erste Version: 1/2020
letzte Bearbeitung: 6/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Der furchterregende naive Leibwächter

F1580.

Beispielsweise soll ein Pferd eine Maschine der Klasse der Tiere sein, die Lasten transportiert. Auf dem Bild war aber etwas ganz Komisches, das eigentlich einem Menschen ähnlicher ist als einer Maschine und das Nähgarn gefressen hat

Vorgeschichte:

Saman XZB12-123-77 erzählt:
Ich hatte einige Zeit die Kriegerkinder unterrichtet, weil ich mich von einer schweren Verletzung hatte erholen müssen, nach der ich einen Arm und beide Beine verloren hatte, die mir durch Transplantate ersetzt wurden. Ich wundere mich immer noch, wie es eigentlich möglich ist, daß ich danach noch im Lazarett wieder aufgewacht bin, obwohl es doch ein ganzes Stück bis zu der Stelle war, wo uns die Landefähre abholen sollte.

Treron XZB12-5-13 erzählte mir nachher, er hätte mich zur Landefähre getragen. Ich verstehe nur nicht, warum ihm das gelungen ist, ohne daß man ihn abschießt. Außerdem war ich nicht der einzige. Noch seltsamer war gewesen, daß die Landefährenpilotin mich nachher besucht hat und gefragt hat, wie es mir geht, obwohl sie eine Freigeborene ist. Sie hat behauptet, sie hätte einen Maschinenschaden gehabt, den der Techniker erst hätte beheben müssen, bevor sie zum Schiff zurückfliegen konnte, aber das glaube ich nicht, denn warum sollte augerechnet die Landefähre von einer netten freigeborenen Zugführerin einen Maschinenschaden haben, wenn die ganzen Landefähren von den freigeborenen arroganten Typen keinen haben? Man sollte doch annehmen, daß ihr Schiff besser gewartet ist als das der anderen! So sind nämlich die Techniker. Ich glaube, die wollten einfach mehr Leute retten können und haben deshalb etwas vorgeschoben, denn sie haben sehr viel mehr Leute vom Schlachtfeld geholt, als eigentlich in die Landefähre passen sollten - und das gab auch keinen Sinn. Ich war auf dem Flug zu krank gewesen, um Treron so gründlich zu befragen, daß er es mir erzählt.

Ich bin froh, daß ich mit Treron in einer Gruppe war, denn in Trerons Gruppe überleben immer mehr Krieger als bei den anderen. Wahrscheinlich hat er in den fünf Jahren, in denen er jetzt schon regelmäßig auf Schlachtfelder geschickt wird, einiges gelernt, was man Kindern nicht in der Schule beibringen kann.

Ich sollte die Kinder weiter unterrichten, bis das nächste Schiff kommt, um Krieger zur Schlacht zu fliegen, aber vorher wurde ich in das Büro des Stationsleiters gerufen, der mir mitteilte, daß der König einen erfahrenen Krieger bestellt hatte. Ich solle ein Schiff aufsuchen, das Versorgungsgüter für die Freigeborenenkriegsschiffe beim Hauptplaneten des Sternenreiches geladen hat und damit zum königlichen Palast transportiert werden.

Ich tat natürlich, was mir gesagt worden war, rätselte aber, was sie mit mir vorhaben könnten, denn die Freigeborenen waren früher immer der Ansicht gewesen, man könne uns nur gebrauchen, um uns auf das Schlachtfeld zu schicken, damit wir totgeschossen werden und sie waren sehr empört gewesen, als die ersten das einfach überlebt und damit ihre ganzen Pläne Kopf gestellt hatten. Offensichtlich gibt es unter den Freigeborenen doch einzelne Menschen, die auch denken können und darauf kamen, daß es möglicherweise von Vorteil sein könnte, wenn man Krieger nicht nur für eine Schlacht benutzen kann. Der ein wenig klügere Freigeborene war dann der Ansicht, daß man die clonen soll, die eine Schlacht überlebt haben und deshalb gibt es jetzt Clonzuchtlinien wie meine.

Die Freigeborenen sind der Ansicht, daß wir alles, was kein Mordinstrument ist, auch nicht kennen müssen. So ganz konnten sie das zwar nicht durchhalten, denn wir müssen schon etwas essen, trinken, schlafen und uns anziehen. Aber schon, um zu begreifen, daß man in einer Schlacht nach Möglichkeit in Deckung geht, damit einen andere nicht totschießen, sind sie zu begriffsstutzig. Sie nennen jeden, der das tut, einen Feigling, obwohl man ohne so etwas natürlich keine Schlacht überlebt, geschweige denn gewinnt.

Noch absurder ist, daß sie dafür sorgen, daß man möglichst nichts von dem kennenlernt, was es in der Welt so gibt, aber wenn sie Befehle geben, trotzdem erwarten, daß man die Worte für all die unbekannten Dinge sofort ohne nachdenken richtig einordnet. Das kann natürlich nicht funktionieren und jeder mit für fünf Pfennig Verstand, müßte das wissen. Glücklicherweise bekam ich meine Befehle schriftlich und mußte sie erst verstanden haben, wenn ich nach mehreren Wochen im Palast ankomme. Bis dahin sollte ich wohl in der Lage sein, mit Hilfe des Gehirnschiffes und des Lexikons die Befehle zu entziffern, bei denen ich jedes zweite Wort noch nie gehört habe. Die Befehle nannten sich "Theoretische Spezialausbildung für königliche Leibwächter" und bis man sie verstanden hat, ist man nur Schüler. Und ich wollte definitiv nicht irgendeinen einfachen Wachmann bei mir haben, der mir Befehle geben darf.

Ich lud also die Befehle auf mein Tablet und ging zu dem Schiff, mit dem ich reisen sollte. Sobald ich das Schiff begrüßt hatte, sagte ich ihm, daß ich die Befehle nicht verstanden hatte und daß ich dabei Hilfe brauche. Das Schiff schickte mich in einen Laderaum, wo es eine Kiste mit einem einzelnen richtigen Bett gab, weil die üblichen Sklavencontainer Betten haben, wo man uns Krieger beim besten Willen nicht reinquetschen kann, weil die meisten Menschen so spillerig gebaut sind, daß 40cm Höhe reichen, um die unterzubringen. Das Schiff sagte mir, wo die nächste Toilette war und daß ich, wenn ich da hin mußte, bitte direkt dahin und direkt zurückgehen sollte. In dem Lagerraum dürfe ich mich frei bewegen, so lange ich alles da lasse, wo es ist und auch den Arbeitsplatz verwenden. Es meinte, daß es erst unterwegs Zeit für mich hat und daß ich erst einmal das Lexikon verwenden sollte, um meine Befehle zu verstehen. Das sagen die Schiffe immer aber nachher beantworten sie einem die Fragen doch.

Ich setzte mich also hin und gab alle unbekannten Wörter der Reihe nach in die Suchmaschine des Lexikons ein und erhielt zur Belohnung Erklärungen mit noch viel mehr unbekannten Wörtern, die ich dann auch noch nachschaute, mit demselben Ergebnis. Dann versuchte ich es mit der Bildersuche und fand lauter Bilder mit ganz vielen Sachen, die ich noch nie gesehen hatte und mir auch nach den Bildern immer noch nicht vorstellen konnte, denn es waren schließlich nur Bilder, keine realen Gegenstände. Beispielsweise soll ein Pferd eine Maschine der Klasse der Tiere sein, die Lasten transportiert. Auf dem Bild war aber etwas ganz Komisches, das eigentlich einem Menschen ähnlicher ist als einer Maschine und das Nähgarn gefressen hat, das aus rätselhaften Gründen als Heu bezeichnet wurde und getrocknet werden muß, damit man es aufheben kann. Dabei lag das gar nicht auf dem Fußboden, sondern war in so einem Dingen, wo das Pferd die einzelnen Fäden zwischen Stäben rausziehen kann. Das war wohl so eine Art Korb. Jedenfalls war ich dann endgültig verwirrt. Außerdem weiß ich nicht, warum ich eigentlich mit einem Gerät das Lasten transportieren kann oder einem Wesen das wohl wie wir gezüchtet wird - da stand was von Pferdezucht - regelmäßig in der Turnhalle trainieren soll. Da übt man doch eigentlich, worauf man achten muß, damit man auf dem Schlachtfeld überlebt?

Nach der Auflösung des Rätsels konnte ich das Schiff erst auf dem Flug fragen, wenn es mehr Zeit hat. Jetzt beim Be- und Entladen mußte es sich um zu viele verschiedene Dinge kümmern, daher sah ich nach, welche der Fortbildungen für Zuchtmenschen ich noch nicht gemacht hatte und machte eine weitere theoretische Facharztausbildung. Da hat man wenigstens drauf geachtet, daß nicht jedes zweite Wort ein Fremdwort ist.

Kersti

Fortsetzung:
F1581. Saman XZB12-123-77: Ich warf noch einmal einen Blick auf den Text über die Funktionsweise der Leber und was für verschiedene Zellen es dort gibt. Der war doch wirklich leicht zu verstehen, nicht so wie das mit den Pferden

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben