12/09
Dann änderte sich plötzlich alles.
Ich erwachte in einem kleinen gemauerten Raum und fühlte mich wie ein Tier im Käfig, weil ich in Zelten aufgewachsen war. Als ich mich ein wenig bewegte, fuhr ein heftiger Schmerz durch mein linkes Bein und mir wurde schwarz vor Augen.
Ich überlegte, wie ich an diesen merkwürdigen Ort gekommen war. Das letzte, an das ich mich erinnern konnte, war, daß ich mit den Frauen und Kindern des Stammes und einigen wenigen Wächtern durch die Wüste ritt. Die anderen Männer waren auf einem Kriegszug gegen einen verfeindeten Stamm. Dann brach die Erinnerung unvermittelt ab.
"Du bist wach?" fragte eine Frau, die still neben mir gesessen hatte und fütterte mich mit kleinen Brotstückchen und Obst. Auf meine Fragen antwortete sie nicht. Auch in den folgenden Wochen erhielt ich keine Antworten. Ich bekam zu essen, mein offensichtlich schwer verletztes Bein wurde von einem Arzt fachgerecht versorgt und ich grübelte, wie ich in diese Situation gekommen sein mochte. Niemand war unfreundlich zu mir.
Als ich allmählich wieder zu Kräften kam, fesselten sie mich ans Bett. Ich dachte, daß sie vielleicht fürchteten, ich könnte sie angreifen oder weglaufen - doch zwei Tage später kastrierte mich der Arzt vollständig, das heißt er schnitt mir Penis und Hoden ab. Danach wurden mir die Fesseln gelöst. Sie sagten mir, daß ich Chehija wiedersehen könne, sobald ich mich von der Operation ausreichend erholt hatte.
Die nächsten Tage wagte ich mich kaum zu rühren, denn wenn ich still hielt, flauten die Schmerzen so weit ab, das es beinahe erträglich war, doch immer, wenn ich mich ein wenig bewegte, fuhr neuer heißer Schmerz durch meinen Körper.
Merkwürdigerweise erleichterte mich die Kastration irgendwie. Natürlich war das das letzte, was ich mir gewünscht hätte. Aber jetzt brauchte ich nicht mehr darüber nachdenken, ob es schlimmer war, kastriert zu werden oder als Verstoßener in der Wüste zu leben. Jetzt war die Entscheidung gefallen und ich mußte es akzeptieren, wie es war.
Ich konzentrierte mich darauf, wieder auf die Beine zu kommen und dachte mir, daß sich der Rest schon finden würde.
Quelle: Erinnerung an ein eigenes früheres Leben
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615,
Internetseite: https://www.kersti.de/,
Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal
im voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von
Lesern immer bekomme.
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