ist daß ein einzelner Wolf es reißen kann, gemeinschaftlich zu Boden zu ringen. Sie leben zusammen wie eine menschliche Großfamilie.

Ein Hund der sein Leben lang mit Menschen zusammenlebt mit denen er sich so wenig verständigen kann muß sich totunglücklich und einsam fühlen.

Daß wir unseren Hunden sprachliche Befehle beibringen wie Sitz, Platz, bei Fuß, Nein ist ein absoluten muß. Nicht eigentlich damit der Hund diese Befehle beherrscht, sondern vor allem, damit er lernt, daß bei Menschen Worte eine Bedeutung haben.
VA287. Kersti: Ein Hund gehorcht nicht, weil wir das wollen, sondern aus seinen eigenen Gründen
VA12. Kersti: Was ist ein gut erzogener Hund?
VA6. Kersti: Was muß ein Hund lernen?
VA9. Kersti: Das Wichtigste bei der Hundeerziehung ist das Lob

Dann aber versteht ein durchaus Dinge, die man ihn nicht verstehen lassen will.

Beispielgeschichte, Kersti:

Bald ist uns nichts mehr eingefallen, wie wir das noch nennen können, damit der Hund nicht merkt, daß wir über Spaziergänge reden

Da wir in unserer Familie acht Personen waren, zwei Erwachsene und sechs Kinder, sahen wir es zwar alle als unsere Pflicht an, gelegentlich mit dem Hund spazieren zu gehen, waren aber gleichzeitig der Ansicht, daß der Hund, wenn er einen Spaziergang machen wolle, die Leute selber dazu überreden müsse. Wie oft er tatsächlich rauskam, weiß ich nicht aber da ich fast täglich mit ihm gegangen bin, muß es wohl im Schnitt öfter als einmal am Tag gewesen sein. Bei gutem Wetter konnte es durchaus sein, daß er jedes Familienmitglied einzeln ausführte.

Einmal war ein Großteil der Familie im Urlaub, so daß die übriggebliebenen meinten, sie müßten sich absprechen, damit der Hund wenigstens einmal am Tag seinen Spaziergang bekommt.
"Bald ist uns nichts mehr eingefallen, wie wir das noch nennen können, damit der Hund nicht merkt, daß wir über Spaziergänge reden." meinte mein Bruder.
Denn natürlich ist es lästig, wenn ein Hund ständig bellend zur Tür und zurück rennt, weil er jedesmal mitbekommt, daß über Spaziergänge geredet wird!

Ausführlicher
V239.2.4 Kersti: Lästigerweise verstand der Hund auch die Dinge, die er nicht verstehen sollte

 
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7. Das Kluger-Hans-Phänomen beim Hund und was dabei besonders verwirrend ist

Als ich jung war, war eine Zeit in der Verhaltensforschung, in der das Kluge-Hans-Phänomen in aller Munde war und man mit Gewalt jegliches Sprachverständnis und jegliche Intelligenzleistung von Tieren als reine Instinkte, Automatismen und auf alle Fälle als Dummheit, die mit der menschlichen Intelligenz gar nicht zu vergleichen ist, erklären wollte.
V239.2.1 Kersti: Der kluge Hans
Der Kluge Hans hatte die menschliche Kommunikation offensichtlich völlig mißverstanden, doch halte ich ihn nun wirklich nicht für ein dummes Pferd sondern er hat schlicht andere Dinge wichtig genommen, als sein menschlicher Kommunikationspartner.

Die Texte über Hunde, die zu ähnlichen Leistungen ausgebildet wurden, wie der Kluge Hans es wurde, fand ich persönlich viel verwirrender als die, die von weiteren Pferden handelten. Die Pferde mit denen ich bisher zu tun hatte, hatten auf mich nie den Eindruck gemacht, als würden sie Worte wirklich verstehen. Stattdessen hatten sie sehr fein auf körperliche Signale reagiert. Dagegen beherrscht fast jeder Hund, den ich kenne, zumindest ein paar Befehle und kennt auch einige Worte, die nicht wirklich Befehle sind. Wenn ein Hund einfache Zeichen für Ja und Nein erlernt, muß ich, da fast jeder mir bekannte Hund diese Worte kennt, annehmen, daß er auch verstanden hat, was diese Zeichen bedeuten. Wenn er dann gleichzeitig Aussagen über Dinge gemacht haben soll, von denen mir jedenfalls überhaupt noch nie aufgefallen ist, daß sie einem Hund interessant erscheinen, bin ich mir dagegen ziemlich sicher, daß er da jedenfalls selber nicht weiß, was er da angeblich gesagt haben soll. An rechnende Hunde kann ich persönlich gar nicht glauben, weil die Hunde, die ich kenne, sich nur für lebenspraktisch wichtige Aussagen interressiert haben.

Ich vermutete also, daß er die Zeichen für Ja und Nein und vielleicht noch das ein oder andere einfache Signale verstanden hat, während der Hund die restlichen Übungen wie eine Art Klickertraining absolviert hat. Zunächst hat er herausgefunden, an welchen subtilen Gesten, die der Mensch selber nicht bemerkt, man erkennt, was man tun soll und dann macht er das treu und brav und freut sich, das Rätsel richtg gelöst zu haben, wenn er dafür gelobt wird.

Autor: Konrad Lorenz beschreibt wie so etwas abläuft. "Alle diese zählenden, redenden und denkenden Tiere 'sprechen' in Klopfzeichen oder Bell-Lauten, deren Bedeutung nach Art eines Morse-Alphabeths festgelegt ist. (...) Du fragst, wie viel ist zwei mal zwei; der Dackel schaut dich scharf an und bellt viermal."
Lorenz gehört zu der Generation, die glauben, daß Hunde keine Worte verstehen und zumindest dafür daß die Dinge, wo ich bezweifle, daß das Sprachverständnis von Hunden dazu geeignet ist, so etwas zu können, beschreibt er wie ein Kollege beweist, daß der geprüfte Dackel die gestellte Aufgabe eben nicht versteht. Er bastelte Kärtchen aus mehreren durchscheinenden Papierseiten, wo von der Vorderseite, die dem Hund zugekehrt sein sollte eine Rechenaufgabe zu sehen ist, während von hinten eine andere Aufgabe gerade noch durchschimmerte. Der Hund löste immer nur diejenige Aufgabe, die sein Frauchen auf der Rückseite durchschimmernd zu sehen bekam. Zuletzt zeigte man ihm eine Karte, die mit dem Duft einer läufigen (Konrad Lorenz schrieb "liebesbrünstig") Hündin, worauf der Hund reagierte wie eben ein Hund auf den Geruch läufiger Hündinnen reagiert. Schwanzwedeln, winseln, freudige Erregung. Auf die Frage, wonach es riecht, antwortete er "Nach Käse" - eine Verwechslung die einem Menschen jederzeit, einem Hund aber ganz bestimmt nicht unterläuft! 17. S.75

Bei den in Hundeaugen stinklangweiligen Rechenaufgaben war ich mir von vorneherein ziemlich sicher, daß es doch nicht sein kann, daß der Hund sich mit so etwas befaßt. Bei den Zeichen für Ja und nein, war ich mir recht sicher, daß der Hund es verstehen muß. Die Grenzfälle, wo man sich nicht so sicher sein kann, sind in meinen Augen eigentlich die interessanteren Fälle, weil man an diesen erkennen kann, wie weit das Sprachverständnis geht. Dummerweise hat er die Fälle, wo ich es interessant finde, ob der Hund weiß, was er in den Augen der Menschen tut, nicht überprüft.

 
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8. Wieviel Sprache versteht ein Hund?

Hunde haben als unsere Haustiere soziale Fähigkeiten erworben, die sie besser befähigen, menschliche Kommunikation zu verstehen und Menschen in ihrem Sinne zu beeinflussen, als ihre wilden Vorfahren die Wölfe das konnten.
VB238.4.2.2 Kersti: Was unterscheidet einen Hund von einem Wolf?
Dazu gehört auch ein besseres Sprachverständnis. Zusammengefaßt kann man sagen, daß ein sorgfältig erzogener Hund durchaus alles verstehen kann, was für ihn von praktischer Bedeutung ist. Eine philosophische Diskussion oder Dinge, die nur im Leben von Menschen eine Rolle spielen, versteht er dagegen nicht.

Ähnlich ist das Sprachverständnis derjenigen Tiere einzuordnen, die grundsätzlich geeignete natürliche Fähigkeiten zur Kommunikation mit Lauten haben.
VA169.2.5.3 Kersti: Das Sprachverständnis der Tiere ist nicht gut genug, zur Produktion sprachlicher Träume

Kersti

Quellen

Meine Hundeartikel beruhen recht weitgehend auf meinen eigenen Beobachtungen an den vielen Hunden, die ich bei Nachbarn und Bekannten zum Spazierengehen ausgeliehen habe. Außerdem habe ich jahrelang einen Dackel namens Widu besessen. Da Dackel sich, so lange sie sicher sind, daß der Andere sie unter keinen Umständen ernsthaft schädigen wird, durch Drohgungen kaum beeindrucken lassen, größere gerne angreifen und es offensichtlich als eine Frage der Ehre sehen, daß ein Dackel nie völlig gehorsam ist, mögen meine Ratschläge manchmal etwas rauher sein, als das für einen von Natur aus gehorsameren und unterwürfigeren Hund paßt.
  1. Die Erklärung mit unterschiedlichen feinstofflichen Sprachen stammt von meinem feinstofflichen Anteilen, spiegelt also deren feinstoffliches Weltbild wieder. Da es sich hierbei um feinstoffliche Alltagserfahrung handelt, sehe ich keinen Grund zu Zweifeln.
    VA299. Kersti: Fragen beantworten: Das Wissen der eigenen feinstofflichen Anteile

  2. Autor: Dorit Urd Feddersen-Petersen: Buch: B141.3 Hundepsychologie. Sozialverhalten und Wesen. Emotionen und Individualität. (2004) Stuttgart: Kosmos. ISBN 3-440-09780-3
  3. Autor: Beate Marquardt: Buch: B150.2 Die Sprache des Menschen und ihre biologischen Voraussetzungen. (1984) Tübingen: Gunter Narr Verlag
  4. Autor: Dieter E. Zimmer: Buch: B125.7 Experimente des Lebens. Wissenschaftreporte über Wilde Kinder, Zwillinge, Kibbuzniks und andere aufschlußreiche Wesen. (1989) Zürich: Haffmans Verlag, ISBN 3-251-00139-6
  5. Autor: Frank R. Wilson: Buch: B86.3 Die Hand - Geniestreich der Evolution. Ihr Einfluß auf Gehirn, Sprache und Kultur des Menschen. (2000) Stuttgart: Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger GmbH ISBN 3-499-61338-7
  6. Autor: Juliane Kaminski, Autor: Josep Call, Autor: Julia Fischer: Word Learning in a Domestic Dog: Evidence for “Fast Mapping”. In: Zeitschrift: Science, 11 June 2004, Vol. 304, pp. 1682-1683 (Welt: Volltext)
  7. Autor: John W. Pilley, Autor: Alliston K. Reid: Border collie comprehends object names as verbal referents. In: Zeitschrift: Behavioural Processes, Volume 86, Issue 2, February 2011, Pages 184–195, Welt: PMID: 21145379 (Welt: Abstract)
  8. Autor: Sebastian Tempelmann, Autor: Juliane Kaminski, Autor: Michael Tomasello: Do Domestic Dogs Learn Words Based on Humans’ Referential Behaviour? In: Zeitschrift: PLoS One, 2014; 9(3): e91014, Published online 2014 Mar 19. doi: 10.1371/journal.pone.0091014 (Welt: Volltext)
  9. Autor: Paul Bloom: Can a Dog Learn a Word? In: Zeitschrift: Science, 11 June 2004, Vol. 304, pp. 1605-1606 (Welt: Volltext)

     

  10. Autor: Ulrike Griebel, Autor: D. Kimbrough Oller: Vocabulary Learning in a Yorkshire Terrier: Slow Mapping of Spoken Words. In: Zeitschrift: PLoS One, 2012; 7(2): e30182. (Welt: Volltext 1, 2)
  11. Autor: John W. Pilley, Autor: Hilary Hinzmann: Buch: B141.19 Chaser. Unlocking the Genius of the dog who knows a thousand words. (2014) Boston, New York: Mariner Books, ISBN 978-0-544-33459-5
  12. Bild V023906.JPG: Welt: File:Chaser the BC, snow full body.jpg von Autor: Pilley Bianchi (Welt: User:Pilleybianchi von Wikimedia Commons)
    Welt: GNU 1.2, Welt: CC BY-SA 4.0 Vielen Dank! Thank you very much!
    Die Angaben zu Autor: Pilley Bianchi stammen von ihrer Selbstvorstellung auf ihrer Benutzerseite.
  13. Autor: Laura V. Cuaya, Autor: Raúl Hernández-Pérez, Autor: Marianna Boros, Autor: Andrea Deme, Autor: Attila Andics: Speech naturalness detection and language representation in the dog brain. In: Zeitschrift: NeuroImage, Volume 248, March 2022, 118811 Welt: https://doi.org/10.1016/j.neuroimage.2021.118811 (Welt: Volltext)
  14. Autor: Attila Andics, Autor: Márta Gácsi, Autor: Tamás Faragó, Autor: Anna Kis, Autor: Ádám Miklósi: Voice-Sensitive Regions in the Dog and Human Brain Are Revealed by Comparative fMRI. In: Zeitschrift: Current biology, Volume 24, ISSUE 5, P574-578, March 03, 2014 Welt: https://doi.org/10.1016/j.cub.2014.01.058
  15. Autor: Eva Gunde, Autor: Kálmán Czeibert, Autor: Anna Gábor, Autor: Dóra Szabó, Autor: Anna Kis, Autor: Attila Arany-Tóth, Autor: Attila Andics, Autor: Márta Gácsi, Autor: Enikő Kubinyi: Longitudinal Volumetric Assessment of Ventricular Enlargement in Pet Dogs Trained for Functional Magnetic Resonance Imaging (fMRI). In: Zeitschrift: Veterinary Sciences, Volume 7, Issue 3, Welt: https://doi.org/10.3390/vetsci7030127 (Welt: Volltext)
  16. Bild VA011.JPG: "Widu als ganz junger Hund, Sommer 1987" von Kersti Nebelsiek, Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
  17. Autor: Konrad Lorenz: Buch: B141.7.2 Er redete mit dem Vieh, den Vögeln und den Fischen. (1964) München: DTV

Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de
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