erste Version: 4/2021
letzte Bearbeitung: 5/2021

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Gruselige Experimente

F2052.

Nachdem ich die erste Abschätzung der Schäden an der Station gemacht hatte, war ich bedient und wunderte mich, daß ich die Luft überhaupt noch atmen konnte

Vorgeschichte: F1472. Jender LZB99-950-41: Dann schnitt er mir beide Zeigefinger am mittleren Gelenk ab, zum Zeichen, daß ich für den Rest meines Lebens entehrt war.

Jender LZB99-950-41 erzählt:
Das Schiff, in dem ich mich befand, fuhr von diesem Planeten, der am Rand unseres Sternenreiches lag, zu einem noch abgelegeneren Planeten, der uns auch gehörte, aber mangels Raumfahrern und Schiffen nur sehr selten besucht wurde. Die Fahrt dauerte gut einen Monat und ich merkte schon deutliche gesundheitliche Auswirkungen. Mir fielen die Haare aus und ich fühlte mich ständig krank. Auf diesem Planeten erklärte mir das Schiff, ich müsse auf der Station bleiben, es hätte mich verkauft. Ich wußte, daß mir das das Leben retten würde, aber ich brachte es einfach nicht fertig, mich darüber zu freuen.

Ehrlich gesagt wußte ich immer noch nicht ob ich leben oder sterben wollte, ging aber gehorsam auf die Station, deren Gehirn mir eine Liste der zu erledigenden Dinge aushändigte, die länger war, als die Station groß war. Dabei war es eine ausgesprochen große Station, fast wie ein Planet. Nachdem ich die erste Abschätzung gemacht hatte, war ich bedient und wunderte mich, daß ich die Luft überhaupt noch atmen konnte. Ich gab diese Liste der zu erledigenden Dinge an mein bisheriges Schiff weiter, damit er sie über das Zuchtmenschennetz an die richtigen Stellen gibt. Semian das Stationsgehirn war über meine Ankunft auch entsprechend erfreut und sagte, ich solle die Lebenshaltung bei meinem Schlafplatz zuerst reparieren. Die Freigeborenen wären nicht so wichtig, die wären schließlich nur ein ständiges Ärgernis mit ihrer Faulheit und Uneinsichtigkeit. Es gäbe aber noch andere Sklaven, denen solle ich mal beibringen, wie man eine Raumstation richtig wartet.

Ich ging also zu diesen anderen Sklaven hin und stellte fest, daß die genauso demotiviert waren wie ich. Andererseits sollte man die Lebenshaltung wirklich in Ordnung bringen, daher versuchte ich sie dazu zu überreden. Als ich damit nicht besonders weit kam, griff ich in meiner Verzweiflung zu einem Trick, den die XZB12s bei den kriminellen Adeligen angewandt hatten. Ich stellte in einem Gangabschnitt die Lebenshaltung aus, schloß alle Schotten und befahl dem Sklaven, die Lebenshaltung zu prüfen, was er, da er sich unbeaufsichtigt glaubte, nicht tat. Er merkte dann schon, daß er nicht besonders gut Luft bekam, weil die Luft nach und nach verbraucht wurde, aber dann hatte er vergessen was er machen sollte und trommelte verzweifelt an die Tür, bis er die Besinnung verloren hatte. Dann erst stellte ich die Lebenshaltung wieder an, machte auf und erklärte ihm, sobald er wach war, ich hätte ihm doch gesagt, daß man hier nicht atmen könnte, wenn man sich nicht richtig um das Lebenshaltungssystem kümmert. So knöpfte ich mir der Reihe nach jeden derjenigen vor, die überhaupt nicht zum arbeiten zu bringen gewesen waren.

Bei den anderen wäre das übertrieben gewesen. Sie waren zwar lustlos aber sie brauchten vor allem Spaß am Leben, damit sie richtig arbeiteten, also überlegte ich mir jedem Abend etwas Lustiges oder Schönes, was wir gemeinsam machen konnten und nach einer Woche hatten die anderen auch Ideen, was Spaß machen könnte und dann klappte es auch mit der Arbeit - so weit sie sie verstanden zumindest. Einige mußten lesen und schreiben erst noch lernen. Sie stammten nämlich wirklich von einer sehr primitiven Welt, auf der die komplizierteste den Einheimischen bekannte Maschine ein Webstuhl war, der mit en Füßen und den Händen betrieben wurde und keinen Motor hatte.

Daß ich ein Sklave war und einen Berg Schulden hatte, spielte auf diesem Planeten keine Rolle für die Freigeborenen. Für sie war viel wichiger, daß ich gebildet war und die Arbeiten sinnvoll organisieren konnte, so daß ihre einheimischen Sklaven tatsächlich in der Lage und bereit waren, die Station wieder in einen funktionsfähigen Zustand zurückzuversetzen. Es war ziemlich schnell so weit, daß ich zu ihren gemeinsamen Festen eingeladen wurde und daß sie von mir Ratschläge wollten, wie man die Dinge in Ordnung bringt.

Auch wenn sie vergessen hatten, daß ich eigentlich ein Sklave war, hatte ich das längst nicht vergessen und die Art wie sie die einheimischen Menschen wie Menschen dritter Klasse behandelten, ging mir extrem gegen den Strich. Mir fiel nur nichts Wirksames ein, was ich gegen diesn Unverstand hätte tun können. Abgesehen davon war es mit ihrer Bildung, auf die sie sich so viel einbildeten, wirklich nicht weit her. Sie wußten gerade mal, wie man die Maschinen benutzt, von ihrer wirklichen Funktionsweise hatten sie noch weniger Ahnung, als die einheimischen Sklaven, die für sie arbeiteten. Ihr Wissen über die Geschichte des Sternenreiches war sehr oberflächlich und für die Geschichte der Erde, auf der sie lebten, interessierten sie sich noch weniger als ihre Sklaven, die immerhin die typischen Überlieferungen ihrer eigenen Kultur wiedergeben konnten und sich mit ein bißchen Geschick auch für mehr interessieren ließen. Nein also die Sklaven waren mir wirklich sympathischer as ihre Herren und außerdem war es interessant, etwas über ihre Kulturen zu erfahren.

Der Ansicht des Stationsgehirns Semian, wo die Lebenshaltung zuerst gewartet wird, stimmte ich zu und davon waren die Sklaven auch sofort zu überzeugen, nachdem ich den größten Idioten die Wichtigkeit der Lebenshaltung vorgeführt hatte. Das erzählte ich so natürlich nicht, sondern ich achtete darauf, daß die Freigeborenen das Gefühl bekamen, alles wird besser, was ja nicht schwierig war, weil wirklich alles im Argen gelegen hatte, als ich ankam. Außerdem gab ich mir viel mehr Mühe, Semians Wünsche zu erfüllen als die von den Freigeborenen. Schließlich war er wenigstens nett zu mir. Da sein Hauptwunsch war, daß die Verbindungen zu den belebten Bereichen nicht mehr dermaßen Störungsbelastet war, profitierten die Freigeborenen von diesem Wunsch ebenfalls, denn natürlich mußte man dafür alle schadhaften Stellen des Kabelnetzes in den belebten Bereichen reparieren. Das war mir natürlich ebenfalls wichtig, denn ich möchte mich ohne ständiges knistern und knattern über das Netz unterhalten können.

Kersti

Fortsetzung:
F2053. Giro: Ich dachte mir, als er kam, um mich herauszuholen, daß Jender im Grunde ganz in Ordnung ist

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben