Das erste, was die Zuchtmenschen machten, war daß sie mir Lesehausaufgaben für den nächsten Tag aufgaben, die ich beim besten Willen nicht erfüllen konnte
Vorgeschichte:
F2286.
D
Diro von Karst erzählt:
Das erste, was die Zuchtmenschen machten, war daß sie mir Lesehausaufgaben für den nächsten Tag aufgaben, die ich beim besten Willen nicht erfüllen konnte. Ich versuchte es trotzdem, genauer gesagt, las ich nur grob die Zusammenfassungen und schaffte selbst die nicht alle. Am nächsten Tag kam dann Thimar XZB12-20-50 und fragte mich ab. Da ich einige nicht geschafft hatte, konnte ich an mehreren Stellen nur raten und gab auf seine Frage zu, daß ich so schnell nicht lesen konnte.
"Das sagt Tharr auch immer."
Ich wäre beinahe in hysterisches Kichern ausgebrochen.
"Trotzdem ist jetzt der Planetenherrscher am Apparat und du mußt dich bemühen ihm eine vernünftige Antwort zu geben." befahl er.
Tatsächlich begann das Telefon erst jetzt zu klingeln und Thimar hatte nicht nachgeschaut, was das Display anzeigt.
Ich nahm das Gespräch also an und bemühte mich so auszusehen, als würde ich mich für den Befehlshaber halten, während ich seine Fragen beantwortete und einige Dinge hoffentlich richtig entschied. Dann sagte ich, daß die Zuchtmenschen ihm die Einzelheiten im Laufe des Tages zusenden würden.
"Tharr kriegt das etwas besser hin, weil er uns etwas besser kennt, aber das können wir von Dir ja auch nicht erwarten. Jetzt mußt du unsere Kurzzusammenfassung der Anweisungen überarbeiten, damit der Planetenherrscher das auch versteht."
Die Kurzzusammenfassung war sowohl zu lang als auch zu kompliziert. Ich fragte Thimar also an einigen Stellen was er damit hatte sagen wollen und faßte es dann kürzer und einfacher zusammen. Er verlangte daß ich einige Formulierungen änderte, die ihm zu harsch vorkamen, bis wir beide meinten, daß das so geht und dann sandten wir das Schreiben ab.
Danach fragte ich, ob Tharr die Kurzzusammenfassungen auch immer überarbeiten muß.
"Ja. Wenn wir das schreiben verstehen uns die Leute nicht." antwortete Thimar.
Aha. Wie ich inzwischen weiß, machen sie ja alle neben der Schule noch mindestens drei Doktortitel. Offensichtlich hat das auch Nachteile.
Als ich in Bett ging, war ich erleichtert, den Tag überlebt zu haben, ohne daß ich die XZB12s verärgert hatte. Um ehrlich zu sein ging mir das jeden Tag so, bis Tharr endlich zurück war. Sie gaben mir jeden Tag zu viel zu lesen. Ich sollte immer mit irgendwelchen Leuten reden und Befehle erteilen und sie glaubten mir jedes mal, daß ich mir Mühe gegeben aber ihre Hausaufgaben trotztdem nicht geschafft hatte. Erst als Tharr wieder da war, entspannte ich mich genug, daß mir klar wurde, daß Thimar mir geglaubt hatte, weil natürlich alle Freigeborenen, die er kannte, seinen Vorstellungen, was ein Befehlshaber lesen können müßte, nicht gerecht werden konnten. Ich ging dann zu Thimar und fragte ihn, ob er denn so viel lesen konnte und er erklärte mir, daß Tharr eher doppelt so viel liest, wie er mir zu lesen gegeben hatte. Thimar hatte Tharrs Lesestoff, seit er ihn kannte, schon reduziert, weil ihm Tharr immer sagte, daß er das alles nicht schafft. Aber irgendwie würde es ihm nie gelingen, richtig einzuschätzen, wie viel ein Mensch lesen kann, denn er liest noch viel mehr als Tharr.
Ehrlich gesagt glaube ich, daß Tharr mehr liest als ich und daß ich noch gut bin im Vergleich zu den meisten Menschen. Ich ging also zu Tharr und fragte ihn, ob sie ihm auch immer so viel zu lesen geben. Er sah sich meine Lesehausaufgaben für zwei Tage kurz an und antwortete, daß sie ihm sogar mehr gegeben hätten. Etwa doppelt so viel. Aber ich solle mir keine Sorgen machen, niemand schafft es, so viel zu lesen, wie sie einem geben.
Außerdem erklärte er mir, daß es zwar wichtig wäre, so viel wie möglich zu lesen, weil die Zuchtmenschen sich von uns Freigeborenen unterscheiden und deshalb falsch einschätzen, was wir brauchen. Wir müssen sie daher selbst darauf aufmerksam machen, was wir anders brauchen. Sie machen aber insgesamt weniger Fehler als wir und bemühen sich immer darum, die Entscheidungen zu treffen, die für alle gut sind. Daher müsse man sich, so lange man sich anständig benimmt, keine Sorgen machen, daß sie einem hinterrücks etwas reinwürgen, was man nicht will.
Ich sagte, daß das so ganz nicht stimmt, denn die Geschichte mit den Drachen, hatte wohl jeden einzelnen Freigeborenen im Reich entsetzt. Tharr antwortete, daß ihm das auch so gegangen sei, daß er aber im Nachhinein zu dem Schluß gekommen ist, daß die Zuchtmenschen mit ihrer Strategie recht gehabt hatten. Wie mir Tharr erklärte, hatten sie gar nicht vorgehabt, uns darüber zu belügen, aber Tharr hatte nicht genug gelesen, um es rechtzeitig vorher zu wissen.
Nun ja und das unterstreicht natürlich daß man wirklich viel im Zuchtmenschennetz lesen sollte, um solche heiklen Punkte im Vorhinein angehen zu können. In dem Fall waren sie ja nicht einmal darauf gekommen, daß das ein Problem sein könnte, wie sie mir erklärten und weil sie das nicht begriffen hatten, ist die zweite Armee desertiert.
Fortsetzung:
F2279. Tharr vom Licht:
Als er auf der Thorion war, war ich versucht gewesen, für Diro eine Ausnahme zu machen, damit er so tot ist, wie seine vielen Opfer