erste Version: 1/2019
letzte Bearbeitung: 1/2019

Chronik des Aufstiegs: Die Pforten der Hölle - Die Beschützer der Menschheit vor den Geistern der Verzweiflung

F1195.

Der Rest des Rittes überzeugte mich, daß Khar wirklich tot war, denn er übernahm auf dem gesamten Ritt die Hauptlast der magischen Verteidigung

Vorgeschichte: F1193. Khar: "Khar, tu etwas." sagte Rios

Tharon erzählt:
Für die Flucht hatte ich beschlossen, daß ich selber reiten wollte, denn wenn ich auf einer Kutsche sitze, die stecken bleibt, würde ich nicht aus eigener Kraft aussteigen und weiter gehen können. Rios meinte ich wäre verrückt, aber letztlich setzte ich mich durch.

Ich ritt also neben den Wagen her, mit denen wir flohen. Khar war an meiner Seite und ritt auf dem jungen Hengst, den er sich immer unter den Nagel riß, wenn etwas zu Pferde zu erledigen war, neben mir her - zumindest bis er das nächste Problem entdeckte das es zu lösen gab, dann ließ er seinen Hengst nach vorne galoppieren und half dabei einen stecken gebliebenen Wagen wieder in Gang zu bringen, oder was immer er entdeckt hatte.

Ich beoachtete ihn und dachte wehmütig, daß ich, als ich so jung gewesen war, auch so viel Energie gehabt hatte. Jetzt konnte ich wohl froh sein, wenn meine Kraft reichte, um diesen Ritt zu überleben. Dann sagte ich mir, daß jetzt wirklich nicht der Augenblick war, um der Vergangenheit nachzutrauern und ließ meinen Blick über die Landschaft gleiten, in der Hoffnung, daß ich alle Gefahren entdecke, ehe sie uns zum Verhängnis werden, hörte plötzlich galoppierende Pferde von hinten - Khar hatte sein Pferd gerade wieder zu mir zurückfallen lassen. Ich sah mich um - es war einer der beiden Ritter der Nachhut, der neben uns das Pferd zügelte und meldete, daß Khiris vom Pferd geschossen worden war und daß wir Verfolger hatten. Ich gab dem Alarm weiter und sagte Khar, daß er die Leute magisch abwehren oder ablenken sollte. Er muß das wohl mißverstanden haben, denn er wendete sein Pferd, ein Schuß ertönte und der Hengst brach tot zusammen. Khar sah ich nicht mehr und dachte, wir hätten ihn verloren.

Mein Pferd war glücklicherweise auf einen klügeren Gedanken gekommen als Khar. Es stürmte nämlich nach vorne an den Wagen vorbei, so daß ich nicht auf Gefahren achten mußte, sondern mich auf die magische Verteidigung konzentrieren konnte, denn für etwas anderes taugte ich alter Mann nun wirklich nicht mehr.

Der Rest des Rittes überzeugte mich, daß Khar wirklich tot war, denn er übernahm auf dem gesamten Ritt die Hauptlast der magischen Verteidigung und ich dachte, daß ihm das nicht gelingen konnte, wenn er sich gleichzeitig zu Fuß in Sicherheit brachte. Er wirkte dabei auch wie jemand, der keinen Kontakt zu einem irdischen Körper hatte, nicht mehr menschlich sondern wie eine wütende Gottheit, die ihre Kinder schützt. Was irdisch passiert ist, habe ich nicht wirklich mitbekommen. Ich kam erst wieder zu mir, als wir am Abend des nächsten Tages durch die Tore des Gebäudekomplexes ritten, in dem wir Zuflucht gesucht hatten. Jemand hob mich vom Pferd und trug mich in ein Bett. Ich schlief erschöpft ein und träumte von weiteren magischen Kämpfen.

Als ich schließlich morgens wieder zu mir kam, brachte mir Anna das Frühstück und sagte mir bei der Gelegenheit, daß Khar und Khiris noch lebten. Sie waren mitten in der Nacht auf zwei Pferden angekommen und Anna hatte sie identifizieren sollen. Ich sagte ihr, daß ich dann mit Khar und Rios sprechen muß und daß der Rat sich zwei Stunden später zusammensetzen muß, um alles zu organisieren.
"Rios kann nicht kommen. Er ist nach der Nacht nicht aufgewacht, windet sich in Krämpfen. Die Heiler versuchen gerade herauszufinden, was los ist." sagte sie.
Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Ja, richtig, er war bei den magischen Kämpfen von einem Blitz in den Kopf getroffen worden. Das hatte ich jedenfalls geträumt. Ich konnte nur hoffen, daß die Heiler das feinstoffliche Problem behoben bekommen, bevor es auf den Körper schlägt.
"In dem Fall leitet Khar die Versammlung und Ehon ist sein Stellvertreter."
Anna sah mich zweifelnd an, dann zuckte sie mit den Schultern und meinte:
"Dann kann ich nur hoffen, daß nicht die ganze Versammlung aus Kindern besteht."
Das hoffte ich auch. Doch selbst wenn dem so war, mußten wir überlegen, was zu tun war und ich war einfach zu krank zum aufstehen. Mein ganzer Körper tat vom Ritt noch weh und ich hatte Schwierigkeiten, beim essen nicht gleich wieder einzuschlafen.

Khar kam, kurz nachdem eine Frau das Essen abgeräumt hatte, mit eben dieser Frau herein. Sobald sie wieder gegangen war, sagte er, daß er eine Gedächtnislücke hatte und nur noch wußte, wie er, nachdem er abgeschossen worden war, wieder auf ein Pferd gestiegen war, Khiris gefunden und mitgenommen hatte. An mehr könne er sich nicht erinnern und wolle deshalb wissen, wo er war und wie die Situation war.

Natürlich wußte ich selbst nicht viel mehr, aber wo ich war, war mir schon bekannt, schließlich hatte ich Monate vorher schon diverse Pläne aufgestellt, was wir machen könnten, wenn wir den Standort nicht mehr halten können. Den einen, der in der augenblicklichen Situation und am hiesigen Ort umsetzbar war, erklärte ich ihm grob und sagte ihm, daß gleich eine Versammlung war, die er zu leiten hätte. Er kam zu der naheliegenden Schlußfolgerung, daß Rios dann ja wohl tot sein müsse, aber als ich ihm sagte, daß er nur schwer verletzt war, tröstete ihn das nicht, sondern er löste sich endgültig in Tränen auf.

Ich legte meine Hand auf seine und wartete, daß er sich wieder faßte - so etwas Anstrengendes wie eine Umarmung hätte ich einfach nicht geschafft. Dann fragte ich ihn warum er so weinte. Er beantwortete diese Frage mit einem völlig wirren Redeschwall, bei dem ich einfach erschöpft einschlief.

Kersti

Fortsetzung:
F1194. Khar: Tatsächlich hatte ich zu viel hin und her überlegt, ob ich meine Gedächtnislücke eher ansprechen oder eher verschweigen sollte