erste Version: 3/2020
letzte Bearbeitung: 3/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Kriminelle Adelige und tödliche Sklaven

F1646.

Schon als Kind war Diro völlig unausstehlich und schien unsere Kinderspiele immer in Gangsterfilme verwandeln zu wollen

Vorgeschichte: F1645. Tharr vom Licht: Ich hatte mich mit Sim darüber unterhalten, daß Diro wahrscheinlich derjenige war, den sich Prinz Turin zum Sicherheitschef aussuchen würde

Selis vom Dung erzählt:
Wenn ich sage, daß Diro mich zur Weißglut bringt, dann ist das noch untertrieben. Schon als Kind war er völlig unausstehlich und schien unsere Kinderspiele immer in Gangsterfilme verwandeln zu wollen, wenn er im Palast zu Besuch war. So weit ich wußte, war er dann als Erwachsener richtig kriminell geworden. Tharr, der schon in unseren Kinderspielen Diro immer ins Gefängnis gesteckt hat, wußte auch jetzt seine Autorität zu wahren. Wenn man es als Autorität bezeichnen kann, daß Diro ihn für den furchterregensten Menschen des Universums zu halten schien.

Mit jedem Tag, an dem ich mit ihm zu tun hatte, gab ich ihm harschere Antworten und fragte mich ehrlich gesagt, wann ich dafür richtig Ärger bekommen würde. Tharr erzählte zwar den lieben langen Tag ich solle noch direkter sagen, was ich denke, aber ich glaube, er hat sich die Überwachungsfilme nicht angesehen, sonst hätte ihm doch auffallen müssen, wie unverschämt ich geworden war. Diro schien das gar nicht zu beeindrucken. Er warf weiter mit Beleidigungen und Drohungen um sich, so daß ich darauf achtete, daß die einfachen Wachleute möglichst wenig mit ihm zu tun hatten. Schließlich hatte ich die Sicherheit daß Tharr sich notfalls für mich einsetzen würde und die jungen Leute kannten sich einfach noch nicht genug aus, um sicher zu wissen, daß Diro derjenige wäre, der richtig Ärger bekommen würde, sollte er es wagen, einen der Wachleute ohne triftigen Grund zu bestrafen oder gar zu foltern, wie er immer sagt.

Jedenfalls erwischte ich ihn dabei, wie er sich einen unserer Wachleute in Ausbildung vorgeknöpft hatte und ihm erklärte wie man Leute bei lebendigen Leibe seziert. Der Junge wirkte völlig verängstigt und dachte wohl, er hätte Diro irgendwie verärgert. Jedenfalls war ich dann so wütend, daß ich völlig die Beherrschung verlor und Diro diverse Dinge an den Kopf warf, die man nun wirklich nicht sagen darf.

Diro sah mich völlig erstaunt an, als hätte eine Ameise zu sprechen bekonnen und ging dann ohne ein Wort weg. Der junge Wachmann strahlte - wie ich aus dem Augenwinkel sah - zuerst, aber als Diro sich verdrückt hatte, hatte er schon weiter gedacht und fragte mich, ob ich jetzt Ärger bekommen würde. Das fragte ich mich zwar auch, andererseits glaubte ich nicht, daß ich für ein paar Worte die Sorte Ärger bekommen würde, mit der ich nicht klarkäme, schließlich hatte Tharr gesagt ich solle direkter werden und auch wenn er bisher nicht bemerkt hatte, wie unverschämt ich inzwischen geworden war, konnte ich nachweisen, daß er es hätte wissen müssen, wenn er mich immer weiter anstachelt, daher wußte ich, wie ich mich notfalls rausreden konnte.

Ich wurde dann auch beinahe sofort zu Tharr zitiert, sagte dem jungen Wachmann er solle sich keine Sorgen machen, machte mir aber selber schon Sorgen, schließlich hatte ich mit meinem Ausbruch jegliche Grenzen überschritten. Ich begab mich so schnell wie ich konnte zu Tharr und machte mich auf einen gehörigen Rüffel gefaßt. Doch Tharr wirkte nur amusiert.

Tharr zeigte mir einen Überwachungsfilm in dem Diro Prinz Turin fragte, ob ich ihn wirklich so wenig ausstehen könne und tatsächlich geknickt wirkte. Ich fragte mich, ob ich die ganze Zeit chinesisch geredet hatte. Turin hatte mich aber verstanden, denn er erklärte Diro, daß er das doch gesagt hätte und daß er sich wirklich einen freundlicheren Umgangston angewöhnen müsse. Dann bekam Tharr einen Anruf, in dem der Prinz ihm sagte, er bräuchte Rat wegen Diro. Tharr sagte ihm, er solle in den nebenan gelegenen Besprechungsraum kommen und mir, ich solle mir das Gespräch ansehen. Er würde dann nachher weiter mit mir reden.

Ich sah mir das Gespräch an, in dem Tharr Diro sagte, daß ich normalerweise ein sehr höflicher Mensch sei und daß ich nur deshalb so reagiert hatte, weil Diro den Leuten mit seiner Art zu reden wirklich eine Todesangst einjagt. Dann sagte er dem Prinzen er müsse Diro einen Sprachkurs geben, damit der endlich lernt, sich angemessener auszudrücken. Prinz Turin versprach, das zu tun.

Er kam nach diesem Gespräch wieder zu mir. Ich fragte ihn, ob mein Ausbruch wirklich nicht falsch gewesen sei.
"Nun ja, wie man nimmt. Es ist wirklich der falsche Umgangston für einen Palast, aber für Diro ist es die einzige Sprache, die er versteht. Oder genauer gesagt, selbst das ist schon eine Fremdsprache. Als ich ihn kennenlernte, war die einzige Sprache, die er versteht, die Sprache der Gewalt. Erst als ich ihm klar gemacht habe, daß ich wegschauen würde, sollten die Kriegssklaven ihn ermorden, war er bereit, zu tun, was ich von ihm erwarte. Er hat sich mit den Jahren gebessert und er ist offensichtlich sogar froh um das, was er gelernt hat, aber bis er einen zivilisierten Umgangston versteht und benutzen kann, wird es wohl noch etwas dauern." antwortete Tharr.
Ich fragte ihn noch einmal, ob er wirklich gewollt hatte, daß ich so mit Diro rede.
"Ja. Das hatte ich gewollt und da du der einzige warst, der dem überhaupt allmählich näher kam, habe ich dich weiter ermutigt, bis du die richtigen Worte für Diro gefunden hast."
"Mein Gott, das ist aber eine Gossensprache." sagte ich.
"Ja Diro muß noch viel lernen und ich habe ziemlich suchen müssen, bis ich die passende Brechstange gefunden habe, um das in seinen Kopf reinzuwürgen. Jetzt scheint er aber immerhin begriffen zu haben, daß es ein Problem gibt." antwortete Tharr.

Ehrlich gesagt, nahm ich ihm nicht ab, daß er das wirklich so meinte und wandte mich deshalb um Rat an Sim. Der sah sich die Überwachungsfilme an und schüttelte nur den Kopf. Dann sagte er aber dasselbe, das auch Tharr gesagt hatte, nämlich daß das ein Umgangston wäre, den ich mir niemandem anders gegenüber erlauben dürfe, aber wenn ich mit Diro unter vier Augen rede, sollte ich das weiter so machen, bis er genug dazugelernt hat, um auch einen dezenteren Ton zu verstehen. Ich solle aber wirklich darauf achten, daß ich keine Zuhörer habe, damit der Ton im Palast nicht einreißt.

Ich ging dann noch einmal zu Tharr und stellte fest, daß Geron ihn schon auf dieses Gespräch aufmerksam gemacht hatte. Tharr meinte, daß Sim durchaus recht hatte, daß es nicht klug gewesen sei, den Wachmann mithören zu lassen. Daß er selbst daran nicht gedacht hätte, wäre darauf zurückzuführen daß er Diro manchmal wirklich am liebsten umbringen würde und persönliche Gründe hätte, ihn richtig zu hassen.

Tharr hatte dabei einen Ton drauf, bei dem ich mich fragte, was er eigentlich für furchtbare Dinge erlebt hatte, daß er dermaßen verbittert wirkte. Es klang zumindest, als wäre das mit dem umbringen nicht nur so eine Floskel, sondern als hätte er das wörtlich gemeint und er würde es auch noch am liebsten mit bloßen Händen und eigenhändig tun, damit er auch richtig sieht, daß der Typ gelitten hat.

Seltsamerweise bedankte sich Diro, daß ich den Wutanfall gehabt hatte und es gelang mir tatsächlich, mit ihm einen Umgangston zu finden, mit dem wir beiden uns wohlfühlten. Gegenüber jedem anderen blieb sein Ton aber völlig indiskutabel, als hätte er nur für mich gelernt, wie man reden muß und sei nicht in der Lage, dieses Wissen auf andere Menschen zu übertragen.

Kersti

Fortsetzung:
F1647. Diro von Karst: Ich fragte Tharr, ob er auch glaubt, daß ängstliche Wachleute ihre Aufgaben nicht richtig erfüllen

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben