erste Version: 2/2020
letzte Bearbeitung: 2/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Kriminelle Adelige und tödliche Sklaven

F1638.

Als ich dann weiterfragte, erzählte Diro Sachen über seinen Vater und seine Kindheit, die mir den Magen umdrehten

Vorgeschichte: F1637. Turin vom hohen Licht: Tatsächlich erkenne ich Diro kaum wieder

Sim vom Licht erzählt:
Kaum zwei Wochen nachdem Prinz Turin zurückgekehrt war, tauchte er zusammen mit Diro bei mir auf. Ich fragte die beiden, was sie von mir wollten.
"Irgendwie ist Tharr mir ein Rätsel." antwortete Diro.
"Inwiefern?" fragte ich.
"Er scheint jetzt ein völlig anderer Mensch zu sein als damals auf der Thorion und ich frage mich halt, ob es daran liegt, daß er sich verändert hat oder daran, daß ich mich verändert habe." erklärte Diro.
Weitere Rückfragen zeigten, daß der frühere Kriminelle bemerkenswert viel über sich selbst nachgedacht hatte und bestätigten den Eindruck, die auch die Gespräche, die Tharr mit ihm geführt hatte, mir vermittelt hatten. Er war der Ansicht, daß sich Tharr möglicherweise deshalb jetzt anders verhielt, weil er jetzt für Gedanken offen war, die früher nicht für ihn existiert hatten. Er erklärte, daß er früher nichts gekannt hatte, als den reinen Überlebenskampf und daß er deshalb nie darüber nachgedacht hatte, daß es außer Mord und Totschlag noch etwas anderes auf der Welt gab und daß die Thorion damals das erste mal gewesen war, als er wo gewesen war, wo man nicht Angst haben mußte, daß man gleich umgebracht wird. Nur hätte er das damals gar nicht bemerkt, weil ihm Tharr solche Angst eingejagt hatte, daß er der erste Mensch gewesen sei, vor dem er mehr Angst gehabt hätte, als vor seinem Vater. Als ich dann weiterfragte, erzählte Diro Sachen über seinen Vater und seine Kindheit, die mir den Magen umdrehten. Beispielsweise hatte sein Vater seine Mutter vor seinen Augen zu Tode gefoltert, als er drei Jahre alt war und sich dann eine andere Frau angeschafft, die er offensichtlich so verängstigt hatte, daß sie alles mit sich machen ließ.

Er erzählte mir, als sein Vater mit ihm in seiner frühen Kindheit mal den Palast besucht hatte, daß er gemerkt hatte, daß die Bediensteten hier nett zu ihm sind und da er so etwas bisher nicht gekannt hatte, hatte er sich an die Prinzen gehängt, um möglichst oft in den Palast eingeladen zu werden. Woran das mit den netten Bediensteten lag, hätte er aber erst vor kurzem begriffen, weil Tharr ihm verboten hatte die Sklaven zu bestrafen, mit dem Ergebnis, daß sie plötzlich viel netter zu ihm waren. Ich fragte mich, was er mit "nett" meinte, denn keiner von den Sklaven konnte Diro ausstehen. Diro hatte sich zwar so weit zurückgehalten, daß er nicht durch Tharr oder mich bestraft wurde, aber er war schon bis an die Grenzen gegangen. Die Sklaven waren ihm gegenüber steif und höflich gewesen, nicht etwa nett! Dann fragt sich aber, was für Diro normales Sklavenverhalten ist, wenn das schon "nett" ist. Ich stellte diese Frage und wurde mit Kindheitserinnerungen belohnt, die aus einem Gruselroman hätten stammen können. Wer hätte gedacht, daß erwachsene Sklaven es wagen, das Kind ihres Herrn regelrecht zu foltern?

Ich glaubte nicht, daß ich Diro jemals für einen sympathischen Menschen halten würde, aber offensichtlich hatte er ein paar zentrale Dinge begriffen. Er wollte sich bessern und er wollte es aus den richtigen Gründen. Daher hatte Diro in meinen Augen eine Chance verdient. Ich sagte ihm das auch so und er schien sich über dieses Lob zu freuen.

Daraufhin erklärte mir der Prinz, das sich Diro wirklich sehr verändert hatte und schilderte einen jüngeren Diro, der wirklich sehr unsympathisch gewesen sein mußte. Ich fragte ihn, warum er sich denn dann mit ihm abgegeben hatte.
"Da wollte mich doch jeder umbringen und Diro hat mir beigebracht, wie man das überlebt."
Ich fragte Diro warum er das gemacht hatte, denn das paßte nicht zu dem, was er über sich selbst gesagt hatte. Diro erklärte mir, daß er doch auch den älteren Prinz, mit dem er befreundet gewesen war, hatte schützen wollen, aber da hätte er es versucht, indem er als eine Art Leibwächter aufgetreten sei. Das hätte aber nicht funktioniert und deshalb hätte er gedacht, daß er Turin beibringen muß, wie er sich selber schützen kann, wenn er will, daß Turin am Leben bleibt. Auf meine Frage, warum er ihn schützen wollte, meinte er, ohne ihn hätte er doch nicht mehr in den Palast gedurft. Außerdem erklärte er mir, daß er früher gedacht hatte, das wäre die einzige Möglichkeit zu erreichen, daß Sklaven nett sind, aber jetzt wüßte er, daß man mit Sklaven nur so umgehen muß, daß sie sich sicher fühlen können, wenn sie sich benehmen, dann hat man einen Ort, wo Sklaven nett sind.

Während ich den beiden jüngeren Männern zuhörte und sie genauer befragte, stellte ich fest, daß es in der Armee schlimmer geworden sein mußte, seit ich so jung gewesen war. Viel schlimmer.

Dann kamen wir auf das Thema Tharr zurück und ich schlug vor, daß sie den Kapitän Serit aus dem Tor befragen sollten, der Tharrs erster erster Offizier auf der Thorion gewesen war, denn der wäre offensichtlich mit ihm befreundet und er würde in den nächsten Tagen auf den Planeten kommen, weil er wieder für seine Leistungen belobigt werden sollte. Diro schien dieser Gedanke sehr zu gefallen und er meinte er hätte seinen Kapitän sowieso wiedersehen wollen. Er hätte nur nicht gewußt, ob der ihn wiedersehen will.

Kersti

Fortsetzung:
F1639. Diro von Karst: Ich redete mehrfach mit Turin darüber, daß ich mich fragte, ob Tharr sich so verändert hat oder ob ich ihn nur anders wahrnehme, weil ich mich verändert habe

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben