F2277.

... und dann der Verrat - oder was ich dafür gehalten hatte

Vorgeschichte: F2276. Kersti: D

Serit aus dem Tor erzählt:
Zuerst hatte ich gedacht, die Zuchtmenschen hätten uns verraten. Aber die hatten uns, als wir fliehen wollten, weil wir dachten, die Drachen würden jetzt unsere Heimat endgültig übernehmen, einfach ziehen lassen, ohne uns Widerstand entgegenzusetzen, daher dachte ich Tharr wäre schuld, und da habe ich mich besonders verraten gefühlt, denn er war ein alter Freund aus meinen Studientagen und ich hätte nie gedacht, daß er uns ausgerechnet an die Drachen verraten könnte.

Und dann kam Galan Nei vorbei und erklärte mir, daß ich mich getäuscht habe. Tharr hatte genau so viel Angst gehabt wie wir, nur konnte er nicht so einfach abhauen.

Ich konnte nicht einfach so entscheiden, mit ihm zu sprechen, sondern ich mußte mich mit meinen Kameraden absprechen, einfach weil ich jetzt der Anführer war. Ich berief also eine Versammlung ein, spielte das Gespräch mit Galan Nei noch einmal ab und erklärte, daß ich bereit sei ihm eine Chance zu geben. Wir haben uns dann die ganze Nacht gestritten, sind wütend und ohne Einigung zu Bett gegangen und am nächsten Tag wollten dann alle doch mit Tharr reden. Wir luden ihn also zu uns ein.

Tharr kam ohne Begleitung mit einem kleinen Beiboot. Ich empfing ihm als er ankam, um wenigstens ein paar persönliche Worte mit ihm zu wechseln. Dann öffnete sich die Luftschleuse, ich sah ihn und dachte:
"Alt ist er geworden!"
Eine ganze Weile sahen wir uns nur wortlos an, ich weiß nicht, was in ihm vorging, aber in mir kamen all die gemeinsam verbrachte Jahre wieder hoch, wo wir so eng befreundet gewesen waren und dann der Verrat - oder was ich dafür gehalten hatte. Er bekam auch zuerst einmal kein Wort heraus und wir nahmen uns einfach in die Arme. Wir haben den ganzen Weg nicht geredet, weil die Gefühle zu heftig waren und wir beide geweint haben.

Als er vor den anderen stand, fragte Tharr einfach, ob er mal erzählen soll, wie er die Zeit damals erlebt hat. Er erzählte, daß er mal wieder zu wenig gelesen hat. Ich wußte was er meint, weil diese Zuchtmenschen einem immer viel mehr zu lesen geben, als ein Mensch bewältigen kann. Das ist keine Bosheit von ihnen, sie verschätzen sich nur ständig. Jedenfalls hatte es ihn genauso kalt erwischt wie uns, daß die Treron einfach einen Friedensvertrag mit den Drachen geschlossen hatte und er konnte uns in unseren eigenen Aufzeichnungen zeigen, daß wir die besagte Kurzfassungenen dieses Plans auch in unseren Hausaufgaben gehabt hatten, die man niemals schaffen kann. Ich dachte daran, wie oft ich später hier im Sonnensystem gedacht hatte, wie schön es wäre, einfach einen XZB12 um Rat fragen zu können. Oder wie gut es war, daß ich nicht ständig viel zu viele Lesehausaufgaben habe. Es war schon eine verrückte Zeit gewesen damals mit den XZB12s. Vielleicht sollte ich doch mit denen, die hier im Sonnensystem sind, mehr reden. Tharr redete dann weiter wie sich die Sache mit den Drachen entwickelt hatte und daß es den Drachen wohl so geht wie uns Menschen. Immer hören sie auf die Ratschläge der XZB12s! Da mußte ich dann doch lachen, denn Drachen sind definitiv wesentlich intelligenter als Menschen. Ich fragte, ob die XZB12s tatsächlich intelligenter sind als sie.
"Nein, das sind sie nicht. Aber die Drachen tun trotzdem ständig was die XZB12s sagen." antwortete Tharr.
Da konnte ich echt nur lachen, denn das war nun wirklich verrückt! Ich wußte ja, daß es uns allen so gegangen war - aber den Drachen? Nicht zu fassen!

Andererseits konnte das die Erklärung sein, warum es dort plötzlich mit den Drachen klappte, denn wenn man auf die XZB12s hört, bessert sich tatsächlich nach und nach alles. Nun ja, um ehrlich zu sein hatten wir das auch allein geschafft, nachdem wir sie hatten heimfahren lassen. Schließlich ist es kein Ding der Unmöglichkeit sich zusammenzusetzen und seine eigene Vernunft zu benutzen, wenn man die Verhältnisse bessern will. Selbst unsere ehemaligen Kriminellen Adeligen haben sich auch ohne XZB12s weiterhin benommen, wenn wir sie darauf aufmerksam gemacht haben, daß wir auch in der Lage sind, ihnen eine Nachschulung zu verpassen, wenn sie sich nicht benehmen können.

Kersti

Fortsetzung:
F2278. Tharr vom Licht: Die alten Gefährten hörten mir immerhin zu

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben