vor 26.2.01

Reinkarnationserinnerung, Atlantis / Menschenversuche

F7.

*Sie könnten einen genetischen Defekt finden*

Für einen Menschen hatte ich einen großen privaten Bereich. Eine kleine Kammer mit einem Bett und sogar einem Bücherregal. Sie grenzte direkt an das Arbeitzimmer des Gottes an, dessen persönlicher Diener ich war. Ich betrachtete meinen Herrn und Gott als Freund. Er hat sich immer, so weit ihm das möglich war, für mich eingesetzt.

Vielleicht sollte ich zuerst erklären, was Götter sind. Sie unterscheiden sich kaum von uns Menschen. Ihre Haut ist hell, ihr Haar glatt und blond, sie sind hochgewachsen und es gibt viele Mischlingskinder. Sie halten sich für intelligenter als Menschen, was ich nicht glaube. Meine Mutter gehörte der niedrigsten Menschenrasse an, klein, dunkel, ohne jeden Einschlag göttlichen Blutes. Dennoch war sie die gebildetste Frau, die ich kenne. Außerdem halten sich die Götter viel auf ihre Fähigkeiten im Gedankenlesen zugute. Man nennt das die Gaben der Götter und die meisten Menschen sind dessen nicht fähig. Ich besitze die Gaben der Götter. Ich kann mich verständlich machen, obwohl ich stumm bin. Die Tochter der Köchin, ein Menschenkind niedriger Rasse, lernte Gedanken lesen, um mich verstehen zu können. Die Götter haben uns Menschen durch Gentechnik künstlich erschaffen.

An jenem Tage hatte ich einige Bücher durchgesehen, die von der Universitätsbibliothek neu bestellt worden waren. Das wichtigste las ich sofort durch und nahm es dann mit zu meinem Herrn, da der sich sicherlich auch dafür interessieren würde. Als ich ins Arbeitszimmer kam, spürte ich, daß etwas nicht stimmte. Kaver ein anderer Gott stand neben ihm.
*Torion, du hast Sorgen?* dachte ich ihm zu.
Mein Herr sah mich an.
*Heute ist meine medizinische Untersuchung.* antwortete er und war zutiefst beunruhigt.
Ich wunderte mich. Normalerweise haben nur Menschen Grund zur Angst vor Untersuchungen. Man kann nie wissen, ob die Götter eine Operation planen. Beispielsweise könnten sie die Nerven durchtrennen, die zum Sprechen nötig sind.
*Medizinische Untersuchungen finden regelmäßig jedes halbe Jahr statt.* stellte ich fest.
*Man könnte wegen gestern einen genetischen Mangel entdecken.* erklärte Torion.
Er hatte sich am Vortag mit dem Leiter der Universität angelegt, um einen Menschenversuch zu verhindern. Ich fragte mich, ob Torion eine Erbkrankheit hatte, die bisher vertuscht worden war, oder ob er fürchtete, daß das Ärzteteam eine erfinden würde. Ich hielt beides für denkbar. Die Ärzte waren wie Torion auch Professoren der Universität, in der wir lebten. Ich hätte nicht gedacht, daß sie so weit gehen würden, einen der ihren aus Willkür zum Menschen zu degradieren. Wenn sie das taten, gab es allerdings keine Möglichkeit, dagegen anzugehen. Es gibt keinen schlimmeren Platz für Menschen als die Universität. Torion verbarg seine Angst hinter Stolz.

*Karion, gleich kommen einige Studenten, denen ich versprochen habe, daß ich ihnen Bücher fürs Studium raussuchen würde. Kannst du dich darum kümmern?* wechselte er das Thema.
Ich nickte. Dann verließ er mit dem anderen Gott den Raum.

Ich blieb zurück und hatte Angst. Ich war überzeugt, daß die Götter mich zu Tode foltern würden. Selbstverständlich im Dienste der Wissenschaft. Ich machte Torion keine Vorwürfe. An seiner Stelle hätte ich genauso gehandelt. Unter den Professoren war Torion der einzige, mit dem ich auskommen konnte. Die Ausgänge der Universität sind so scharf bewacht, daß ein Entkommen nahezu unmöglich ist. Zumal es in diesem Land keine freien Menschen gab und ich nicht das Wissen hatte, um in der Wildnis allein zu überleben. Eine hoffnungslose Situation.

Es klopfte. Ich öffnete. Eine Studentin stand vor der Tür. Ich kannte sie als eine der Anständigen.
"Kannst du mir zeigen, wo dein Herr ist?" fragte sie.
*Er hat mich gebeten, für dich die Bücher herauszusuchen, da er nicht dazu gekommen ist. Laß uns in die Bibliothek gehen. Was brauchst du?*
Die Studentin sah mich überrascht an. Sie hatte wohl nicht gewußt, daß ich die Gaben der Götter habe. Torion hält das nicht geheim. Aber Götter legen, was dieses Thema angeht, bei Menschen oft eine bemerkenswerte Blindheit an den Tag. Meine Stummheit dagegen war allgemein bekannt.
*Woran erkennst du das richtige Buch?* fragte sie staunend.
Offensichtlich glaubte sie, daß ich nicht lesen könne.
*Ganz einfach, ich lese den Buchrücken durch.* antwortete ich sarkastisch.
Schnell schrieb ich einen Zettel für die anderen Studenten, daß sie wegen der Bücher in die Bibliothek kommen sollten und ging los.

*Ich brauche ein Lehrbuch über Anatomie.*
Ich suchte es der Studentin heraus. Das beste mir bekannte Anatomiebuch stammte von einem Gott, der aus Prinzip nur Leichen von Menschen seziert hat, die eines natürlichen Todes gestorben waren. Ich erzählte das jedem, der bereit war, mir zuzuhören und hoffte, daß es einen Teil dazu beitragen mochte, daß die Menschenversuche irgendwann abgeschafft würden. Meiner Ansicht nach war der einzige Erfolg dieser grausamen Praktiken, daß den Medizinstudenten jeder Rest an Menschlichkeit ausgetrieben wurde, die sie sich in ihrer Kindheit noch bewahrt haben mochten. Ich verwickelte die Studentin in eine Diskussion über den Unsinn von Menschenversuchen. Sie war mir sympathisch.

Wir wurden durch einen Studenten unterbrochen, der den Strafer benutzte, um mich auf ihn auf merksam zu machen, wie andere Leute einen antippen oder ansprechen. Das ist ein kleines, elektronisches Gerät, das jedes Menschenkind unterm Schulterblatt eingepflanzt bekommt, wenn es zehn Jahre alt ist. Wenn ein Strafer durch jene ebenfalls sehr kleinen Sender erregt wird, die Götter in ihren Fingern eingepflanzt bekommen, sobald sie mit einundzwanzig auf die Universität kommen, schickt er eine Welle unerträglicher Schmerzen durch den Körper. Wenn ich an diesen Strafer auch nur denke, werde ich wütend! Wie kommen die Götter dazu, Menschen, die sich auch ohne jeden Zwang bemühen würden, ihre Arbeit anständig zu erledigen, so ein Ding einzupflanzen? Ich sprach in aller Ruhe den Satz zuende und tat als hätte ich nichts bemerkt, bis er mich heftig anstieß und mir sagte, daß er mit mir reden wolle. Na also! Er kann auch sprechen.

*Womit kann ich dir dienen?* fragte ich höflich.
"Gib mir die Bücher, die dein Herr für mich herausgesucht hat." befahl er wütend, vermutlich weil ich keine Angst vor ihm hatte.
*Sag mir, was du brauchst. Mein Herr hat mich gebeten, die Bücher selbst herauszusuchen.* antwortete ich ruhig.
"Wie bitte? Ich soll mir von einem Menschen Bücher empfehlen lassen?" fuhr er auf.
*Selbstverständlich. Da ich genug Ahnung habe, um meinem Herrn, der Professor ist, Bücher empfehlen zu können, kann ich auch einem Studenten das richtige Lehrbuch auswählen.* antwortete ich.
Ich lächelte über den unangebrachten Hochmut des jungen Gottes.
*Um Bücher empfehlen zu können, muß man sie nicht nur kennen, man muß sie auch verstehen.* belehrte der junge Gott mich herablassend.
*Sehr richtig. Deshalb betraut man mit dieser Aufgabe auch keine Studenten. Was für Bücher wolltest du noch einmal?* konterte ich.
*Über die Grundlagen der Operationstechnik. Und wehe das Buch ist nicht gut. Dann wirst du etwas erleben.* antwortete der Bursche.
Ich suchte ihm ein gutes Buch heraus.
*Wahrscheinlich wird er mich später bestrafen, weil er sich ärgert, daß ich ihm eine gute Empfehlung gegeben habe.* dachte ich mir.

Ich wandte mich an einen zweiten Studenten, der still daneben gestanden hatte, fragte ihn, was er brauchte und gab es ihm. Er betrachtete mich so erstaunt, als wäre auch ihm jetzt erst klargeworden, daß ich die Gaben der Götter habe.

Torion war zur Essenszeit noch nicht zurück. Eine Routineuntersuchung dauert nicht so lange. In sorgenvolle Gedanken versunken, ging ich zur Kantine und versuchte den Studenten nicht in die Quere zu kommen. Die Köchin sagte ratlos:
"Dein Gott hat nicht gesagt, was du essen willst. Was soll ich dir denn geben?"
Ich lächelte und nickte ihr grüßend zu. Ich hatte keinen Nerv, es jetzt mit Zeichensprache zu versuchen. Also nahm ich mit ihrer Tochter Verbindung auf.
*Violla - kannst du mal in die Kantine kommen und deiner Mutter sagen, daß sie mir das Menu 2 geben soll?*
Sie sprang auf, stürmte aus der Küche zu mir hinaus und sprang in meine ausgebreiteten Arme. Lachend schwang ich das kleine Mädchen herum. Wann immer ich Zeit dazu hatte, habe ich mich um sie gekümmert. Ich habe ihr die Gedankensprache beigebracht, lesen und schreiben. Auch mein Herr hat sich, wohl eher mir zuliebe, ein wenig um sie gekümmert. Beim Essen unterhielt ich mich liebevoll mit dem kleinen Mädchen. Eine kurze Zeit, in der ich meine Ängste vor der Zukunft vergaß.

Kersti

Quelle: Erinnerung an ein eigenes früheres Leben


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