5/09
Zum Auswahlverfahren gehörte eine Prüfung. Bei der Prüfung war meine größte Sorge, daß ich sie nicht bestehen könnte, und dann wären meine Eltern wütend auf mich und würden behaupten, es läge daran, daß ich mir keine Mühe gegeben hätte. So wie das in der Schule immer gewesen war, wenn ich schlechte Noten hatte. Am Ende gehörte ich jedoch zu den 18 Auserwählten und hielt mich zusammen mit ihnen in dem Raum auf, in dem die Dracheneier reiften. Wir mußten dort auch essen und durften den Raum nur verlassen, um auf das Klo direkt nebenan zu gehen. Außerdem sollten wir mit den Eiern reden und sie anfassen.
Man hätte annehmen sollen, das sei langweilig, aber irgendwie wurde ich während der Wochen immer träumerischer, immer mehr alte Erinnerungen, von denen ich nicht gewußt hatte, daß ich sie hatte, kamen in meinem Kopf hoch und eines der Eier hatte ein besonders schönes Muster. Ich konnte nicht sagen warum ich das braun gefleckte Ei schöner fand als die anderen braun gefleckten Eier, aber ich sah es mir immer wieder an, streichelte seine Schale, lauschte, ob ich drinnen etwas spürte.
Eine Scene hieraus:
F56.
Kleine "Drachen" fragen ja gleich nach ihrer Geburt nach
dem WARUM
Irgendwann merkte ich, daß es anfing zu zittern. Ich fühlte mich beengt, ohne mir erklären zu können warum. Ich hatte das Gefühl zusammengerollt zu sein und mich strecken zu wollen, aber es schien etwas hartes im Weg zu sein. Ich hörte immer wieder ein leises kratzen im Ei. In den nächsten Tagen kam das immer häufiger vor und wurde stärker und lauter. Eines Tages wachte ich mit einem Gefühl von Aufregung auf, faßte mein Ei an, und genau da wo ich hinschaute war ein kleines Loch. Ich begann aufgeregt weiter die Schale aufzubrechen, während von innen ein kleiner Drache an derselben Aufgabe arbeitete. Das Loch wurde größer. Schließlich streckte er sich kräftig und brach die Schale damit endgültig auf. Frisch geschlüpft war der Drache blutrot und kaum einen Meter groß. Er drängte sich dicht an mich, richtete sich auf und versuchte sich an meinem Hemd hochzuziehen. Ich spürte, daß er auf den Arm wollte und hob ihn automatisch hoch. Er kuschelte sich zufrieden in meine Arme und gab leise freundliche Geräusche von sich. Dann gab er mir ein Bild von warmen Sonnenlicht und wie gut sich sowas anfühle müßte. Es war ein sehr vages Bild, aber das einzige, was darauf paßte, war halt Sonnenlicht.
Ich ging zum Ausgang und sagte, daß ich raus müßte, weil mein Drache Sonne bräuchte und als sich die Tür nicht sofort öffnete, begann ich heftig dagegen zu klopfen. Obwohl der Raum warum und hell erleuchtet war, kam er mir dunkel und kalt vor. Damit war ich also zum ersten Drachenreiter geworden.
Quelle: Erinnerung an ein eigenes früheres Leben
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615,
Internetseite: https://www.kersti.de/,
Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal
im voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von
Lesern immer bekomme.
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