erste Version: 6/2020
letzte Bearbeitung: 6/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Kriminelle Adelige und tödliche Sklaven

F1709.

Diro hatte Angst, als ich ihm erklärte, wie die Verhältnisse wirklich lagen

Vorgeschichte: F1697. Diro von Karst: Das ganze geschah so harmonisch koordiniert, daß es wirkte, als wäre das eine Parade, eine Art Tanz, um vorzuführen, wie perfekt sich diese muskulösen Gestalten bewegen können

Tharr vom Licht erzählt:
Diro hatte Angst, als ich ihm erklärte, wie die Verhältnisse wirklich lagen. Er hatte Angst, als er den Raum betrat und mit dieser beinahe lächerlich angeberischen Art erzählte, daß er herausgefunden hatte, daß ich Techniker ins Löwenreich geschickt hatte. Er hatte Angst, als die Zuchtsklaven schweigend den Raum betraten und sich um uns herum aufstellten und er hatte Angst, als ich ihm sagte, daß ein Aufstand im Gang gewesen war, als ich hier auf der Zuchtstation angekommen war.

Ich hatte den Eindruck, daß es ihn sehr beeindruckte wie ruhig und entspannt ich wirkte. Und das war lustig, denn ich hatte ja gar keinen Grund, beunruhigt zu sein. Bitte, wer muß sich denn vor Untergebenen fürchten, die einen Aufstand mittendrin abbrechen, wenn ich ankomme und mache, was ich an diesem Ort schon immer machen wollte? Klar, wie ich Diro richtig erklärt hatte, stammten die Pläne meist von den Zuchtsklaven, doch das lag vor allem daran, daß sie ausgefeilter planen konnten. Was mir so spontan eingefallen ist, ging aber immer so sehr in dieselbe Richtung, daß die Zuchtsklaven meinten, ich hätte einen ihrer vorgefertigten Pläne ausgeführt, wenn ich einfach ad Hock reagiert hatte, weil ich nicht genug Überblick über die Pläne hatte, um zu wissen, was sie an meiner Stelle gemacht hätten. Mit den Zuchtsklaven als Untergebenen, war es auch sehr einfach, ein guter Leiter der Station zu sein, weil sie, wenn ich ihnen Befehle gab, so sehr in denselben Bahnen dachten, daß mir das ständig das Gefühl vermittelte, der perfekte Chef zu sein, der alles weiß und kann. Das Gefühl täuschte offensichtlich, denn es täuschte darüber hinweg, wie viel von dem, was so perfekt war, von den Zuchtmenschen geplant war und wie wenig ich dazu beigetragen hatte. Im königlichen Palast war das ganz anders gewesen, denn da war jeder meiner richtigen Impulse im Sand eines kaputten Getriebes versickert und auf den normalen Militärschiffen wo ich vor der Thorion gedient hatte, mußte man Angst haben, irgendwann keine Luft mehr zum Atmen zu haben, weil die Leute so sehr mit ihren Privatkriegen beschäftigt waren, daß sie vergaßen, daß ein Schiff eine künstliche Umgebung ist, die man regelmäßig warten muß, damit man dort überleben kann.

Nein, meine Untergebenen trugen mich auf Händen und sorgten dafür, daß es mir gar nicht gelingen konnte, ernste Fehler zu machen. Und sie waren gerade dabei, eine Gesellschaft zu erschaffen, die so viel besser sein würde, als das, mit dem ich aufgewachsen war, daß ich mir das, was sie beabsichtigen, nicht einmal vorstellen konnten. Nein, ich mußte mir keine Sorgen machen.

Andererseits war es natürlich kein Wunder, daß sich Diro wesentlich mehr Sorgen machte als ich. Er war an einer Stelle aufgewachsen, die man als Paradebeispiel dafür nehmen konnte, was in unserer Gesellschaft so alles schief gelaufen war. Ich dagegen war an einer Stelle aufgewachsen, wo jemand einen ernsthaften Versuch unternommen hatte, diese Probleme in den Griff zu bekommen und einen besseren Weg einzuschlagen. Klar, der vorhergehende König war auf halber Strecke stecken geblieben und von den Reformen seines Vaters war auch vieles nicht durchgekommen. Aber da ich dort aufgewachsen war, wo diese beiden Männer aufgewachsen waren, hatte ich von ihren Reformen so sehr profitiert, daß ich als ich mein Zuhause verließ, um zu studieren, entsetzt war, wie schlecht die Welt war. Und in der Flotte, die ja noch wesentlich weiter von zuhause weg war, waren die Verhältnisse noch wesentlich schlechter. Bei den Zuchtsklaven erkannte ich sofort das Gesunde wieder, das ich aus meiner Kindheit kannte, daher wußte ich, wie ich es einzuordnen hatte. Diro interpretierte alles anhand seiner in der Kindheit entstandenen Ängste, daher wußte er nicht, daß keine Gefahr bestand.

Und wie das mit Diro so war, war ich mal wieder bei Diro einschüchtern gelandet, weil ich bei dem Versuch, ihm die Wahrheit zu erklären, an den Grenzen seines Fassungsvermögens angelangt war.

Kersti

Fortsetzung:
F1698. Diro von Karst: Am nächsten Morgen fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Tharr war deshalb so entspannt, weil er wußte, daß die Zuchtmenschen nur das von ihm verlangten, was er sowieso wollte

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben