erste Version: 9/2019
letzte Bearbeitung: 9/2019

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Das Leben des perfekten Kriegers

F1452.

Es ist alles dermaßen ruhig und höflich zugegangen, da konnte man überhaupt nicht ernsthaft an Aufstand denken

Vorgeschichte: F1522. Dira von Leuenhorst: Das Schiff war ein Gehirnschiff, in das eine von den Technikern regelrecht eingebaut worden war

Dira von Leuenhorst erzählt:
Unser Kriegsgegner war diesmal ein Planet des Drachenreiches, mit dem wir verfeindet waren, seit wir unsere ersten Raumschiffe gebaut hatten. Auf einem der ersten experimentellen Raumflüge, die wir unternommen hatten, war unser Schiff von einem Drachenschiff abgeschossen worden. Danach waren die Beziehungen sehr schnell immer schlechter geworden.

Zunächst lief bei dem Angriff alles plangemäß. Dann aber mußten wir feststellen, daß der Feind eine Entsatzstreitmacht geschickt hatte. Als ich sah, daß viel zu viele fremde Schiffe ins System kamen, um sie abwehren zu können, befahl ich einen Alarmstart der Landefähren, denn um unsere Mannschaften vom Planet zu holen, reichte die Zeit. Ich wunderte mich, warum nur die Zuchtmenschenschiffe denselben Befehl gaben und stellte dann fest, daß der Leiter unserer Flotte den Befehl zur Flucht gab, bevor ich die Landefähren wieder an Bord genommen hatte. Ich protestierte sowohl gegenüber meinem Kapitän, als auch gegenüber dem Fottenadmiral. Mein Schiff verließ trotzdem das System, ohne auf die Landefähren zu warten. Die Zuchtmenschenschiffe verweigerten den Befehl und gaben zurück, sie würden nachkommen, sobald sie ihre Leute wieder aufgenommen hätten. Ich war entsetzt über die inkompetente und feige Aktion unserer Schiffe und fand die Reaktion der Zuchtmenschen bewundernswert, auch wenn ich das niemanden gegenüber erwähnte, weil ich auch so schon behandelt wurde, als hätte ich alles kaputt gemacht.

Nur einer der Schiffsingenieure, der ein Zuchtmensch war, nahm mich irgendwann zur Seite und sagte mir, daß ich mir keine unnötigen Sorgen machen sollte. Da ich unsere Landefähren gestartet hätte, würden auch unsere Leute vorrangig gerettet, als wären sie ebenfalls Zuchtmenschen und von dem Rest würden die Schiffe so viele mitbringen, wie irgend möglich.

Ich rechnete mir aus, wie viele das sein konnten und war gar nicht beruhigt, da die Lebenshaltungskapazität der Schiffe schlichtweg nicht ausreichte, um alle oder auch nur die meisten Leute zu retten. Man kann ein Sternenschiff eben nur begrenzt überladen.

Dann kam irgendwann eine Nachricht, die besagte, alle Schiffe wären sicher aus dem System gekommen, hätten aber eine Zahl an Leuten aufgenommen, die sie - wie ich ausrechnete - unmöglich lebend heimbringen konnten. Zwei Schiffe waren unerklärlicherweise mit dieser Überladung angekommen, ohne daß es mehr als eine Hand voll Tote gegeben hatte, die auf das Konto von Kriegsverletzungen gingen. Das größte sei noch unterwegs, hieß es. Ich ging davon aus, daß das dritte Schiff letztlich nicht ankommen würde, weil die Lebenshaltungskapazität zusammenbricht. Der Schiffsingenieur widersprach mir, es gäbe da schon Mittel und Wege, die nötige Lebenshaltungskapazität inklusive einer Reserve für Wartung bereitzustellen.

Mannschaftstransporter brachten nach und nach die Überlebenden. Bei einem der späteren Transporte waren dann doch meine Leute dabei. Sie waren im dritten Schiff gewesen, das entgegen meinen Befürchtungen ohne nennenswerte Verluste die Leute lebend nach Hause gebracht hatte.

Ich lud meine Piloten zu mir ein, sobald sie sich wieder auf dem Schiff eingerichtet hatten und fragte sie, wie es ihnen ergangen war. Einer meiner Untergebenen, Talis vom hohen Licht, der tatsächlich der Kronprinz war schmunzelte und meinte, ob ich schon einmal bei gedrittelten Notrationen aus einzelnen Schrauben Lebenshaltungssysteme zusammengebaut hatte.
"Nein. Und ich hoffe, daß ich auch nie in die Verlegenheit kommen werde, das tun zu müssen."
"Das habe ich unterwegs gemacht. Außerdem habe ich Verschleißteile für Lebenshaltungssysteme aus allem möglichen gebastelt, von dem ich nicht angenommen hätte, daß man das daraus bauen kann." antwortete er und grinste.
Ich fand, daß er bei diesen Worten den gezüchteten Ingenieursoffizieren, mit denen er sich immer so gerne zusammensetzte, erstaunlich ähnlich sah.
"Und wo wurden die ganzen zusätzlichen Module untergebracht?"
"Hier ist der Plan." sagte er.
Danach waren selbst die in den Landefähren eingebauten Lebenshaltungsmodule mittels in die Fähren gelegter Anschlußschläuche in das Schiffssystem eingebunden worden. Außerdem waren einige Lagerräume für Lebensmittel als Schlafräume umgebaut worden, andere als zusätzliche Maschinenräume für Lebenshaltungsmodule genutzt worden. Ich fragte, was die Werft dazu gesagt hätte.
"Die Frage habe ich ihnen auch gestellt, als wir unterweg waren. Der Ingenieursoffizier, der die Runde machte, meinte 'Ich würde es mal so sagen: Wir wünschen ihnen viel Vergnügen bei der Wiederherstellung des Originalzustanden.' und schien bei dem Gedanken sehr gut gelaunt zu sein." antwortete der Kronprinz.
"Und hatte die Werft Freude?"
"Sie haben geflucht wie sonst was und sich beschwert, weil wir ihnen viel zu viel Arbeit machen und so weiter und so fort. Darum müssen sich die Zuchtmenschen allerdings keinerlei Sorgen machen, denn sowohl mein Vater als auch das Volk sind glücklich, daß sie so viele Menschen gerettet haben, also werden sie dafür nicht bestraft werden, da kann die Werft so viel meckern wie sie will."

Ich fragte, ob es in dem Schiff denn keine Unruhen gegeben hatte.
"Nein. Sie haben offensichtlich zugesehen, daß in jedem Schlafraum ein paar Zuchtmenschen waren, die jeden Protest beantwortet haben, indem sie genau erklärt haben, warum das alles so gerecht wie möglich ist, nicht besser geht und warum wir durch Unterernährung keinen Schaden nehmen werden. Es ist alles dermaßen ruhig und höflich zugegangen, da konnte man überhaupt nicht ernsthaft an Aufstand denken." meinte einer meiner anderen Offiziere.

Ich fragte, wie sie es denn geschafft hätten, die Verletzten am Leben zu halten.
"Nachdem ich einen Blick auf die Krankenstation geworfen hatte, war ich überzeugt, daß die Verletzten alle sterben müssen. Das täuschte aber, wie die Zuchtmenschen uns immer wieder erklärt haben. Ihre Geräte sehen zwar primitiv aus, sind aber technisch identlisch mit unseren Geräten. Tatsächlich war die Krankenstation nicht ganz so knapp bestückt. Wir hatten nicht genug Zeit, um ausgesprochen viele Verletzte aufzunehmen und die Zuchtmenschen waren immer schon die, die die meisten Verletzten hatten und auch am meisten Sorgfalt darauf verwendet haben, ihre Verletzten auch wirklich wieder aufzusammeln. Trotzdem haben sie von Anfang an in allem gespart, und bei denjenigen, die nur leichte Verletzungen hatten, sehr sorgfältig auf Hygiene geachtet, um möglichst keine Medikamente geben zu müssen. Verbandsmaterial haben sie aus allem Möglichen improvisiert. Außerdem bekamen die Kranken im Gegensatz zu jedem anderen so viel zu essen wie sie wollten. Die Erfolge haben ihnen recht gegeben, es gab nicht mehr Tote, als wären sie reichlich mit allem ausgestattet gewesen" antwortete einer meiner Leute.

Kersti

Fortsetzung:
F1770. Dira von Leuenhorst: Für mich war der größte Neubau vorgesehen, den die Glühwürmchen gebaut haben

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben