erste Version: 8/2015
letzte Bearbeitung: 8/2015

Ägyptische Priesterleben: Ägyptische Priesterleben - Eine Schule der Hingabe

F563.

Ich glaubte nicht, daß ich schon groß genug war, um das auszuhalten, ohne zu weinen. Aber ich war ja auch erst fünf und noch nicht zwölf

Vorgeschichte: F562. Kersti: D

Erigon erzählt:
Ich mußte drei gewesen sein, als ich das erste mal eine Kastration sah, denn ich lief immer hinter meinem Vater her, wenn er es nicht verbot, weil etwas zu gefährlich ist. Bei Kastrationen zusehen, ist nicht gefährlich, deshalb schickte mein Vater mich nicht weg.

Bei den Kastrationen hatten drei Jungen geholfen, die Tiere festzuhalten. Derjenige der dieses Jahr kastriert wurde und zwei die im nächsten Jahr dran sein würden. Der Junge, der wußte, daß er noch am selben Tag kastriert werden würde, wirkte in sich gekehrt und war stiller als sonst, er half aber wie immer bei der Arbeit und gab durch nichts zu erkennen, daß er etwas dagegen hätte, kastriert zu werden. Er hörte zu, als ihm erklärt wurde, daß das jetzt wehtun würde, daß es aber wichtig sei, daß er stillhielte, weil sonst die Gefahr bestünde daß das Messer abrutscht und er unnötig schwer verletzt wird. Um solche Verletzungen zu vermeiden, würde mein Vater ihn auch gut festhalten. Der Junge nickte und tat, ohne sich zu beklagen, genau das, was ihm gesagt wurde, aber an seiner Miene konnte ich ablesen, daß die Kastration ganz schön wehtat.

Jedenfalls war mir danach klar, daß das den Tieren und meinem zwölfjährigen Onkel, der in dem Jahr kastriert worden war, wehgetan hatte und daß die Tiere das ganz bestimmt nicht gewollt hatten. Ich fragte also meinen Vater, warum er denn so etwas macht.
"Du weißt doch wie unser Zuchtstier ist und wie die Ochsen sind." meine mein Vater.
Das wußte ich. Der Zuchtstier war bösartig und ständig schlecht gelaunt und er war definitiv zu keiner Arbeit zu gebrauchen. Die Ochsen waren gutmütig, wenn man ihnen sagte, daß es raus zur Arbeit geht, kamen sie offensichtlich gerne mit und ich konnte die großen starken Tiere leicht führen, wenn mein Vater hinterm Pflug ging, weil sie bereitwillig ihre Arbeit taten. Ich führte sie natürlich in dem Alter nicht den ganzen Tag, weil ich manchmal auch spielen wollte, aber mein Vater meinte oft, ich wäre ihm eine große Hilfe, wenn ich das tat. Abends wurde das schwieriger, weil die Ochsen dann genau wie Menschen müde waren und keine Lust mehr hatten, aber im Großen und Ganzen zeigten sie mir, daß sie mich mochten, weil ich sie gerne streichelte, wirkten den größten Teil des Tages zufrieden und gut gelaunt.
Mein Vater erklärte, daß das daran lag, daß die Ochsen als Kälber kastriert worden waren, während man den Stier unversehrt gelassen hatte, weil man ja jedes Jahr neue Kälber braucht und das ohne Stier nicht geht. Und Sklaven, so meinte er, müßte man auch kastrieren, weil sie dann zufriedener damit wären, wenn sie ihre typische Sklavenarbeit machen müssen.
Bei den Ochsen und Stieren kam mir die Erklärung überzeugend vor, denn das, was ich beobachten konnte, stimmte offensichtlich mit der Erklärung überein. Bei Menschen hatte ich so meine Zweifel, denn mein Vater arbeitete auch den ganzen Tag auf den Feldern mit, tat genau die selbe Arbeit wie wir Sklaven und war dabei immer gut gelaunt und freundlich, wenn er den Sklaven Anweisungen erteilte.

Ich ging, als ich zwei Jahre später wieder bei einer Kastration dabei gewesen war, zu dem Eunuch, der der Liebhaber meiner Oma war und mich oft auf den Arm nahm und knuddelte und fragte ihn nach seiner Meinung dazu.
"Das ist Unsinn." sagte er, "Menschen sind doch keine Ochsen oder Stiere. Wenn man zwölf wird und anfangen muß, auf den Feldern mitzuarbeiten wie ein Erwachsener, dann denkt ein Mensch einfach über vieles nach, über was ein Kind noch nicht nachdenkt. Man begreift, daß es wichtig ist auf den Feldern zu arbeiten. Wenn wir nicht alle das ganze Jahr fleißig sind, wird die Ernte schlecht, das Getreide wird im nächsten Jahr vor der nächsten Ernte alle und wir müssen alle hungern."
Das war logisch.
Ich fragte, warum die Kälber und Lämmer sich denn gewehrt haben und warum mein Onkel sich nicht gewehrt hat.
"Die Kälber und Lämmer wehren sich einfach, weil es wehtut und weil sie nicht wissen, daß sie sowieso keinen Erfolg haben werden und trotzdem kastriert werden. Jeder Mensch macht sich ein bißchen seine eigenen Gedanken, deshalb mußt du deinen Onkel fragen, wenn du es genau wissen willst. Aber ich habe mich damals auch nicht gewehrt und das war, weil ich mir dachte, ich kann mich wehren oder weglaufen, dann fangen sie mich ein, schleppen mich mit Gewalt dahin und kastrieren mich trotzdem. Oder ich tue, was mir gesagt wird, dann werde ich auch nur kastriert und habe ein paar blaue Flecken weniger. Wenn man einer Sache sowieso nicht entkommen kann, kann man sie auch friedlich über sich ergehen lassen." antwortete er.
Das erschien mir auch logisch.
"Und warum hat er nicht geweint?" fragte ich.
"Wenn ein Kind ganz klein ist, weint es bei jedem kleinen Kratzer. Wenn man nach und nach größer wird, merkt man, daß man durchaus stark genug ist, um es einfach auszuhalten, wenn man einen kleinen Kratzer hat. Und wenn man alt genug ist um kastriert zu werden, dann ist man auch stark genug, um das auszuhalten und braucht nicht unbedingt zu weinen, auch wenn es sehr wehtut." antwortete er.
"Wie sehr tut das denn weh?" fragte ich.
"Ungefähr so, als hätte dir jemand kräftig zwischen die Beine getreten." antwortete er.
Ich glaubte nicht, daß ich schon groß genug war, um das auszuhalten, ohne zu weinen. Aber ich war ja auch erst fünf und noch nicht zwölf.

Als ich mit siebzehn dann tatsächlich kastriert wurde hatte ich mir jedenfalls keinerlei Sorgen gemacht, ob ich die Schmerzen denn aushalten kann oder nicht. Ein erwachsener Mann sollte dazu fähig sein, so etwas über sich ergehen zu lassen, ohne zu jammern.

Kersti

Fortsetzung:
F564. Kersti: D

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben

EGI. Kersti: Erinnerungen aus diesem Leben, aus früheren Leben und aus feinstofflichen Welten
V231. Kersti: Frühere Leben von mir
FI62. Kersti: Inhalt: Eine Schule der Hingabe

Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de
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