erste Version: 7/2020
letzte Bearbeitung: 7/2020

Chronik des Aufstiegs: Die Pforten der Hölle - Die Beschützer der Menschheit vor den Geistern der Verzweiflung

F1338.

Dann fiel mir wieder ein, daß es ja noch einen Ritterorden und eine Schule gab, um die ich mich hätte kümmern sollen

Vorgeschichte: F1367. Mirko: Khar war ja der Ansicht, er hätte seine neueste Dämonenhorde gezähmt und genau so sah das das nächste halbe Jahr auch aus

Khar erzählt:
Ein weiteres Problem, war, wie wir Ehon betreuen. Sie hatten Ehon ziemlich weit über diverse Höllen verstreut. Ich hatte gedacht, wir können Dirk zu Geron schicken, weil ich mit meinen Höllen so weit durch gewesen war, daß ich es mir zutraute, die restliche Arbeit auch allein zu schaffen. Doch jetzt brauchte Ehon eine Betreuung eines vollen Kreises und der einzige voll ausgebildete Mann, der dafür zur Verfügung stand war ich. Natürlich waren die halben Kinder, die bei mir Wache gehalten hatten, immer noch da, aber sie waren eben halbe Kinder und mußten eng betreut werden. Und dazu fehlten Ehon, Dirk und ich eigentlich auch, denn ich war immer noch zu sehr mit meinen eigenen Dämonen und Mirkos Staubproblem beschäftigt. Ich fühlte mich maßlos überfordert und erhielt zur Antwort einen Traum, in dem mir ein großer Dämon einer Einweihung gab und dann seinen hellen Bruder rief, der mich ebenfalls einweihte. Am nächsten Morgen hatte ich heftige Kopfschmerzen und fühlte mich, als wäre ich ein einziger Klumpen Matsch, was wahrscheinlich meinen feinstofflichen Zustand ganz gut beschrieb, denn ich hatte nach den Einweihungen viel zu viel Staub integriert. Das mochte jedoch sein wie es will - ich mußte auf der Wache erscheinen und konnte nur hoffen, daß ich wach genug war, um größere Katastrophen zu verhindern.

Zur selben Wache hatte ich Kalar, unseren Neuen eingeteilt. Wie auch immer, ich versuchte, trotz meines brummenden und schmerzenden Schädels meinem neuesten Schüler zu erklären wie man sich auf so einer Wache verhält und sprach mit Kiro, dem Wolf in Ehons Körper ab, wie wir die Arbeit in den Höllen fortführen wollten. Kiro war eigentlich ein Schutztier von Ehon und wußte aus seinen früheren Leben immerhin, wie sich ein braver Hund verhält, was wohl beim Umgang mit den Menschen des anderen Ordenshauses schlimmere Unfälle verhindert hatte. Diverse Ehon-Anteile hatten sich bereits bei ihm gemeldet und mitgeteilt, wo unsere Hilfe benötigt wurde.

Ich dachte mir nur: "Das ist mir alles zu viel!" und daß ich das sicherlich nie schaffen würde. Trotzdem konzentrierte ich mich natürlich darauf, die nötigen Heiler und Helfer zu rufen. Als ich glaubte, das nötigste getan zu haben, war schon der nächste Junge da. Ich ging nach ein paar Worten raus und zu Mirko, um ihn zu sagen, daß er auch Wachen übernehmen mußte. Wirklich funktioniert hat das nicht, denn zuerst habe ich mich so kraus ausgedrückt, daß er kein Wort verstanden hat und als er es dann wagte, eine Rückfrage zu stellen haben ich ihn regelrecht zusammengeschissen. Mirko hörte sich das mit hochgezogenen Augenbrauen an, befahl mir, mitzukommen und brachte mich in den Isolationsraum, wo wir nach Einweihungen normalerweise bleiben sollten. Er schloß die Tür von außen ab.

Ich legte mich auf das Schlafsofa und schlief sofort erschöpft ein. Ich träumte von Höllen und Wüsten und glaubte, es wäre allein meine Aufgabe, das alles aufzuräumen, weil ich daran Schuld wäre, daß jetzt alles so schlimm ist.

Ich weiß nicht, wie lange diese Träume dauerten, doch ich wurde rücksichtslos wachgerüttelt, bekam etwas zu essen und dann sagte Kanush mir, daß ich im Dämonenkäfig gebraucht werde und zog mich am Arm hinter sich her. Ich nahm wenig von der irdischen Realität wahr, sondern fand nur noch mehr Höllen und Wüsten, die ich heilen mußte. Ich war absolut überzeugt, daß ich das niemals schaffen würde.

Was eigentlich vorhersehbar gewesen war, geschah: Ich hatte die Wüsten irgendwann zumindest so weit aufgeräumt, daß dieses "Das schaffe ich nie"-Gefühl weg war. Dann fiel mir wieder ein, daß es ja noch einen Ritterorden und eine Schule gab, um die ich mich hätte kümmern sollen.

Ich kann nicht behaupten, daß ich inzwischen nichts davon gesehen hatte. Ich hatte den Jugendlichen sogar immer wieder mal erklärt, wie man bestimmte Probleme löst und wie man sich um andere kümmert. Ich hatte auch weiter Buchseiten korrigiert. Das hieß aber nicht, daß ich wirklich orientiert gewesen wäre. Ich hatte mich so sehr auf den nächsten Handschlag konzentriert, der zu tun war, daß ich das große Ganze aus dem Blick verloren hatte, was die Erde anging. Schließlich hatte ich das Gefühl, ganze Welten zu heilen.

Ich erkundigte mich also nach Datum und Uhrzeit und sagte dann, daß ich mit Ehon oder Kanush reden mußte. Irritierenderweise brachte der Jugendliche mich nach meiner Schicht stattdessen zu Mirko, da Kanush für einige Wochen auf einer Reise war, weil er in Deutschland etwas erledigen mußte. Als der Jugendliche mir das sagte, war ich von mir selbst angenervt, weil mir das durchaus gesagt worden war, ich hatte nur nicht dran gedacht. Ich redete also mit Mirko, sobald ich mit ihm allein war.

Daß ich gut ein halbes Jahr nichts wirklich mitbekommen hatte, war mir schon durch das Datum klar, das der Jugendliche mir genannt hatte. Nach den anderen Vorgängen erkundigte ich mich jetzt. Mirko behauptete, ich hätte die ganze Zeit irdisch normal gearbeitet, allerdings ziemlich viel Schlaf gebraucht.
"Das kann ich gar nicht glauben. Ich war doch gar nicht wirklich da! Ich muß mich doch sehr komisch gewirkt haben." widersprach ich.
"Nein Khar, du hast dich nicht komisch verhalten. Du hast lediglich ein wenig geistesabwesend gewirkt." behauptete Mirko.
"Geistesabwesend? Na so kann man das nennen! Ich war buchstäblich weg, hab nur Wüsten und Höllen gesehen!" antwortete ich.
"Ich meinte, daß du dich in anderen Gegenden rumgetrieben haben mußt." behauptete er und erzählte mir lauter Episoden in denen ich sehr ungewöhnliche Sprachen gesprochen habe - Hochelbisch, Dämonensprachen, Japanisch, Englisch, Latein ... und meinte dann "Jedenfalls kannte ich die alle, mit denen ich da geredet habe, bisher nicht."
"Und wie kommst du dazu, das 'nicht komisch' zu nennen?" fragte ich.
"Ach weißt du, als ich dich das erste mal gesehen habe, hast du eine Unterhaltung im Hochdämonisch der Ahrimanhöllen geführt." antwortete Mirko.
"Das war etwas völlig anderes. Da mußte ich mich auf den Dämon konzentrieren!" widersprach ich.
"Ja. Aber in diesem halben Jahr ist es dir nicht passiert, daß dich jemand völlig verängstigt angestarrt hat, weil du dich in der Sprache vergriffen hast. Na ja, einmal hast du dich in der Sprache vergriffen. Am Tag nach der Einweihung bist du zu mir gekommen und hast mich in irgendeiner Dämonensprache angesprochen, die ich nicht kannte. Als ich dich nicht verstanden habe, hast du einen Wutanfall bekommen." erklärte Mirko.
"An den Wutanfall kann ich mich aber erinnern. Da habe ich mal wieder nicht gemerkt gehabt, daß ich in eine andere Sprache gerutscht bin. An die anderen Scenen nicht. Ich verstehe überhaupt nicht, wie ihr darauf kommt, daß ich es geschafft hätte, alle meine Pflichten zu erfüllen!" sagte ich peinlich berührt.
"Na dann weißt du ja jetzt, wie es mir die ganzen Jahre ergangen ist! Du hast ja auch behauptet, ich schreibe gute Bücher." entgegente Mirko und grinste.
Ach du meine Güte, wenn es ihm so ergangen ist, dann weiß ich jetzt, warum er nicht glauben konnte, daß er nur ein wenig schweigsam wirkte. Das war schon absurd.

Ich hatte wirklich ein halbes Jahr auf dieser Welt einfach so übersehen, als wäre es nicht dagegewesen. Da waren zwar vage Eindrücke von regelmäßigen Wachen bei Ehon, aber mir war das eher wie zwei drei Tage vorgekommen nicht wie ein halbes Jahr. Außerdem war es zu verwischt und zu flüchtig, kam mir eher wie ein Traum als wie echt vor.

Kersti

Fortsetzung:
F1652. Kalar: Plötzlich wirkte Ehon nicht mehr wie ein Tier sondern wie irgendetwas ganz Unmenschliches, das mich in einer Sprache wie aus den tiefsten Tiefen der Hölle ansprach