F1518.

Ein strahlendes Lächeln

Vorgeschichte: F1517. Danien Wolf: In den folgenden Tagen stellte ich fest, daß jeder - gleich ob Echse oder Mensch - mit mir reden wollte, wann immer er ein Problem sah

Danien Wolf erzählt:
Ein junger Offizier, dessen auffallend großer Kopf und Namensschild sie als Kentra LZB120-1000-77 der Technikerzuchtlinie auswiesen, warf mir daraufhin einen sehr merkwürdigen Blick, lächelte mir strahlend zu und ließ auf meinem Tablet den Satz erscheinen, daß ich ja offensichtlich auf meinem unfreiwilligen Ausflug einige Dinge gelernt hätte, die ich vorher nicht beherrscht hätte. Ich fragte die junge Frau, was denn bei ihresgleichen so über mich geredet würde.
"Sie galten als sehr nett aber zu undiplomatisch, um geheime Dinge zu besprechen."
"Ich habe herausgefunden daß Diplomatie kein Zuchtergebnis sondern eine Überlebensstrategie in untergeordneten Positionen darstellt." antwortete ich.
Sie grinste und nickte. Ich lächelte zurück.

Mir fiel auf, daß ich, seit ich diese Technikerzuchtmenschen kannte, noch nie so ein strahlendes Lächeln bei einem von ihnen gesehen hatte. Ich dachte über den Unterschied zwischen Zufriedenheit und Glück nach und fragte mich, ob das vielleicht damit zu tun hatte, daß dieser junge Offizier, die grausam schmerzhaften Operationen, mit denen man ihnen Drähte in den Körper einpflanzte, nicht hinter sich hatte. Ich wußte, daß die junge Frau zu den Offizieren zählte die später zum Gehirnschiff gemacht werden sollten und fragte mich, wie sie darüber dachte. Ich glaubte aber, daß ich im Augenblick kaum eine Chance haben würde, eine verständliche Antwort aus ihr herauszubekommen.

Als der erste Offizier mit Err sa Diama zu uns stieß, hatte ich das Gefühl, daß wir gerade eben alles Wesentliche geklärt hatten. Ich ging daher davon aus, daß die Prinzessin mit ihm ein Signal verabredet gehabt hatte, um ihm mitzuteilen wann sie fertig war und er kommen sollte.

Wir besprachen nichts, was mir neu gewesen wäre, aber ich hatte den Eindruck, daß die Verhandlungen gut liefen.

Abends wartete ich eine Gelegenheit ab, bis ich mit unserem Techniker allein war und stellte ihm die Frage, die mir seit diesem strahlenden Lächeln der jungen Technikerin nicht mehr aus dem Sinn ging. Ich beschrieb dieses Lächen und fragte ihn und sagte daß ich bei den anderen Technikern, die ich kannte, immer nur einen ruhigen zurückgezogenen Gesichtsausdruck kannte.
"Kann das sein, daß ihr das durch diese Operationen viel von eurer Lebensfreude verliert?"
Deris LZB83-541-27 hob den Blick und ich hatte das Gefühl, plötzlich ganz tief in ihn hineinsehen zu können. Ich kann nicht in Worte fassen, was ich gesehen habe, aber es fühlte sich an, als hätte ich etwas ganz Wichtiges verstanden.
"Ja das kann sein. Irgendwie ist mir da ganz viel von meinen Gefühlen abhanden gekommen und ich verstehe nicht wirklich warum und wie das geschehen konnte." antwortete er.
In mir stieg etwas wie Entsetzen hoch.
"Was machen wir nur? Was machen wir für furchtbare Dinge?" fragte ich.
"Ich glaube unsere Gesellschaft ist sehr krank und wir müssen dafür irgendwie eine Heilmöglichkeit finden. Glaubst du, daß Kelo sich hätte vorstellen können, wie es wäre frei zu sein?"
"Nein, das konnte er nicht. Ich habe ihm immer wieder zu erklären versucht, wie so ein Leben ist, doch irgendwie ging das Wesentliche zwischen den Worten verloren. Trotzdem war da ein ganz starker Wunsch, eine Sehnsucht nach etwas von dem er nicht wirklich wußte, was es ist." antwortete ich.
Ich erzählte, daß zuerst Kelo und später immer wieder andere hier gezüchtete Menschen, sobald sie erfuhren, daß ich ein Wildfang war, sofort alles darüber wissen wollten. Diese Reaktion war sehr emotional gewesen und ich habe ernsthaft versucht, es zu erklären, aber letztlich hatte ich das Gefühl, daß das Wesentliche irgendwie verloren ging. Das, was Freiheit ausmachte, lag außerhalb ihres Vorstellungsvermögens.
"Ja. Und uns geht es wie diesen zum Schlachten gezüchteten Menschen. Es liegt nicht auf der Ebene, die du Freiheit nennst, ich glaube das ist nur ein schwacher Schatten von dem, was wir wirklich suchen. Aber ich glaube unsere Gesellschaft ist sehr krank und wir versuchen Gesundheit zu finden ohne zu wissen, was das eigentlich ist." erklärte Deris.

Ich sagte, daß ich auch nicht wüßte, was das wäre, was er da als Gesundheit empfindet, aber daß ich schon überzeugt war, daß wir einen Schritt in die richtige Richtung machen, wenn uns dieser Friedensvertrag gelingt, der bewirkt, daß die Echsen hier keine Menschen mehr essen. Er stimmte mir zu.

Kersti

Fortsetzung:
F1519. Danien Wolf: Wir haben den Reptos gesagt, daß wir giftige Drähte im Körper haben, aber wenn sie technische Arbeit für uns hätten, würden wir sie erledigen

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben