F1547.

"Wir haben zwar die ein oder andere Verschwörungstheorie gewälzt, aber letztlich haben sie mich in jeglicher Hinsicht überzeugt." antwortete der Sicherheitschef Diro vom Karst

Vorgeschichte: F1542. Danien Wolf: Ich habe mich und mein Weltbild immer wieder in Frage gestellt und gemerkt, daß alles - ich eingeschlossen - vielschichtiger ist und bin dadurch mehr oder reicher geworden
F2285. Diro von Karst: Im gewissen Sinne erinnerte mich Danien Wolf an mich selbst

Danien Wolf erzählt:
Diro von Karst, der Sicherheitschef des Königs wollte mich sprechen und ich fragte mich, ob das jetzt die nächste Runde Verschwörungstheorien geben würde. Ich entschied, die Frage diesmal laut zu stellen, denn dem Sicherheitschef konnte wohl kaum entgangen sein, was abgelaufen war.
"Da müssen sie sich keine Sorgen machen, Herr Wolf. Wie sie sich sicher vorstellen können, haben wir jeden ihrer Schritte überwacht und jedes ihrer Worte drei mal von verschiedenen Leuten analysieren lassen, weil sie in diesen Verhandlungen nun einmal die zentrale Person sind und wir wissen müssen, was sie können und was nicht. Wir haben zwar die ein oder andere Verschwörungstheorie gewälzt, aber letztlich haben sie mich in jeglicher Hinsicht überzeugt." antwortete er.
Das war aber eine klare Aussage.
"Ich verstehe auch den Teil, den die meisten nicht so ganz verstehen. Sie kennen doch sicherlich den Ruf, den ich mir als junger Mann eingefangen hatte?"
Ich war überrascht, daß er das erwähnte, denn er galt bei einigen immer noch als der schlimmste der Kriminellen Adeligen, hatte sich aber, wie ich seiner Zuchtmenschenakte entnehmen konnte, erheblich gebessert und das hieß, daß er auf diesen Ruf ganz bestimmt nicht mehr stolz war.
"Als ich jung war, habe ich ernsthaft geglaubt, die ganze Welt bestünde nur aus Mord und Totschlag. Daher habe ich es darauf angelegt als der schlimmste Kriminelle Adelige zu gelten, damit niemand es wagt, mich anzugreifen. Ich wußte zwar im Prinzip, daß ein Sternenschiff ein Lebenshaltungssystem besitzt, mir war aber nicht bewußt, daß ich mich selbst in Lebensgefahr bringe, wenn ich die Techniker mit dem Strafer daran hindere das Lebenshaltungssystem anständig zu warten. Ich war viel zu sehr mit meinen Kleinkriegen mit anderen Kriminellen Adeligen beschäftigt gewesen, um diese offensichtlich Tatsache zu bemerken. Mir war auch nicht klar, wo mich das automatisch hinführen würde, nämlich auf die Thorion. Dorthin waren damals alle Kriminellen Adeligen geschickt, die dem König zu gefährlich geworden waren, so daß er sie loswerden wollte. Und dann haben die XZB12s all diejenigen, die Zuchtmenschen ermordet hatten, aus der Welt geschafft und die anderen am Leben gelassen. Ich hatte damals geradezu unverschämtes Glück, denn als ich dort landete, war Tharr vom Licht gerade Kapitän der Thorion geworden und der hat dafür gesorgt, daß es unter seinem Befehl keine Morde mehr gibt. Allerdings war die Methode die er verwendet hat - furchterregend. Wenn ich den Strafer verwendet habe, gab es einen Unfall - ziemlich bald hatte ich bei jedem Schritt eine panische Angst, nur dummerweise fiel mir nicht auf, daß ich einfach nur hätte aufhören müssen, gegen die Gesetze zu verstoßen, damit das aufhört. Dann erwachte ich nach einem von mir erfolglos versuchten Mordanschlag auf Tharr im Krankenhaus und war von Kopf bis Fuß eingegipst, so daß ich mich nicht rühren konnte. Ich wurde von XZB12s gepflegt. Sie haben mich dann bei jeder einzelnen Malzeit im Krankenhaus gefragt, ob ich heute brav war, mir dann gesagt, daß ich ja gar nichts verbotenes getan haben kann, weil ich mich ja nicht bewegen kann und daß mir deshalb auch nichts passiert, sondern daß ich sogar etwas zu essen bekomme. Es gab aber nur Notrationen mit der Begründung, daß man bei Freigeborenenmalzeiten ja nie sicher sein könnte, ob sie vergiftet sind. Als sie mich dann endlich befreiten, war zu mir durchgedrungen, daß sie mir so lange nichts tun, so lange ich niemandem etwas tue. Die Idee war mir einfach nicht gekommen, weil ich wirklich nichts anderes kannte als Mord und Totschlag. Auf dem Rückweg zur Zuchtstation brachten sie mich dann zum arbeiten. Wenn ich den Auftrag, das Lebenshaltungssystem zu prüfen nicht ausgeführt habe, war das Ergebnis daß ich keine Luft bekommen habe, bis ich das Bewußtsein verloren habe. Danach habe ich dann bei jedem Sternenschiff das ich betreten habe erst mal die Lebenshaltung durchgeprüft und wenn ich mich dazu heimlich ins System einhacken mußte! Da ich ja jetzt versucht habe, meine Vorgesetzten zufriedenzustellen, weil mir jeder sagte, wer das nicht tut, kommt zur Nachschulung in die Thorion, habe ich all die Dinge, die man wissen muß, um ein Sternenschiff warten zu können, dann auch gelernt. Und schließlich wurde mir klar, daß mir das so auch gefiel. Vorher hatte ich doch von nichts eine Ahnung und immer nur Angst gehabt und jetzt bin ich in der Lage wirklich etwas zu leisten. Ich habe jetzt richtige Freunde gefunden. Nein, also zu dem Leben was ich vorher hatte, will ich nie zurück, weil ich jetzt jemand bin, der wirklich etwas kann und Freunde habe." erklärte er.
Ich fragte ihn, warum er mir das erzählte.
"Der Ausganspunkt war zwar ein etwas anderer, weil sie sich immer für den Guten gehalten haben, aber sie haben auch etwas erlebt, was für sie durchaus furchtbar war und sind daraus als eine weitaus vielschichtigere Persönlichkeit hervorgegangen, als sie es vorher waren. Deshalb wollen sie nicht zu dem Zustand zurück, der vorher war, auch wenn der Preis durchaus erheblich war." antwortete er.
Ich war verblüfft und kam dann zu dem Schluß, daß er recht hatte. Außerdem dachte ich, daß der Unterschied gar nicht so groß war, schließlich reagiere ich jetzt aus gutem Grund dermaßen angepißt auf den durchaus gutwilligen Silas. Das sagte ich dann auch. Außerdem war Diro seinen eigenen Worten nach auch nicht bewußt gewesen, was er eigentlich falsch gemacht hatte. Er hatte sich zwar nach den üblichen Kriterien als Krimineller Adeliger einsortiert gehabt, aber er hatte das mit einer Art Held verwechselt. Das Wort böse war für ihn gleichbedeutend mit stark und wehrhaft gewesen. Das Konzept, das ich früher mit dem Wort böse verbunden gehabt hatte, war ihm damals völlig unverständlich gewesen, weil er buchstäblich nichts Gutes gekannt hatte und daher böse nicht zu gut in Kontrast hatte setzen können. Ich fühlte mich von ihm verstanden und hatte das Gefühl mich durch seine Worte auch selbst ein bißchen besser verstanden zu haben, eben wegen der Unterschiede zwischen unseren beiden früheren auf unterschiedliche Weise naiven Weltbildern. Das sagte ich ihm auch.

Kersti

Fortsetzung:
F1548. Kersti: D

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben