F1503.

"Ich habe zugeschaut, wie du es gegessen hast und es war ganz seltsam, zu wissen daß du ein Stück von mir ißt und mich magst." sagte Kelo

Vorgeschichte: F1502. Danien Wolf: Das mit dem Braten wurde noch gruseliger, als ich schon befürchtet hatte

Danien Wolf erzählt:
Als die Echse mich aufforderte mich wieder anzuziehen und das Reinigungsschake zuzubereiten zog ich mich an und tat erst einmal gar nichts.

Kelo überredete mich, die Schüssel mit meinen Geschlechtsteilen zu nehmen und auf den Küchenschrank zu stellen. Er bewegte mich mit seinem "Komm du willst doch keine Foltern!" auch dazu, brav das Reinigungsschake nach dem Rezept, das er mir Schritt für Schritt erklärte, zuzubereiten. Ich brachte den Schake auch brav ins Wohnzimmer und servierte ihn. Siro cha Aannann forderte mich auf, mich zu ihm zu setzen, er müßte mir nachher noch alles erklären. Ich gehorchte.

Als sich die Echse dann nach dem Austrinken des Getränks bedankte und sagte, es hätte sehr gut geschmeckt, erstarrte ich und wußte dazu gar nichts mehr zu sagen. Die Echse merkte das und erklärte mir, sie würde durchaus wissen, daß es schwer für mich wäre, mich an meine naturgemäße Aufgabe zu erinnern, schließlich wäre ich ein Wildfang. Aber ich würde auch noch begreifen, daß es nun einmal der Sinn des Menschen in der Natur wäre, den Echsen als Nahrung zu dienen. Kelo stimmte zu und sagte, als sie ihn danach fragte wieder, daß er seinem Herrn Siro cha Aannann selbstverständlich gerne als Nahrung dienen würde.

Ich sagte gar nichts dazu, weil das einfach zu gruselig war, was der Echse reichlich Gelegenheit gab, ihre Weltsicht vor mir auszubreiten.

Sie war nämlich der Ansicht, Menschen wären schon immer Nahrung der Echsen gewesen, als sie noch wild lebten, hätten sie aber noch nicht eingesehen, weil die natürliche Auslese bewirkt, daß die, die das am wenigsten einsehen überleben. Die Zucht hätte das gebessert, denn jetzt wüßten die Menchen, daß sie Nahrungsmittel sind und wären zufrieden, ihrer Bestimmung gerecht zu werden. Kelo bestätigte auf Nachfrage der Echse, daß es durchaus ein gutes Gefühl wäre, ein Schnitzel zu servieren, das von ihm selbst stammte. Dann wüßte er, daß Siro cha Aannann ihn wirklich mögen würde. Ich bekam eine Gänsehaut bei diesen Worten, denn mir wurde bewußt, daß das Wort 'mögen' in der menschlichen Sprache meiner Heimat genauso doppeldeutig war, wie in der Sprache der Echsen.

Außerdem hatte ich meinen früheren Studienkollegen vor Augen, wie er ein Versuchstier, das er gerade furchtbar gequält und verstümmelt hatte, auf den Arm nahm, tröstete und beruhigte, koste und ihm gleichzeitig erklärte, das müßte nun mal sein, dazu wäre es doch da. Der Hund wimmerte in seinen Armen, war aber auch am nächsten Tag noch gehorsam und suchte die Liebe seines grausamen Herrn.

Es hatte mich damals gegruselt, ich gruselte mich heute und wußte dazu nichts zu sagen.

Das gab Professor Siro cha Aannann natürlich Gelegenheit mit seinem Vortrag über die Bestimmung des Menschen fortzufahren. Er erklärte mir, daß das Gerät, das er einfach als Messer bezeichnet hatte, eine großartige neue wissenschaftliche Erfindung war, weil es dem Menschen erlauben würde, seine Bestimmung hautnah zu erleben und zu sehen wie gut er seinem Herrn schmeckt und daß es eine sinnvolle Aufgabe wäre, seinem Herrn als Nahrung zu dienen. Das wäre früher so nicht möglich gewesen, weil es den Menschen zu viele unnötige Schmerzen zugemutet hätte, das zu machen.

Da ich auch dazu nichts sagte, wurde mir Kelo als Fallbeispiel vorgeführt.

"Ich habe den Eindruck, daß noch ein Rest der instinktiven Angst in den gezüchteten Menschen vorhanden ist, denn wenn sie zu mir kommen, wirken sie oft recht ängstlich. Das bessert sich merklich, wenn sie mir ihr Reinigungsschake zubereiten und servieren. Also tut es Menschen offensichtlich gut, wenn sie sehen, daß sie gut schmecken. Nicht wahr Kelo." erklärte Aannann - der hintere Namensteil hat in den Namen der Echsen die Funktion eines Vornamens.
"Ja. Ich war erleichtert, daß du mit mir zufrieden bist." antwortete Kelo.
"So lange sie aber noch nicht wirklich ihr eigenes Fleisch servieren, sondern das ihres Vorgängers, wirken die Braten immer noch etwas ängstlich und als wären sie froh, daß jemand anders dran ist." fuhr Annann fort.
"Ja das war ich auch." antwortete Kelo.
"Dann kommt der Tag, wo ich ihnen den ersten Unterschenkel abschneide. Vorher wirken sie beklommen und zögern alles auch ausgesprochen lange heraus. Wenn man das Bein amputiert hat, sehen sie es eine ganze Weile wie hypnotisiert an, nicht wahr, Kelo?"
"Ja. Das ist ein sehr merkwürdiges Gefühl wenn man plötzlich sein eigenes Bein vor die Nase gehalten bekommt. Ganz seltsam." antwortete Kelo.
"Sie nehmen sich auch viel Zeit um ihr erstes eigenes Schnitzel zuzubereiten. Ich denke die Zeit brauchen sie, um sich ihrer Bestimmung wirklich bewußt zu werden und sie vollständig zu begreifen. Wenn sie das Schnitzel schließlich servieren, sind die Braten wesentlich besser gelaunt und wesentlich entspannter als vorher. Na, Kelo, kannst du Danien mal erzählen, wie es war, dein erstes eigenes Schnitzel zu servieren?"
"Das war zuerst irgendwie ein seltsames Gefühl, zu wissen, daß das mein Fleisch ist, was ich da zubereite. Ich habe öfter zwischendurch den Kühlschrank aufgemacht, um nachzuschauen ob das wirklich mein Bein ist, was da liegt, dabei wußte ich es doch, denn ich war schließlich dabei, als es abgeschnitten wurde." antwortete er.
"Und dann als du es mir gebracht hast?"
"Na ja das war noch seltsamer. Ich habe zugeschaut, wie du es gegessen hast und es war ganz seltsam, zu wissen daß du ein Stück von mir ißt und mich magst. Und noch seltsamer war es zu hören, wie du dich dafür bedankt hast, daß ich dir ein Stück von mir gegeben habe und als du gesagt hast, daß ich gut schmecke. Aber irgendwie hat sich das dann gut angefühlt." antwortete Kelo der Braten.
"Nach diesem ersten Schnitzel sind die Braten dann merklich entspannter und zufriedener. Sie sind viel besser gelaunt, wenn sie Essen servieren, als vorher, als das noch das Fleisch ihres Vorgängers war. Vor dem nächsten Körperteil taucht dann wieder ein Spur der Ängstlichkeit auf, aber es ist merklich besser als beim ersten mal und spätestens beim dritten mal, sind sie auch dann gut gelaunt, wenn sie mitteilen können, daß wieder etwas abgeschnitten werden muß. Erzähl mal Kelo, wie war das?"
"Na ja zuerst war das etwas gruselig, aber dann dachte ich mir daß ich ja weiß daß ich zum essen da bin und daß ich ja keine Angst haben muß, weil es nicht wirklich weh tut. Und es war auch ein gutes Gefühl, zu sehen daß du mich wirklich magst und dich über mein Fleisch freust." antwortete Kelo.

Ich hörte mir die Geschichte mit ständig zunehmenden Gruselgefühl an.

Kersti

Fortsetzung:
F1504. Danien Wolf: Im Grunde war ja sowieso alles zwecklos. Ich würde geschlachtet und gegessen werden, egal ob ich brav oder rebellisch war

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben