F2414.

Ich sah, daß Soldaten die verschiedenen Wege, auf denen ich mich von dem Hof, auf dem ich mich befand, hätte entfernen können, absperrten

Vorgeschichte: F2405. Hans Hermanns Vater: Ich hatte einen Auftrag von unserem Kapitelmeister. Ich sollte herausfinden, ob es einen anderen Grund gegeben hatte als den vorgegebenen magischen Angriff, warum er bestraft worden war

Autor: Hans Hermann von Katte erzählt:
Ich sah, daß Soldaten die verschiedenen Wege, auf denen ich mich von dem Hof, auf dem ich mich befand, hätte entfernen können, absperrten. Die Aktion war so gut koordiniert, daß ich auch nicht hätte fliehen können, wenn ich sofort bei der ersten verdächtigen Bewegung reagiert hätte. Also blieb ich ruhig auf meinem Pferd sitzen. Als ein junger Offizier auf mich zukam stieg ich wortlos ab und übergab ihm die Waffe, als er das verlangte. Es hatte eine gewisse Ironie, daß der Kamerad in den geplanten Putsch eingeweiht war, aber im Augenblick wäre es unklug gewesen, etwas anderes zu tun, als sich zu fügen.

Der Offizierskamerad wußte auch nicht mehr, als daß ich festzunehmen sei und es waren genug nicht an Komplott beteiligte Wachen anwesend, daß er nichts tun konnte, wie ich sah. Ich achtete also darauf, nichts Verräterisches zu sagen, um den Freund zu schützen.

Ich wurde direkt zu einem Verhör gebracht, wo sich mal wieder des Königs Lieblingsschwarzmagier herumtrieben. Ich fragte sie, was sie eigentlich schon wieder von mir wollten, ich hätte ihnen doch schon öfter gesagt, daß ich nichts mit ihnen zu tun haben wollte. Den Spruch konnte ich einfach nicht lassen, weil ich den Verdacht hegte, daß mir das jetzt jedenfalls bestimmt nichts mehr schaden würde.
"Dir wird das Lachen noch vergehen."
Das bezweifelte ich. Ich habe im Laufe meines Lebens festgestellt, daß ich einen ausgeprägten Galgenhumor habe. Ich kann tatsächlich ganz schön unerträglich werden, wenn ich die Situation für aussichtslos halte.
"Wir wissen alles!"
"Aha, die Herren sind allwissend geworden. Dann brauche ich ja nichts mehr zu erzählen." antwortete ich.
Sie ließen sich dadurch nicht wirklich unterbrechen, sondern erzählten mir mehrere Situationen, in denen ich bei Handlungen beobachtet worden war, die wirklich sehr kompromittierend waren. Dann fuhren sie fort und ich wußte, es gab noch mehr Verschwörungen. Er erzählte mir nämlich von einem Mann, der nicht Teil unserer Verschwörung war und ein Geständnis abgelegt, aber wohl keine Namen von Mitverschwörern hatte fallen lassen. Ich mochte ihn, hatte ihn aber nicht gut genug gekannt, um ihn auf das Thema anzusprechen. Mein Vater hatte so etwas angedeutet gehabt, aber mir wohlweislich keine Details des Komplotts verraten, in den er verwickelt war.

Dann begannen sie mir Fragen zu stellen, was ich zunächst mit der Behauptung konterte, daß die Herren doch allwissend seien und ich mich deshalb entspannt zurücklehnen könnte und ihnen keine Dinge erzählen müßte, die sie schon längst wüßten. Ich überlegte nämlich noch, wie ich mit der Situation am klügsten umgehe und entschied dann, daß ich mich in der Kunst üben würde, mich an völlig unbedeutende Details des Tagesablaufes zu erinnern. Wenn ich das unterschiedslos bei jeder Frage tue, die sie mir stellen, können sie Situationen, die tatsächlich zu meiner Verschwörung gehören nicht von solchen unterscheiden, wo die Beteiligten andere sind. Ich erzählte also welche peinlichen Mißgeschicke es bei der Parade gegeben hatte, wenn sie mich nach einem bestimmten Tag fragten, was es in der Wirtschaft, nach der sie mich fragten, für Blumengestecke gab, ob es geregnet hatte oder die Sonne schien und bekam mehrfach zu hören, sie könnten mich auch foltern. Es gab mehrere Situationen, wo ich keine Ahnung hatte, was wohl das Ereignis sein könnte, von dem ich ihnen etwas neues erzählen sollte. Bei der Gelegenheit hielt ich ihnen einen Vortrag darüber wie unsinnig und dumm Foltern sind, einfach weil das ein geeigneter Nebenkriegsschauplatz war, um sie vom Thema abzulenken. Ich rechnete damit, daß sie mich foltern würden, das war in solche Fällen üblich und ich glaubte nicht, daß ich dem ausweichen könnte.

Ich redete gerade über ein besonders hübsches Detail eines Treppengeländers, als ich zu hören bekam:
"So, jetzt reichts. Bringt ihn in den Keller."
Danach lernte ich etwas neues. Ein Spießrutenlauf fühlt sich im Vergleich zu manchen Foltern richtig harmlos an, obwohl die Foltern oft wirklich harmlos sind. Ich hätte nicht gedacht, daß etwas so wehtun kann und ich konnte mich jedenfalls nicht mehr genug konzentrieren, um ein intelligentes Gespräch zu führen, also versuchte ich das gar nicht erst. Ich beantwortete keine Fragen, sondern brüllte nur, bis ich heiser war. Irgendwann verlor ich die Besinnung. Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einer durchaus ganz ordentlich eingerichteten Gefängniszelle und mir tat immer noch alles weh. Ich kontrollierte also, ob noch alles dran war und stellte fest, daß mein Körper sich zwar wie Hackfleisch anfühlte, aber praktisch unverletzt war. Außerdem zitterte ich die ganze Zeit und konnte nichts dagegen tun.

(Ich gehe davon aus, daß Hans Hermann von Katte mit Stromschlägen gefoltert worden war, er selbst, mein damaliges Ich, hatte aber nicht verstanden, wie sie das gemacht haben und wie es funktionierte.)

Dem Kameraden der mir das Frühstück brachte, erklärte ich, daß ich keine Angst hatte, sondern daß sie offensichtlich fast die perfekte Folter erfunden hatten und daß mir mein Körper einfach nicht gehorcht. Ich bin wirklich überzeugt, daß sie mir all meine Freunde vorbeischicken, damit ich durch irgendwelche ungeschickten Bemerkungen die Mitverschwörer verrate.

Ich erinnerte sie jedenfalls daran, daß hier Wände Ohren haben.

Ich erzählte auch unterschiedslos jedem Details der Verhöre, ob er das nun wissen wollte, bereit war zuzuhören oder nicht. Ich achtete strikt darauf, hierbei Verbündete, die wissen mußten, was los war, um sich schützen zu können, exakt genau so zu behandeln, wie Leute, die nichts mit der Angelegenheit zu tun hatten.

Das allerdings tat ich nur, wenn ich es konnte, denn ich hatte oft ganze Tage lang keine Kontrolle über meinen haltlos zitternden und von unverständlichen Schmerzimpulsen durchzuckten Körper und lag nur zitternd im Bett.

Kersti

Fortsetzung:
F2415. Kersti: D

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben