erste Version: 11/2019
letzte Bearbeitung: 12/2019

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Die Folgen eines Unfalls

F1550.

Irgendsoeine Uni hatte ein anatomisches Präparat bestellt - und zwar ein lebendes

Vorgeschichte: F155. Kersti: D

Zaris LZB42-77-5 erzählt:
Ich erwachte, hatte Schmerzen und fragte mich, wie ich eigentlich ins Krankenhaus gekommen war. Ich warf einen Blick auf die Lebenshaltungsanzeigen neben meinem Kopf und die paßten dazu, wie ich mich fühlte, nämlich mies! Ich war eingeschlafen, bevor ich weiter kommen konnte. Auch die nächsten Male, als ich wieder aufwachte, fühlte ich mich noch sehr schwach, war aber irgendwann lange genug wach, um mir mein Tablet zu greifen und mir wirklich alles durchzusehen. Das Ergebnis dieser Nachforschungen machte mir richtig Angst, denn dort stand, daß sie mir ein Bein abgenommen hatten, weil es so zerquetscht gewesen war, daß man nichts mehr machen konnte.

Besonders hohe Ansprüche wurden an den Gesundheitszustand unserer Beine nie gestellt, schließlich sind wir Techniker und arbeiten mit den Händen. Aber wenn ein Bein ganz fehlt, dann war das gewöhnlich ein Todesurteil, weil ihnen dann immer irgendein gruseliges Experiment einfällt, in dem sie einen Menschen verbrauchen können und da kann man gar nichts gegen tun.

Ich wäre am Liebsten weggelaufen, nur ging das mit meinem Gesundheitszustand so schlecht - wenn man mal davon absieht, daß wir uns hier auf einer Raumstation befinden, wo jeder Quadratzentimeter videoüberwacht ist und den selbst ein gesunder Mensch nicht ohne Erlaubnis verlassen kann. Schließlich wären schon weitaus mehr Menschen von hier geflohen, wenn das so einfach ginge. Die Freigeborenen versuchen das immer wieder, nur haben sie nie Erfolg. Fast nie. Der letzte erfolgreiche Fluchtversuch ist 574 Jahre her. Was immer der betreffende Mensch angestellt hatte, hatte außer dem Lebenerhaltungssystem nahezu alles an der Raumstation außer Gefecht gesetzt. Es war ja freundlich von ihm, daß er uns am Leben gelassen hat, trotzdem denke ich, daß der Hauptgrund, warum das so für ihn richtig erschien, darin bestand, daß er ein Kriegsgefangener war, der für irgendwelche gruseligen Experimente verwendet werden sollte.

Für mich ist die Situation viel komplizierter, schließlich ist das hier mein Zuhause. Meine Mutter und inzwischen 25 jüngere Geschwister von mir leben hier. Was immer ich tue, um mir selber zu helfen, sollte nicht wie Widerstand aussehen weil es auf meine Familie zurückfallen würde.

Eines Tages kam dann schließlich die zuständige Ärztin und erklärte mir, was sie mir mir vorhatten. Irgendsoeine Uni hatte ein anatomisches Präparat bestellt - und zwar ein lebendes. Was hieß sie würden mich nicht gleich umbringen, sondern mir den Bauch aufschneiden, den Darm - samt seiner Blutversorgung nach draußen verlegen und überall Fenster einbauen, damit man schön sehen kann, wie die Verdauung funktioniert. Und weil man für so etwas keine Arme und Beine braucht, würden sie mir die als allererstes abnehmen. So weit mir so etwas bekannt war, waren diese Operationen enorm schmerzhaft und die Freigeborenen, mit denen man so etwas normalerweise machte, würden am liebsten sofort sterben um dieser jahrelange Quälerei zu entgehen. Ich wollte nicht sterben, aber ich überlegte hin und her, was ich dagegen tun könnte und nichts, was mir einfallen wollte, hörte sich auch nur näherungsweise so an, als könnte es funktionieren. Schließlich würden sie nicht ständig solche Operationen machen, wenn es da einen einfachen Ausweg gäbe.

Am nächsten Tag wurden mir Arme und Beine abgenommen, mit der endgültigen Operation wurde noch etwas gewartet, weil ich noch zu schwach war und selbstverständlich war mir nichts eingefallen, was ich dagegen tun konnte, bis es so weit war.

Als ich dann verschickt wurde, philosophierte ich darüber, warum freigeborene Sklaven mit so etwas so viel schlechter fertig werden. Jeder weiß, daß sie damit schlechter fertig werden, aber die Gründe dafür, an die die Freigeborenen glauben, sind der pure Unsinn, denn sie behaupten wir hätten keine Gefühle oder wären nicht fähig Schmerzen zu empfinden. Irgendetwas ist daran anders, wie wir mit Schmerzen umgehen, aber wenn wir keine empfinden würden, würde das zu zu vielen unnötigen Verletzungen führen. Ich weiß nicht, wie man auf den Gedanken kommen kann, denn sie hätten schließlich nur fragen müssen, um zu wissen, daß wir auch Schmerzen fühlen, und die Freigeborenen die ich gefragt habe, wie sie dieselben Operationen empfunden haben, die wir normalerweise bekommen, scheinen genau dieselben Schmerzen zu haben wie wir - zumindest so weit man das nach Beschreibungen überhaupt beurteilen kann - trotzdem reagieren sie völlig anders darauf. Teilweise liegt das sicherlich auch an der Lebenssituation - wir gehen dann nach dem Schulabschluß raus ins richtige Leben und bei ihnen war es gewöhnlich so, daß sie direkt vorher so viel Pech gehabt hatten, daß sie schließlich als Sklaven verkauft wurden. Ich weiß aber trotzdem nicht, warum sie dann denken, das ganze Leben ist vorbei. Das Leben geht doch immer irgendwie weiter und nach schlechten Zeiten kommt auch wieder etwas besseres.

Ich hatte jedenfalls durchaus meine Ideen wie ich min Leben dort verbessern wollte.

Die zweite Idee - wir hätten keine Gefühle - war natürlich noch unsinniger. Wenn man mich fragt, muß mit den Gefühlen, von den Leuten, die so etwas von sich geben, etwas nicht stimmen, sonst wären sie doch in der Lage mitzufühlen und ihnen wäre sofort klar, daß sie Schwachsinn reden.

Kersti

Fortsetzung:
F1551. Kersti: Sobald sie mein Nervensystem an das Netz dieses Raumes angeschlossen hatten, prüfte ich nach, was ich eigentlich schon wußte und beschwerte mich dann, daß der Raum keinen Anschluß an das Internet hatte

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben