erste Version: 1/2019
letzte Bearbeitung: 1/2019

Chronik des Aufstiegs: Die Pforten der Hölle - Die Beschützer der Menschheit vor den Geistern der Verzweiflung

F1197.

Als ich diesen Jugendlichen Khar abholen sollte, weil Tharon ihn unbedingt die Versammlung des durch den magischen Anschlag zerschlagenen Ordenskapitels leiten lassen wollte, hatte ich doch arge Zweifel an der Weisheit der Entscheidung

Vorgeschichte: F1196. Khar: Ich entschied, daß ich richtig gefrühstückt haben wollte, bevor ich zu einer Versammlung erschien, der ich mich so wenig gewachsen fühlte, wie das nun einmal der Fall war

Rita erzählt:
Als ich diesen Jugendlichen Khar abholen sollte, weil Tharon ihn unbedingt die Versammlung des durch den magischen Anschlag zerschlagenen Ordenskapitels leiten lassen wollte, hatte ich doch arge Zweifel an der Weisheit der Entscheidung. Zumal dieser Jugendliche, wie Jugendliche das immer tun, zunächst nur an essen dachte. Aber das müssen sie auch, da in diesem Alter der Körper so schnell wächst. Und er ließ auch, ganz wie Jugendliche das gern tun, seinen Charme spielen, damit dieser Hunger gestillt wird. Er war auch wirklich ein schmucker Jüngling dem man einen solchen Gefallen gern tut.

Als ich dann half, die Versammlung zusammenzutreiben, die der Junge leiten sollte, wurde ich noch skeptischer, denn das waren mit zwei Ausnahmen alles halbe Kinder. Dann holte ich den Jungen ab, der sich plötzlich wie ein erfahrener Führer verhielt, indem er sagte, daß er jedenfalls nicht hungrig zu einer solche Versammmlung erscheinen würde, regelte wann es für die anderen essen und Pausen gibt und mich bat, ihn zur Versammlung zu führen.

Ich sah, wie er nach dem Eintreten mit einer Souveränität für eine enspannte Stimmung sorgte und die Tagesordnung festlegte, als hätte er schon tausend mal Krisen gemanagt und wäre tatsächlich optimistisch, alle Probleme lösen zu können, was in Anbetracht der Umstände zwar eine kluge Taktik war, aber nicht seiner wirklichen Einstellung entsprechen konnte. Und die halben Kinder taten, was er sagt. Ich regelte kurz das mit dem Mittagessen, dann stellte ich mich innen neben die Tür, um diesen Kindern zu bringen, was immer sie für die Arbeit brauchten.

An Khars souveränen Umgang mit seiner Aufgabe hatte sich nichts geändert. Die Konferenz, in der dem Jungen eine Katrastrophe nach der andere präsentiert wurde, ging ihren unfaßlich geordneten Gang und als das Essen kam, sprach der letzte gerade die letzten drei Sätze seines Lageberichtes, Khar bedankte sich und sagte, da jetzt alle grob Bescheid wüßten, wäre es Zeit zu essen und nach dem Mittagsgebet würde man darüber reden, wie jedes einzelne Problem gelöst würde. Jeder solle sich bis dahin schon einmal über Lösungen Gedanken machen. Er brachte es fertig, dabei tatsächlich zu wirken, als würde er glauben, die Probleme seiner Leute wären lösbar und er würde das schon hinkriegen.

Unterbrochen durch zwei weitere Gebetszeiten und das Abendessen tagte die Konferenz bis in die späten Abendstunden und der Junge verblüffte mich, indem er tatsächlich mit den Kindern Lösungen für die meisten Probleme fand und in ihnen den Glauben wecken konnte, daß sie tatsächlich in der Lage wären, das alles zu bewältigen. Dabei merkte ich, daß er offensichtlich schon für jede Abteilung Lösungen im Kopf hatte, zu denen er die jeweiligen Vertreter subtil hinführte, wenn sie nicht schon selber auf etwas Funktionierendes gekommen waren. Er schloß die Versammlung mit den Worten, daß sie ja alle wüßten, daß sie im Grunde noch zu jung für ihre Aufgaben wären. Wenn es also an Stellen haken würde, die sie nicht vorhergesehen hätten, sollten sie nicht zögern, ihn anzusprechen, damit man gemeinsam nach einer Lösung suchen könne.

Ich ging mit den Zettel mit Bitten, die ich hatte notieren sollen, zu meinem eigenen Vorgesetzten und erstattete ihm Bericht über die Versammlung.
"Soll das heißen, daß ich diesen Zettel gar nicht brauche?" fragte er und hielt mit einem gespielt traurigen Gesichtsausdruck seine Notitzen von der parallel stattgefundenen Versammlung unserer Leute hoch, in der wir ebenfalls Vorschläge erarbeitet hatten, wie die Probleme zu lösen seien. Ich hatte natürlich davon gewußt, aber den Kindern hatten wir es nicht verraten, weil wir ihren Stolz nicht verletzen wollten.
"Ich hege den Verdacht, daß dieser Jugendliche Khar damit genauso souverän umgehen würde wie mit allem anderen, möchte aber trotzdem eher Tharon fragen, wie man ihm diese Vorschläge am klügsten unterbreiten kann." meinte ich.
Dann klopfte es an der Tür.
"Herein." antwortete mein Chef.
Khar trat ein und meinte, ihm sei zugetragen worden, daß unsere Leute parallel auch Lösungsvorschläge erarbeitet hätten und er würde vorschlagen, daß wir, sobald die Berichte geschrieben sind, Protokolle austauschen, so daß jeder informiert ist, wie die jeweils andere Seite denkt. Sekundenlang war ich sprachlos. Mein Chef fing sich zuerst und antwortete, daß das ein guter Gedanke wäre. Er würde sein Exemplar erhalten, sobald der Sekretär die erste Abschrift angefertigt hätte. Der Junge bedankte sich, lächelte und ging.

Natürlich hatten wir uns bei den wenigen lebenden älteren Erwachsenen erkundigt, wie wir Lösungsvorschläge am diplomatischten an die jungen Leute weiterreichen und ihnen möglichst noch das Gefühl vermitteln, sie hätten jede Lösung selbst gefunden, damit sie das Selbstvertrauen entwickeln, das sie brauchen würden, wenn sie als Erwachsene die Leistungen der vorhergehenden Generation weiterführen sollten. Noch deutlicher hätte der Junge nicht klarstellen können, daß er jedenfalls keine Streicheleinheiten für empfindliche Egos braucht und daß sein eigener Standort ihn trotz seiner Jugend als kompetenten Führer sieht. Schließlich wäre ihm das nicht so unmittelbar zugetragen worden, wenn es anders wäre.

"Der Junge hat etwas, nicht wahr?" fragte mich mein Vorgesetzter.
Ich nickte und fragte ihn, wann er ihm denn die Abschrift bringen wird.
"Wenn der Junge klug ist, geht er jetzt ins Bett also werde ich die Angelegenheiten morgen nach dem Frühstück mit ihm besprechen."

Kersti

Fortsetzung:
F1237. Khar: Jetzt aber war völlig klar, daß es nur einen Zeitpunkt gab, wo ich mich um Verletzte kümmern konnte und das waren eben die Gebetszeiten